Die Sommerferien hatte ich hauptsächlich mit Noel verbracht. In ihm hatte ich einen tollen Freund gefunden und zum Glück merkte er mir meinen deutschen Akzent nicht an oder überging diesen einfach. Wir pendelten öfter miteinander in die Innenstadt, aßen, plauderten und er ging sogar mit mir shoppen. Manchmal gingen wir auch zu Badeseen und sahen uns am Abend Filme an oder liefen durch sein großes Haus, seine Eltern sind sehr reich. Meine Verletzung hatte sich trotz Noels Behandlung ziemlich entzündet, doch am Ende der Sommerferien spürte ich kaum noch was.
Ich hatte noch nie einen männlichen besten Freund, aber jetzt habe ich ihn, glaube ich, gefunden. Aber erst unter einer falschen Indentität.Vor dem ersten Tag auf der Highschool hatte ich keine Angst mehr, erstens hatte ich Noel und zweitens war es such für alle anderen der erste Tag, also war ich keineswegs die „Neue“.
Meine schwarze Echthaarperrücke brauchte ich ja wohl auch nicht mehr.
Noel wusste ja von der „Wette“.
Mein Vater war sehr sauer gewesen, weil ich ja jetzt gezwungen war, meine roten Haare offen zu zeigen und dass bald schon das FBI nach nur uns suchen würde, weil irgendwie herausgekommen war, dass wir nach Amerika geflohen waren.Es war der Morgen meines ersten Schultages in Denver, meine Eltern waren schon aus dem Haus und zugegebenermaßen war ich nun doch schon etwas nervös. Was, wenn die Schüler auf der Highschool so gemein sind, wie in den amerikanischen Serien, die ich sah?
So eine typische amerikanische Schule mit zickigen, hübschen Cheerleadern, oberflächligen Sportlern und aufmerksamkeits- süchtigen Bonzenkindern, die mit den angesagtesten Markenklamotten rumlaufen und Leute, die nicht zu ihnen gehören und/oder Modesünden begehen, fertig machen und ausgrenzen? Erwartete mich so eine Schule? Ich betete, dass die Douglas-Fairbanks- Highschool (frei erfundene Schule) nicht voll von diesen Schüler war. Aber sicher war sicher: Ich schminkte mich aufwendig und frisierte meine langen roten Haare modern. Schließlich wollte ich nicht gleich am ersten Tag wegen meines Aussehens von irgendwelchen Schickimicki- Kindern für dumm verkauft werden.Irgendwie ehrfürchtig betrat ich die Eingangshalle der Schule. Es war ein altes, riesiges Kloster, das innen jedoch sehr modern war. Überall begrüßten sich lachende Schüler und ich kam mir auf einmal sehr, sehr verloren vor. Wo musste ich hin? Sollte ich mich vielleicht noch im Sektetariat melden? Aber wo war das? Plötzlich packte mich ein Junge an der Schulter. Überrascht wandte ich mich einem großen, dicklichen Jungen mit kurzen, schwarzen Haaren, Sommersprossen und blauen Poloshirt zu. „Du siehst verloren aus“, grinste er mit breitem amerikanischen Akzent. „Äääh... ich suche das Sekretariat“, gab ich so amerikanisch wie nur möglich zurück. „Ich bin neu hier. Ich komme aus Brooklyn. „Aah, Brooklyn“, lächelte der Junge und zog mich in eine kameradschaftliche Umarmung, als würden wir uns schon ewig kennen, was mich ein bisschen verstörte. „Ich bin Bryan“,lächelte der Typ. „Du schaust aus wie 15 oder 16, das bedeutet, wir werden ein paar Kurse zusammen haben.“ Ich nickte verwirrt. „Ja...“
Er lächelte breit und entblößte strahlend weiß Zähne mit einer breiten Lücke zwischen den Schneidezähnen. „ Susan, Penny, Damien ! Kommt mal!“ Ehe ich mich versah, standen zwei Mädchen mit jeweils neongelben und neongrünen Dreadlocks vor mir und ein Junge mit sehr sehr langem blauem Haar das am Ende in einen Zopf geflochten war. Sie sahen so anders aus, dass ich sie erst mal perplex anstarrte. Sie starrten mich ebenso perplex an. Ich fühlte mich ziemlich unwohl. „Äh hi, Dayla mein Name.“ Ich streckte der einen die Hand hin. Sie lächelte breit und sprach mit ungewöhnlich melodischer, ruhiger Stimme: „Hi, ich bin Susan Fallen. Du bist neu hier und wirst etwas für frischen Wind sorgen.“ Nachdem sich noch Penny und Damien vorgestellt hatten, war Bryan so freundlich, mich zum Sekretariat zu lotsen. Ich bekam dort eine Menge Formulare und Elternbriefe. Fast wäre ich zu spät im Geographiekurs gewesen.
Der Lehrer, Mr Delonovan war ein sympathischer, kleiner Mann mit dunkelgrünem Anzug, gelber Krawatte und rosa Hemd. Er ließ mich neben meiner neuen Bekanntschaft Susan Platz nehmen. Ich fand diese Schule eigentlich echt cool. Jeder kleidete sich so, wie es ihm gefiel und verhielt sich so, wie es ihm gefiel. Keine aufgedonnerten, falschen Modepolizistinnen mit Tonnen Makeup im Gesicht und pinken Gelnägeln. Keine durchtrainierten, machohaften Sportler. So sah es zumindest vorerst aus.

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The Criminal Love- Denver
RomanceDie 15-jährige Dayla Ennert hat ein schönes, eigentlich ganz glückliches Leben in Hamburg mit einer kleinen Familie und guten Freundinnen. Plötzlich geschieht etwas Unfassbares: Ihr Vater wird in mehrere skurrile Verbrechen verwickelt und der Famili...