Es war einmal, vor nicht allzu langer Zeit, ein kleines Mädchen.
Dieses führte ein unbeschwerliches Leben, wurde von Mutter und Vater geliebt und hatte genug Freunde um nie einsam zu sein.
Dies änderte sich aber von einen auf den anderen Tag.
Ab diesen verhängnisvollen Tag fingen die Menschen im Dorf an sie zu meiden, ohne das sie einen Grund dafür erfuhr. Als sie versuchte mit ihren Eltern darüber zu sprechen, sagten diese nur, dass es ihre eigene Schuld sei und schickten sie auf ihr Zimmer. Als sie dann allein auf ihrem Bettchen saß und nicht verstand, was sie falsch gemacht hatte, stach ihr ihre alte Porzellanpuppe ins Auge.
Sie hatte sie damals von ihren Eltern zu ihrem dritten Geburtstag erhalten. Sie wurde zu ihrer besten Freundin und ständigen Begleitung, doch als sie menschliche Freunde fand, geriet das kleine Püppchen immer mehr in Vergessenheit.
Das kleine Mädchen stand auf, nahm ihre alte Freundin in den Arm und erzählte ihr was vorgefallen war, während sie stumme Tränen vergoss.Als es Nacht wurde und sie sich zu Bett gelegt hatte, hörte sie zum ersten Mal die Stimme des kleinen Püppchens:
"Für diese Kinder hast du mich damals im Stich gelassen. Ich hoffe du siehst ein, dass sie es nicht wert sind als Freunde betitelt zu werden, aber ich werde für dich da sein, auch wenn du mir so weh getan und mich vergessen hast. Wir werden viel Spaß miteinander haben, auch wenn sich die Spielregeln einwenig geändert haben."Am nächsten Morgen stand die Kleine fröhlich auf, hoffte sie doch, dass der gestrige Tag nur ein schlimmer Alptraum war. Wie sie sich doch irren sollte.
Als sie am Esstisch ankam, wurde sie von Mutter und Vater ignoriert und wie Luft behandelt und als sie am Nachmittag mit den anderen Kindern am nahen Fluss spielen wollte, nahmen diese reißaus. Das kleine Mädchen setzte sich traurig auf einen großen Stein und betrachtete ihr Spiegelbild, als sie etwas hartes am Kopf traf. Die Haut platzte sofort auf und Blut rann in einem dünnen Rinnsal aus der Wunde.Die Kinder fingen an sie als "Hexe", "falsche Schlange" und "Schlampe" zu beschimpfen und warfen weiter mit Steinen nach ihr. Das kleine Kind hielt sich die schmerzende Stirn, weinte bitterlich und rannte nach Hause, suchte Schutz bei ihren Eltern. Diese jedoch schimpften sie nur aus, sagten, dass sie die anderen Kinder geärgert hätte und dies nun die Strafe dafür sei.
Immer noch vor sich hin schluchzend, rannte sie in ihr Zimmer und verschloss die Tür.
"Ich verstehe nicht, warum du weinst. Das war doch ein lustiges Spiel.", erklang eine bekannte Stimme. "Nun siehst du von außen aus, wie du im Innern bist. Hässlich und wertlos!" Das kleine Mädchen sah sich um und konnte das Püppchen auf ihrem Bett ausmachen. Sie ging auf das Spielzeug zu und entdeckte neben ihr eine weiße Porzellanklinge, welche eine schwarze Ranke als Griff aufwies.
"Damit kannst du den Schmerz und die bösen Worte vergessen. Alles was du tun musst, ist mit der Klinge die Haut aufzuschneiden.", sagte die Puppe mit honigsüßer Stimme. Skeptisch drehte die Kleine den scharfen Gegenstand in ihren Händen.
"Was ist denn? Willst du etwa nicht, dass es dir besser geht? Oder vertraust du mir etwa nicht? Dabei meine ich es nur gut mit dir, aber wenn du nicht willst..." Ohne weiter darüber nachzudenken und um ihre Freundin nicht zu kränken, drückte sie die Klinge auf ihren rechten Arm und zog eine lange Linie, aus welcher augenblicklich der rote Lebenssaft quoll. Ihr wurde schwindelig und sie kippte zur Seite um. Bevor sie in eine beruhigende Schwärze entschwand, sagte die Puppe sarkastisch:
"Wer hätte geglaubt, dass du es wirklich machst. Du bist noch genau so naiv wie früher, aber das macht es mir leichter dich den gleichen Schmerz spüren zu lassen. Du wirst erfahren, wie es ist, wenn man vergessen und allein gelassen wird."
Das kleine Mädchen erwachte am nächsten Morgen auf dem kalten Dielenboden, an den gestrigen Tag könnte sie sich nur noch bruchstückhaft erinnern. Als sie sich aufsetzte, fiel ihr Blick auf ihren rechten Arm und sie schrie schockiert auf:
Eine breiter, blutverschmierter Schnitt zierte die blasse Haut. Sie füllte die Schüssel, welche in ihrem Zimmer stand mit Wasser, nur um in ihrem Spiegelbild den nächsten Schrecken zu finden:
Eine Platzwunde, in welcher Schmutz und kleine Holzsplitter hingen. Sie nahm sich ein sauberes Baumwolltuch und begann, mit zusammengebissenen Zähnen, die Wunden zu reinigen. Als sie damit fertig war, legte sie ihre Haare über ihre Stirn und zog sich ein langärmliges Kleidchen an. Sie verließ, so leise wie möglich, das Haus, wollte sie nicht von ihren Eltern gesehen werden, und machte sich auf den Weg Richtung Dorfplatz. Als sie den Platz betrat, verstummten sofort alle Gespräche und jeder sah sie hasserfüllt an. "Was willst du noch hier? Niemand will dich bei sich haben, du falsche Schlange.", ertönte die Stimme einer alten Frau "Warum lebst du noch, du wertlose Schlampe.", schrie ein kleines Kind. Ein Mann ergriff das Wort: "Verschwinde, jemanden wie dich, wollen wir in unserem Dorf nicht haben. Niemand wird dich vermissen, wenn du nicht mehr da bist." Immer mehr Menschen erhoben ihre Stimme und beschimpften die Kleine. Sie weinte bitterliche Tränen und hielt sich die Ohren zu, verstand sie doch nicht, was sie den anderen getan hatte, damit sie so über sie sprachen.
Eine junge Frau griff sich eine Tomate des Gemüsestandes, neben welchem sie stand, und warf nach dem verstörten Kind. Die anderen Bewohner des Dorfes schlossen sich ihr an und warfen mit allen was sich in ihrer Nähe befand, beschimpften sie weiter. Wie wertlos sie doch war.
Das kleine Mädchen ertrug es nicht mehr und rannte so schnell sie konnte fort von ihrer Heimat, in welcher sie nicht mehr willkommen war.
In einem nahen Wald fiel sie über die hohen Wurzeln eines Baumes und verstauchte sich den Knöchel.
"Nun weißt du wie man sich füllt, wenn man von den Menschen, die man liebt, verstoßen und verachtet wird."
Sich immer noch den schmerzenden Fuß halte., erblickte sie vor sich das Porzellanpüppchen, jedoch sah dieses nicht mehr wie damals aus:
Das lockige Haare war an manchen Stellen ausgerissen, die Farbe plättelte bereits ab und das Porzellan hatte Sprünge, das Kleidchen war zerrissen und schmutzig.
"Nun siehst du genau so aus wie ich, bist kaputt und niemand will dich mehr haben. Nun tue allen den Gefallen und stirb, denn niemand wird deinen Tod betrauern " die weiße Klinge tauchte neben dem Mädchen auf und ihre einstige Freundin schrie hysterisch:
"Los! Tue es wieder, so wie gestern Abend, nur hör dieses Mal nicht nach dem ersten Schnitt auf! Bedecke den Waldboden mit deinem dreckigen Blut!"
Nach diesen Worten zerbrach die einst glückliche Seele des Kindes, die Augen wurden trübe und leer. Wenn nicht mal ihre Freundin sie noch wollte, warum sollte das Dorf es dann wollen? Die Worte aller hallten in ihrem Kopf wieder und so fing sie unkoordiniert an ihre Haut aufzuscheinen. Hoffte wieder Ruhe und Frieden zu finden. Nach wenigen Minuten hatte sie ihre Pulsadern durchtrennt, ließ die Klinge fallen und legte den Kopf auf einem nahen Stein nieder. Ihre Sicht wurde immer verschwommener und so schloss sie die Augen, mit dem Wissen, dass das Ende, ihr Ende, nahe war. Noch ein letztes Mal sprach das Püppchen, ihr Püppchen, zu ihr:
"Damit habe ich unser Spiel gewonnen. Nun weißt du, wie es mir ergangen ist, als du mich vergessen hattest."
Bevor der Tod sie zu sich holte, hörte sie als letztes das liebliche Kichern ihre einstigen Freundin.
Einen Tag später wurde ihre blutverschmierte Leiche gefunden, eine kaputte Porzellanpuppe im Arm haltend. Niemand hatte Erinnerung an die vergangen Tage, somit konnte sich niemand erklären, warum sich das fröhliche und geliebte Kind das Leben nahm.
Die Eltern begruben unter großer Trauer ihre einzige Tochter gemeinsam mit ihrem geliebten Püppchen. Niemand konnte diesen tragischen Tod, um den sich solche Rätsel wanden, jemals vergessen.
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Nun möchte ich dir noch einen letzten Rat geben:
Vergiss niemals, wer immer für dich da war, als alle anderen nicht zuhören wollten, oder wir werden uns sehr bald Wiedersehen.
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Die Leere der Einsamkeit
HorrorAuch wenn man an einem Punkt steht an welchem man alles hat, sollte man nie seine alten Feunde vergessen. Sie können die schlimmsten Feinde werden.