Sie schritt die Treppe herunter, und die eine Strähne die sie immer aus ihrem Dutt herausließ wenn sie lässig wirken wollte, wippte genau wie ihr ganzer Körper im Takt der Musik, die sie fast schon ohrenbetäubend laut aufgedreht hatte. Sie tanzte barfuss aber im Kleid den Flur entlang und versuchte so die Angst zu betäuben die immer wieder dafür sorgte, dass ihr das Herz bis zum Hals schlug. Ihr war bewusst, das ihr nichts passieren konnte sie hatte bestanden und das war die Hauptsache. Doch trotzdem wollte der Kobold in ihrem Kopf, der sie nur nervte wenn es gerade unpassend war, malwieder keine Ruhe geben, dabei hatte sie doch so mühevoll trainiert ihn im Kein zu ersticken. Es war schon kurz nach 8 Uhr als sie in den Spiegel im Flur sah und mit ihrer Reflektion einerseits sehr zu frieden andererseits jedoch extrem unglücklich war. Sie sah aus wie sie es sich vorgestellt hatte, wie sie es geplant hatte, ohne eitelkeit im Kopf zu haben sagte sie zu sich selbst wie gut sie doch aus sah. Diese Mantra sagte sie sich immer wenn ihre Erscheinung zwar schön war doch nicht ihrer Wahrheit entsprach, wenn sie nicht sie selbst war, sondern nur ein Abbild der Person die sie sein sollte. Tamara sollte vieles sein, das hatte sie gelernt, der Wunsch in ihr drin sie selbst zu sein schien deshalb auch nur noch ganz verschwommen durch einen Filter an fremden Vorstellungen. Durch diesen Filter sah sie die ganze Welt und durch diesen wirkte sie auch immer toll und ganz so wie sie sein sollte, der Filter den sie nach und nach aufgesetzt hatte meldete ihr ausschließlich positives, da sie sich ihm beugte. Die tiefe Unzufriedenheit in ihr drin, kam auch nicht durch ihn sondern durch den einen Filter der von Anfang an in ihr verbaut war, der der ihr dauerhaft und ohne Pause rückmeldete, dass etwas falsch war, er schlug den ganzen Tag alarm und verbrauchte dabei ungeheuer viel Kraft die ihr dann fehlte. Während sie diesen Gedanken fasste schritt sie zielstrebig und bestimmt in die Küche, außer ihr war keiner mehr Zuhause, es war schließlich ein Samstagmorgen und ihre Familie war mit einkaufen beschäftigt. Aber natürlich wären sie bei ihrer Abiverleihung dabei, sagte sie sich. Sie saß also alleine am Küchentisch mit einem halbgefrorenen Wackelpudding und einem Löffel vor sich. Sie saß einfach nur da und hatte das Gefühl als hätte ihr Gehirn einen Aus-Schalter und sie hätte ihn betätigt. Sie dachte an gar nichts, selbst ihre Angst war verschwunden, fast wie das Gefühl welches einen Bühnenauftritt so schön macht, das Gefühl welches kurz nach dem Lampenfieber auftritt wenn man die Bühne betritt und alles wie von alleine läuft. Es fühlte sich gut an, wie ihr fast schon krampfhaft angespannter Körper etwas losließ und ihr Raum zum atmen gab.
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Eine Reise zum Ich
Teen FictionTamara, die gerade das Abi bestanden hat, begibt sich während ihrer Anfänge im Studium ungewollter Weise auf eine Verfolgungsjagd. Doch bei dieser sucht sie nicht die mysteriöse Frau von nebenan sondern sich selbst.