Kapitel 1

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Heute Morgen bin ich hier angekommen. Heute Morgen in aller Früh wurde ich von meinem Vater geweckt und hier her gefahren. Draußen ging gerade die Sonne auf und es war relativ frisch für einen Sommertag. So weit weg von Zuhause war ich gar nicht, vielleicht 15 Minuten, allerhöchstens eine halbe Stunde ging die Fahrt, doch es fühlte sich wie eine halbe Ewigkeit an. Mit einem schweren Koffer in der Hand und meinem Lieblingskuscheltier auf dem Rücken betrat ich diesen kalten Ort. Dieser Ort, der viel zu sehr nach einem Krankenhaus aussah. Dieser Anblick gab mir ein direktes Gefühl des Unwohlseins, schließlich war ich ja nicht krank. Warum war ich überhaupt hier? Mir geht es zwar nicht komplett gut, aber mir geht es auch nicht schlecht genug um hier zu sein. Die Frau, die mich mit einem Lächeln empfing, durchsuchte als aller erstes meinen Koffer nach gefährlichen Gegenständen. Sie sah nett aus. Mit ihren schwarzen, stark gelockten Haaren und ihrer leicht pummeligen Figur machte sie einen sympathischen Eindruck. Nachdem sie eine Zeit lang in meinem Koffer gewühlt hat, wurde sie auch schon fündig. Ich sah ihr zu, wie sie meinen Rasierer und meine kleine Medikamentenschachtel in einen Spind schloss. Meinen Rasierer würde ich zum Duschen bekommen, ich müsse nur danach fragen, meinte sie, und Medikamente würde ich auch von ihr bekommen. 

Ein lautes Räuspern ließ mich aus meinen Gedanken aufschrecken. Die schwarz gelockte Frau stand in dem Zimmer, das sie mir zugewiesen hatte, und zeigte auf einen grünen Knopf neben der Tür. "Das ist der Notfallalarm," sagte sie und ließ ihre Hand sinken, "wenn du ihn einmal drückst wird sofort jemand zu dir kommen, aber bitte nur im Notfall benutzen." Ich nickte. Seit ich hier angekommen bin, habe ich es noch nicht geschafft auch nur ein Wort raus zubringen. Wer hätte gedacht, dass mir das Reden irgendwann man so schwer fällt.

Mein neues Zimmer sah leer und karg aus. Na ja, leer war es jetzt nicht unbedingt. Zwei Betten hatte man in diesen kleinen Raum gestopft. Zwei Betten, die aussehen, als ob man sie gerade aus dem Krankenhaus hat herliefern lassen. Neben der Tür stand ein riesiger weiß-gräulicher Schrank, der in zwei Hälften unterteilt wurde. Doch wenn man genau hin sah, erkannte man Staub auf der Innenseite des Schrankes. Wieso war dieser Ort so weiß und trotzdem so schmutzig? Angestrengt wühlte ich in meinem Koffer herum, denn so wie dieses Zimmer war konnte ich es nicht lassen. Ich hatte das Gefühl der ganze Raum wäre von oben bis unten voll mit Schmutz und Dreck. Nach einer kurzen Zeit, fand ich das Desinfektionsmittel, das ich vorsorglich mitgenommen habe, und fing an den kompletten Raum zu säubern. Als erstes begann ich mit dem großen Schrank. Ich würde ihn wahrscheinlich eh nicht benutzen, aber allein der Gedanke daran, dass er dreckig war, jagte mir einen Schauer über den Rücken. Rechts neben dem Schrank war ein kleines Handwaschbecken mit einem Spiegel an der Wand. Ich will gar nicht wissen, wer schon alles in dieses Becken gespuckt hat oder was weiß ich damit gemacht hat. Bei dem Gedanken daran wurde mir ein wenig schlecht. Nachdem ich noch die beiden Betten und die Nachttische gereinigt habe, ließ ich mich mit einem erschöpften Seufzen auf eins der Betten fallen. Kaum hatte ich mich entspannt, riss jemand ohne Vorwarnung meine Tür auf. Ich zuckte zusammen und setzte mich sofort auf. 

"Ich hörte wir haben Zuwachs bekommen", sagte der Junge der die Tür aufgerissen hat. Er war groß und hatte dunkelblonde schulterlange Haare. Okay, so groß war er auch wieder nicht, aber er war auf jeden Fall mindestens einen Kopf größer als ich. Seine Haare sahen weich aus und ich hatte augenblicklich das Verlangen sie anzufassen. Seine Klamotten lagen eng an und er sah so aus, als ob er öfter mal trainieren würde. Sein Blick fiel schließlich auf mich und er musterte mich mit kritischem Blick. Schließlich lächelte er und ging ein paar schritte auf mich zu bis er schließlich vor mir stand. Noch immer total verschreckt starrte ich ihn bewegungsunfähig an. 

"Meine Güte! Du bist aber hübsch!" Mit diesen Worten beugte er sich zu mir runter und streckte seine Hand aus, so als wolle er meine Wange berühren. Ich spürte wie mir das Blut in den Kopf schoss und ich rot anlief. Abrupt stoppte er seine Bewegung, zog seine Hand zurück und richtete sich wieder auf. 

"Du sieht aus, wie ein verängstigtes Reh, dass Mitten auf der Straße steht und nur darauf wartet angefahren zu werden. Eine leichte Beute, wenn du mich fragst." Mit diesen Worten verließ er das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Was war das denn bitte?

I am not myselfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt