"Piep.. piep.. piep.."Ein durchdringendes Geräusch lässt mich aus meinen süßen Träumen hochfahren. Genervt drücke ich die Stopptaste meines Handys und lasse mich zurück in meine Kissen fallen. Eigentlich müsste ich jetzt wirklich aufstehen, denn ich muss einen Bus erwischen, doch ich bin noch viel zu verschlafen, um das wirklich zu realisieren. Ich bleibe also noch ungefähr weitere fünf Minuten liegen, bis auf einmal das Handy in meiner Hand zu klingeln beginnt. Wiedererwartend ist es mein Vater, der lediglich sicher gehen möchte, dass ich auch wirklich wach bin. Während ich nämlich hier zuhause sitze, ist der Rest meiner Familie im Urlaub. Aber Grund zum Beschweren habe ich zugegebenermaßen auch nicht, denn ich werde in knapp einer Stunde, gemeinsam mit meinem Jahrgang, nach Lloret de Mar aufbrechen, um unser, noch nicht bestandenes, Abitur zu feiern. Nachdem ich meinem Vater versichere, dass ich nun auch aufstehen werde, schwinge ich mich mit wenig Elan aus dem Bett.
Mein erster Weg führt mich ins Badezimmer, in dem ich erstmal meine Morgenroutine durchführe und versuche meine braunen Haare zu bändigen. Nur in Unterwäsche bekleidet begebe ich mich anschließend zurück in mein Zimmer. Heilfroh darüber, mir gestern schon ein Outfit zurechtgelegt zu haben, schlüpfe ich, immer noch reichlich unmotiviert, in eine schwarze Nike Sporthose und mein weiße Abit-shirt. Schnell checke ich mein Aussehen im Spiegel, bemerke aber, dass das reichlich belanglos ist, da mir sowieso eine vierundzwanzigstündige Busfahrt bevorsteht, an dessen Ende sowieso niemand gut aussehen würde, wieso sich also die Mühe machen?
Ich schlurfe die Treppe herunter und begebe mich in die Küche. Dort angekommen kümmere ich mich erst einmal um den Proviant, was im grundlegendem bedeutet, dass ich mir einen Apfel schneide. Dinge wie Schokobrötchen und etc. habe ich natürlich schon längst in meinem, mainstream Fjällräven, Rucksack verstaut. Nachdem ich auch die volle Dose und meine aufgefüllte Trinkflasche, unter ein wenig Gewaltanwendung, in den besagten Rucksack stopfe, mache ich mich an mein Frühstück. Wie sonst auch gönne ich mir eine kleine Portion Schokomüsli mit Erdbeeren und Joghurt, da es für mich jedoch eigentlich noch viel zu früh ist, bekomme ich nicht wirklich etwas runter. Ich würge das Essen trotzdem herunter und spüle anschließend schnell meine Schüssel.
Wieder oben angekommen putze ich meine Zähne und räume alles in die Reisetasche, was ich bis heute Morgen noch gebraucht habe. Die Reisetasche ist zu meinem Bedauern leider genau so überfüllt wie mein Rucksack, weshalb ich auch diese nur mit viel Gewalt verschlossen bekomme. Mühselig trage ich die Tasche die schmale Treppe nach unten und setze mich anschließend auf die letzten Stufen. Ich würde von einer Freundin abgeholt werde, da meine Eltern mich ja bedauerlicherweise nicht fahren können. In meinem Kopf gehe ich noch einmal alle notwendigen Dinge durch und checke, ob ich auch ja nichts vergessen habe, an dieser Stelle wäre ich wirklich froh, wenn meine Mama jetzt neben mir Stände. Denn sein wir doch mal ehrlich, irgendetwas habe ich sowieso vergessen.
Bevor meine Freundin Elisa mir schreibt, dass sie jetzt losfährt, fällt mir doch noch eine Sache ein, die ich mitnehmen sollte. Ein Kissen. Wir würden einen ganzen Tag Bus fahren, da konnte so ein flauschiges etwas schon ganz angenehm sein. Ich laufe also doch noch einmal hoch in mein Zimmer und greife eines der vielen Kissen auf meinem Bett, dass sollte schon reichen.
Ich sitze gerade fünf Minuten wieder auf der Treppe, als Elisa vor der Tür steht. Sofort öffne ich die Tür und falle ihr um den Hals. "Na bereit für Lloret?!"", frage ich sie lachend. Nachdem sie eine etwas unverständliche und meiner Meinung nach etwas zu pessimistische Antwort genuschelt hat, hilft sie mir dabei, meine schwere Tasche in den Wagen zu hieven.
Nach einer kurzen Fahrt zur Schule, an der unser Bus abfahren würde, können wir gleich wieder alles auspacken. Ich lasse Elisa, nach einem kurzen "Dankeschön", hinter mir und begebe mich zu meinen anderen Freunden. Leyla, Sarah und Lina stehen, umgeben von vielen Koffern und Taschen, an der Bushaltestelle und scheinen gar nicht bemerkt zu haben, dass ich angekommen bin. Hätte ich jetzt nicht meine elendig schwere Reisetasche getragen, dann wäre ich den Dreien um den Hals gefallen, so muss ich mich wohl mit einem lauten "Guten Morgen!!", zufrieden geben, durch das sie aus ihrem Gespräch hochschrecken. Bei ihnen angekommen lasse ich meine Tasche zwischen die anderen fallen und umarme sie eine nach der anderen. Unauffällig lasse ich meinen Blick durch die Grüppchen wandern, um festzustellen, ob ER auch schon da ist.
ER heißt Johannes und ist der Grund, warum ich schon seit geschlagenen neun Monaten so gut wie keine klaren Gedanken mehr fassen kann. Johannes saß in Fächern wie Physik und Erdkunde neben mir und hat mir die ein oder andere langweilige Stunde versüßt. Aufgrund seiner charmanten und witzigen Art, vielleicht auch wegen seiner goldschimmernden Locken, habe ich mich dann irgendwann in ihn verliebt. Die ein oder andere Party, auf der er das ein oder andere Mal mein Gesicht in seine Hände genommen hat, waren dann der letzte Stoß in mein Verderben. Leider ist Johannes relativ beliebt und es gibt, so wie es Gott will, noch ein anderes Mädchen, mit der er die ein oder andere Partynacht verbracht hat. Trotz allem hoffe ich jedoch darauf, ihn in Lloret für mich zu gewinnen zu können. Gut, dass Amalia, seine andere Schnitte, sich gegen den Bus und für das Flugzeug entschieden hat, was für mich bedeutet, dass ich vierundzwanzig Stunden Vorsprung zu ihr habe. Gerade als ich die Hoffnung aufgegeben habe, erhasche ich einen Blick auf braune Locken. Da steht er, gemeinsam mit seinen zwei besten Freunden Fahid und Ernesto, die Hände in den Taschen und den Blick auf den Boden gesenkt. Diese Haltung ist so typisch für ihn, dass ich nicht anders kann als zu schmunzeln. Solange Johannes kein Alkohol getrunken hat ist er extrem schüchtern.
Ich wende meinen Blick ab, bevor noch irgendjemand etwas bemerkt und schalte mich in das Gespräch meiner Freundinnen ein. Sie diskutieren gerade über die perfekte Sitzplatzwahl im Bus, die aufgrund der Länge der Fahrt eine entscheidende Rolle spielen würde.
Mit ungefähr einer halben Stunde Verspätung erreicht uns der große Doppeldeckerbus und alle drängeln sich zur Ladeluke, um möglichst schnell einsteigen zu können. Manchmal benehmen wir uns dann ja doch eher wie fünftklässler, denke ich und reihe mich dennoch zwischen meinen drängelnden Mitschülern ein. Ich habe dennoch Glück, denn meine beste Freundin Sarah steht, dank ihres Freundes Hennrik, ziemlich weit vorne in der Schlange und kann sich dementsprechend als eine der ersten einen Platz im Bus aussuchen.
Ich hingegen gebe als eine der letzten meine Tasche ab und begebe mich in den inzwischen fast komplett gefüllten Bus. Da ich mir sicher bin, dass meine Freunde sich nicht nehmen lassen würden oben zu sitzen, gehe ich direkt die schmale Treppe nach oben. Hier oben ist es jetzt schon unerträglich heiß und ich frage mich zum gefühlt tausendsten Mal in den letzten Stunden, wie ich diese Fahrt nur überleben soll, wohlwissend, dass die Jungs wahrscheinlich schon nach höchstens einer Stunde anfangen würden zu trinken. In einer der vordersten Reihen kann ich den dunkelbraunen Haarschopf meiner besten Freundin erkennen, ich drängel mich also durch den engen Gang bis zu ihr und stelle fest, dass wir einen äußerst guten Platz abgesahnt haben. Er ist direkt hinter der vorderen Treppe, sodass wir niemanden direkt vor uns sitzen haben und eine breite Ablage besitzen. Insgesamt gibt es nur noch eine Reihe, die näher am Fenster sitzt als wir, weshalb wir auch noch einen ziemlich passablen Blick auf die Straße haben. Ich gebe Sarah einen anerkennenden Blick und lasse mich auf den Platz neben sie fallen.
Nachdem ich die Lage des Platzes geprüft habe, schaue ich mir unsere Sitznachbarn an. Hennrik und sein bester Freund haben sich die Plätze ganz vorne gesichert, neben ihnen auf der anderen Seite und vor uns, sitzt ein Pärchen, mit dem wir uns auch sehr gut verstehen. In der Reihe hinter Hennrik sitzen Fahid und eine Freundin und in der Reihe dahinter zu meiner großen Freude Johannes und Ernesto. Die Fahrt könnte also sehr witzig werden. Auch die anderen um uns herum sind wirklich nett und so lasse ich mich entspannt mit einem Grinsen nach hinten sinken, vielleicht wird es ja auch doch gar nicht so schlimm wie befürchtet...
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What happens in Moef stays in Moef.. oder etwa nicht?!
Teen FictionDie siebzehnjährige Marie hat gerade ihre Abiturklausuren hinter sich und freut sich auf einen letzten Sommer mit ihren Freunden , bevor sich alle in die verschiedensten Windrichtungen verteilen. Pläne, vor allem die für den Sommer, werden jedoch b...