Kapitel 26 - Finale

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Max parkte das Auto und wir stiegen aus. Ich ging auf die Terrasse und lauschte den Bäumen. Diese Stille tat einfach gut.
Doch lange hielt sie nicht an, da ein Knacken meine Aufmerksamkeit erregte.
Ich beobachte den Zaun, der mein Grundstück von dem kleinen Wäldchen abgrenzte.
Eine Hand berührte meinen Arm. Es war Megan.
"Alles in Ordnung?" fragte sie.
Plötzlich tauchte mein Vater am Zaun auf. Er trat durch die kleine Gartentür und kam langsam auf uns zu.
"Lässt du mich und meinen Vater bitte kurz allein?" sagte ich zu Megan, die sofort ging.
"Was machst du hier?" fragte ich ihn.
"Ich wollte mit dir nochmal unter vier Augen sprechen."
"Ich sagte doch, dass ich Zeit brauche. Was hast du mir noch so wichtiges zu sagen?" Meine Stimme blieb monoton und ich versuchte ruhig zu bleiben.
"Es geht um deinen Bruder. Was würdest du tun um ihn wieder zu sehen?"
Ich ballte meine Hände zu Fäusten.
"Er ist tot. Ich werde ihn nie wieder sehen. Verschwinde jetzt von meinem Grundstück." Ich hielt mich zurück ihn nicht anzuschreien.
"Aber es gibt eventuell eine Möglichkeit."
"Schluss jetzt! Verschwinde!" schrie ich jetzt.
"Nein! Hör mir doch mal zu. Alfons hat vielleicht eine Möglichkeit um deinen Bruder zum Leben zu erwecken." Er wich nicht von der Stelle.
"Vater, um Gottes Willen. Man kann ihn nicht mehr zum Leben erwecken. Merkst du nicht, dass dich Alfons all die Jahre angelogen und benutzt hat? Diese 9 Leute sind nicht zufällig gestorben davon bin ich überzeugt."
"Ich weiß." murmelte er.
"Wie war das?" Ich verschränkte die Arme vor der Brust.
"Ich weiß was er getan hat. Wir haben eine Abmachung. Als wir uns das erste Mal nach unserer Gefangenschaft getroffen haben, erzählte er mir von diesem Auftragsbuch von der Hexe. Als ich deinen Namen sah, bat er mir an dich zu suchen wenn ich ihm vorher helfe die anderen umzubringen. Er würde dir dann nichts antun."
Ich wusste gar nicht was ich dazu sagen soll.
" Bitte, es tut mir leid, dass wir uns erst mit solchen Voraussetzungen treffen konnten. "
"Aber das kann noch nicht alles sein." sagte ich.
Er versuchte mir entgegen zu kommen.
"Vater, ich muss dich bitten zu gehen. Lass mich eine Nacht darüber schlafen. Ich rufe dich an. Hast du ein Handy?"
Er nickte und reichte es mir damit ich mir die Nummer abtippen konnte.
"Und jetzt geh bitte."
Er presste die Lippen aufeinander um sich daran zu hindern noch etwas zu sagen und ging dann.
Ich rannte in meine Wohnung vorbei am Salon wo ich Megan und Max im Augenwinkel erkannte.
Mit meinem Schlüssel öffnete ich den Raum mit all meinen Erinnerungen an mein früheres Ich.
Hinter mir hörte ich Schritte und ich verschloss die Tür hinter mir. Dann rutschte ich an der Tür herunter und starrte vor mich hin. Die Wut brodelte in mir.
"Olivia, was ist denn passiert?" hörte ich Megans Stimme auf der anderen Seite der Tür.
Ich antwortete nicht und stand stumm auf. Auf der Kommode mir gegenüber stand ein altes Foto von mir und meiner Familie.
Ich war noch ein kleines Mädchen. Vielleicht so 8 Jahre alt. "Damals war noch alles gut." dachte ich mir und ein paar Tränen rollten meine Wagen hinunter.
"Olivia, mach bitte endlich die Tür auf und erzähl uns was passiert ist." Megan machte sich Sorgen um mich.
Ich nahm einen tiefen Atemzug und öffnete dann die Tür.
Vor mir standen Megan und Max, die mich mit fragenden Blick anschauten.
"Ich weiß nicht was ich sagen soll. Er ist einfach aus dem Nichts aufgetaucht... Er sagte, dass er meinen Bruder zurück zum Leben erwecken will... Ich will das nicht... Wie soll das überhaupt funktionieren?" erzählte ich vor mir her.
Megan nahm mich in den Arm.
"Ihr solltet schlafen gehen." sagte Max und legte seine Hand beruhigend auf meinen Rücken.
Megan löste sich aus unserer Umarmung und nahm mich an die Hand in Richtung Schlafzimmer.

Am nächsten Tag
Ich war in meinem Büro, als mir einfiel, dass ich noch meinen Vater anrufen musste. Nur was sollte ich sagen? Doch ich fasste Mut und wählte seine Nummer.
"Hallo?" fragte er.
"Hallo Vater, hier ist Olivia." antwortete ich.
"Ich -"
"Du brauchst nicht weiter sprechen. Es ist vorbei." unterbrach er mich.
"Wie meinst du das?"
"Alfons ist tot."
Mir blieben die Worte im Halse stecken.
"Lass es mich bitte erklären. Als ich dich gestern besuchte und deine Reaktion sah, wurde mir klar, dass es besser so ist wie es ist. Du hattest Recht und ich habe gemerkt, dass ich Mist gebaut habe. Du bist meine Tochter und ich liebe dich. Ich bin so froh dich gefunden zu haben. Ich überlasse die Entscheidung dir ob du weiter mit mir Kontakt haben möchtest oder nicht. Es tut mir leid." sagte er und legte auf.
Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte und ging in die Küche. Dort stand Megan, die sich Frühstück machte.
"Ich habe gerade mit meinem Vater gesprochen." sagte ich und setzte mich an den Küchentisch.
Megan drehte sich überrascht um und schlürfte an ihrer Tasse mit Blut.
"Was hat er gesagt?" fragte Megan und leckte sich ihren Blutbart von der Oberlippe, was schon wieder sehr süß an ihr aussah. Das erhellte meine Stimmung etwas und ich fuhr fort
"Er hat Alfons getötet. Also, zumindest sagte er, dass er tot ist. Ich weiß nicht ob ich das glauben kann... Er sieht ein, dass er Mist gebaut hat und überlässt mir die Entscheidung ob ich weiter Kontakt mit ihm will oder nicht."
"Und was wirst du machen?"
"Ich bin mir nicht sicher. Es ist schön, dass ich meinen Vater zurück habe, aber es ist auch soviel im Hintergrund passiert. So viele schlimme Sachen."
"Aber es ist Vergangenheit. Vielleicht hat er jetzt daraus gelernt... Ich habe dich nie für deine Vergangenheit verurteilt. Ich lebe im Hier und Jetzt. Ich lebe hier mit dir und ich liebe dich für das was du bist."
Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich sprang auf um sie zu küssen und sie zu umarmen.
"Danke." flüsterte ich ihr ins Ohr.

Am Tag der Hochzeit
Ungeduldig wartete ich vorne bei dem Standesbeamten. Endlich war unser großer Tag gekommen. Megan und ich würden heiraten.
In den letzten Wochen ist etwas Ruhe und Beständigkeit eingekehrt. Ein paar Tage nachdem Telefonat mit meinem Vater nahm ich wieder Kontakt zu ihm auf. Unsere Beziehung wird zwar nie wieder wie früher werden, aber es ist gut so. Er lebte in einer 2-Raum-Wohnung und hatte einen Job. Mittlerweile war ich richtig stolz auf ihn.
Er sitzt in der ersten Reihe und lächelte mir zu. Ich war froh, dass er hier war. Und später am Abend würde ich mit ihm an meinen Hochzeitstag tanzen. Als kleines Mädchen hatte ich es mir immer so vorgestellt.
Die Musik wurde lauter und da stand sie am Ende des Ganges. Ihre Mutter führte sie zu mir. Sie hatte ein schönes weißes Kleid an. Ihr Blumenstrauß bestand aus rosa Lilien. Eine davon steckte in der Hemdtasche meines Anzugs. Somit war es die perfekte Ergänzung.
Als Megan endlich bei mir ankam, nahm ich ihre Hand in meine. Sie war sehr aufgeregt, denn ihre Hand war klitschnass vor Schweiß. Ein bisschen unsicher sah sie zu mir rüber und ich schenkte ihr ein Lächeln.
Der Standesbeamte begann seine Rede. Ehrlich gesagt, habe ich nicht richtig zugehört. Zu sehr kreisten meine Gedanken um Megan und unsere gemeinsame Zukunft.
Nun sprach er mich an.
"Olivia, möchten Sie die hier anwesende Megan zu Ihrer rechtmäßigen Frau nehmen?"
"Ja, ich will." antwortete ich und Tränen sammelten sich in meinen Augen.
"Megan, möchten Sie die hier anwesende Olivia zu Ihrer rechtmäßigen Frau nehmen?"
"Ja, ich will." erwiderte Megan.
Der Kloß in meinem Hals rutschte und ich durfte sie endlich küssen.
"Selbst die große Olivia Black muss an ihrem Hochzeitstag weinen." grinste Megan.
"Ich bin eben auch nicht aus Stein." lachte ich zurück und küsste sie leidenschaftlich.
Gemeinsam gingen wir den Gang zurück nach draußen und voraus in unsere gemeinsame Zukunft.

Ende

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