Psycho

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Ich laufe durch die Straßen von Köln. Ich bin vollkommen neben der Spur. Tränen Rollen über meine Wangen. Ich schluchze leise. Es ist schon ziemlich spät, doch ich weiß nicht, wie ich nach hause kommen soll weil ich nicht anhalten kann. Wann habe ich aufgehört, Kontrolle über meinen Körper zu haben? Wann habe ich aufgehört, Kontrolle über irgendwas zu haben? Ich weiß es nicht. Ist schon zu lange her. Ich laufe ungebremst gegen die Tür und sie springt auf. Meine Arme sind taub. Ich laufe rein, ohne mir die Mühe du machen, die Tür zu schließen, und gehe in die Küche. Ich hebe einen Arm, doch die Handschellen, deren Schlüssel ich irgendwann mal verloren habe, hindern mich. Ich hebe beide Arme doch ich brauche zwei Anläufe, bis ich meine Arme hoch genug kriege, um nach einer Tasse zu greifen. Ich zittere so stark, dass mir die Tasse aus der Hand fällt, direkt auf den Fuß, die zweite Tasse fülle ich mir Wasser und trinke. Ich muss in den Keller. Dort bin ich sicher. Als ich die Kellertreppe schon halb runter gelaufen bin, fällt mir auf, dass sie Porzellanteile in meinen Fuß doch ganz schön weh tuen. Ich stolpere und rolle die Stufen runter, haue mir den Kopf an. Doch ich spüre nichts.

Ich schaffe es, ich aufzurappeln. Verwirrt und benebelt laufe ich in den Keller, die Tür schließt sich hinter mir und ich sitze im dunklen. Kein Fenster, nicht mal ein Spalt unter der Tür ist in diesem Raum, um mir Licht zu spenden. Ich krieche auf allen Vieren in eine Ecke, stoße mir den Kopf und sinke zusammen. Hier kriegen sie mich nicht. Hier bin ich sicher. Ich weine lautlos, spüre die Tränen an meinen Armen. Sie verursachen eine Gänsehaut in mir. Ich reibe meine kalten Beine, doch es bringt nichts. In mir ist alles taub, alles leer. Ich bin nichts. Ich schaffe es nicht, irgendwas zu machen, außer weinend und zitternd in der Ecke zu liegen und zu überlegen, an welchem Punkt mein Leben so geworden ist, wie es jetzt ist.

Nach einer Zeit, es können Stunden vergangenen sein oder nur wenige Minuten, habe ich mich beruhigt. Ich habe nicht geschlafen, ich habe gedöst. Ich kann nicht schlafen. Es geht nicht. Viel zu groß ist die Gefahr, dass sie mich in Traum heimsuchen. Vielleicht ist es nicht sehr gesund, so zu sein, aber ich kann es nicht anders. Ich habe niemanden, der sich meiner annimmt. Niemanden, der sich um mich kümmert. Ich bin alleine, für immer alleine, vielleicht auch, weil ich nicht viele an mich ranlasse. Weil ich die meiste Zeit für mich bleibe. Ich war schon immer eine Außenseiterin. Und ich werde es immer bleiben. Die einzigen, die da sind, und das nicht grade weil sie mich lieb haben, sind die Schatten und Gestalten um mich herum. Sie sind da, mache beobachten mich, manche verfolgen mich. Doch, menschliche Nähe habe ich schon lange nicht erfahren, dass letzte, was war, waren die Schläge meines Vaters, doch selbst die sind nicht da, weil mein Vater den einfachsten Weg gewählt hat und nun habe ich keinen mehr.

Noch nicht mal ich bin da, manchmal bin ich mir nicht sicher, ob ich noch lebe oder schon längst tot bin, dann nehme ich ein Messer und ritze mir etwas in die Haut. Doch, ich bin nichts, deshalb ist das nicht weiter tragisch.

Ich habe mich beruhigt, ich stehe jetzt, einigermaßen fit, und gehe langsam an die Tür, wobei meine Finger an der kalten, feuchten Wand entlanggleiten. Ich spüre die einzelnen Risse im Beton, wie auch sonst, wenn ich manchmal Stundenlang durch den Keller laufe, immer mit den Händen an der Wand, und rede. Mit mir selbst, mit den Gestalten, den Freunden, den Feinden, manchmal auch mit niemandem. Und manchmal rede ich nicht, sondern sage Mantras auf, wiederhole immer wieder Worte wie "Schizophrenie" oder "Irrsinn" oder "Anders als andere". Aber das passiert nicht jetzt. Ich gehe zu der Tür, taste mit beiden Händen nach dem Schlüssel. Ich spüre jedoch nur meinen eigenen Fuß, die Porzellanteile darin. Mein Kreislauf verabschiedet sich plötzlich und ich sinke zu Boden.

In dem Moment muss ich daran denke, ich glaube das war in der 7. Klasse, da bin ich in der Schule gewesen, alles war noch so schön, so wie es bei einem normalen Kind so ist. Ich saß in der Schule und auch hier hatte ich einen Kollaps. Doch damals waren viele Leute bei mir, sie haben mich hochgehoben, waren ehrlich besorgt. Sie haben mir Wasser gegeben, haben mich gut behandelt, ich habe so viel Wärme gefühlt, ich war etwas.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 07, 2019 ⏰

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