Das magische Band Teil 2

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Besuch aus der Mongolei

Der süsse Duft von Kochbananen breitet sich in der Hütte aus. Normalerweise reicht das aus, wenn Aniani Seepferdchen auf die sanfte Tour wecken will. Nur heute hat Aniani überhaupt keinen Erfolg, und er weiss, bei seiner kleinen Schwester, da funktioniert nur die sanfte Tour, wenn sie nicht will, dann will sie nicht. Aber sie brauchen das Geld von den Touristen. Eigenartigerweise, trottet Seepferdchen nach dem Frühstück ganz freiwillig hinter ihrem Bruder her, zu dem Anleger, wo sie den Touristen ihre Dienstleistungen anbieten wollen. Plötzlich bleibt Aniani stehen: Warum kommst Du einfach mit?

Seepferdchen: Weil Du gesagt hast, dass ich mitkommen soll.

Aniani dreht sich mit einem Schwung zu Seepferdchen um: Du kommst nie mit, wenn ich dich bitte.

Seepferdchen geht wie eine Prinzessin an Aniani vorbei: Du scheinst mich nicht zu kennen.

Aniani muss grinsen über das kleine Schauspiel, was sie manchmal spielen, die Prinzessin aus der Gischt.

Gut, dass er ihr Gesicht nicht sehen kann, denn den schweren Traum, der sie letzte Nacht auf den Grund des Ozeans gezogen hat, sie konnte ihn noch nicht ganz vertreiben.

Meistens sehen sie am Anleger schon von weitem die Kundschaft. Aber an diesem Morgen ist alles ruhig und still.

Seepferdchen: Wo bleiben denn die Katastrophentouristen?

Aniani: Ach die kommen schon noch.

Seepferdchen fällt eine Geschichte ein, vielleicht kann die ja den Traum vertreiben, von einem Katastrophentouristen, der vorher in der Türkei war, an einem Stausee, der bald ein Dorf und ein paar prähistorische Höhlen verschlucken wird. Manchmal findet sie etwas im Spülsaum, was zu einer Geschichte passt, die ihren Sinn nicht preisgeben will. Seepferdchen findet ein Faserbündel im feuchten Sand, sie überlegt laut „vielleicht von einer Bananenblüte" und murmelt leise „Schöne blonde Haare. Was hältst Du davon, wenn ich dich Mara nenne? Denn schliesslich kommst Du aus dem Meer." Dann findet sie noch eine Kappe vielleicht von so einem Stift, wie sie ihn die Touristen benutzen, um ihre Lippen, weiss zu machen, sie nennt diesen Stift „Esra". Dann schliesst sie die Augen, wie sie es immer tut, wenn sie darauf wartet, dass eine Geschichte aufsteigt, aber es bleibt dunkel, sie kann nichts sehen. Sie muss aufstehen, den Spülsaum weiter absuchen, bis sie etwas gefunden hat, was ein besserer Esra sein könnte, ein Krebsschere vielleicht?

Seepferdchen gleitet langsam mit ihrem Zeigefinger über die Schere, um so näher sie der Spitze kommt, um so mehr Widerstände ihr die Zacken der Schere entgegensetzen, um so stockender ihre Bewegung, desto tiefer sinkt sie ein, in den Traum. Jetzt glitzert der Sand so grell, dass sie die Augen schliesst, um in die Welt der Bilder einzutauchen, den Namen des Ortes am Stausee, den hat sie jetzt schon wieder vergessen, den hat die Flut der Bilder weggewaschen. Aber noch sind die Bilder unscharf, noch fehlt etwas. Erst als sie die Scheren des Krebses gegen sich selbst richtet, erst als sie ein Schmerz durchzieht, verschwindet der Schleier ganz, und sie kann Mara und Esra sehen, wie sie an einem Flüsschen sitzen, das mal ein Stausee werden soll.

Mara sieht Esra verliebt an: Mein Vater hält dich für einen Strassenräuber.

Esra: Ich bin doch nur ein Eierdieb.

Mara: Hühnerdieb!

Esra: Komm schon, ich habe die Hühner verschenkt.

Mara: Ach ja?

Esra: Es lag ein HünchenhungerDuft in der Luft.

Mara sieht ihn belustigt an.

Das magische BandWhere stories live. Discover now