José:
"José konzentriere dich!", fauchte Jare und schmiss mich auf den Boden. Das tat weh. "Kannst du nicht etwas schonender mit mir umgehen? Du willst doch nicht den einzigen Stern demolieren, der den Töter der Nacht ausschalten kann? Da hätten die anderen bestimmt keine Freude und schließen dich aus der Sternengemeinschaft aus", erwiderte ich spitz und rieb meinen Hinterkopf. Eigentlich genoss ich es, etwas spüren zu können, denn dies war mir jahrelang nicht möglich gewesen. Ich weilte als eine Erscheinung, einen Stern, wie uns die Menschen nennen. Doch nun war es mir möglich, Gefühle erleben zu können und auch wenn es seltsam klang, musste ich dem Necat nocturna für seine Existenz danken.
"Er wird dich auch nicht verschohnen, nur weil du ein Mädchen bist! Und wie du bereits erläutert hast, bist und bleibst du unsere einzige Chance einen weiteren Krieg zu verhindern. Wenn er sich erst vermehrt hat, wird es uns nicht mehr möglich sein, es unter Kontrolle zu halten. Also konzentriere dich endlich."
Böse starrte ich meinen Ausbildner an. Wieso musste er nur so streng, aber auch verdammt gut aussehen? Bestimmt wurde er als Mensch von den Frauen begehrt. Es war eine Blamage, wie ich da am Boden saß. Wütend rappelte ich mich auf und stellte mich kampfbereit hin.
"Ich gebe ja mein Bestes, wirklich. Aber vielleicht reicht es einfach nicht Jare." Er blickte mich an und knurrte: "Muss es aber." Und so begann ein weiterer Tag meiner Ausbildung.Vier Jahre war es nun her, dass der Töter der Nacht erwachte und ich verweilte immernoch in diesem blöden Loch. Wir befanden uns auf einer wunderschönen Lichtung, die Vögel zwitscherten und der Duft von Frische kam mit entgegen. Das saftige Grün der Wiese verleitete mich fast dazu, mich einfach hinzulegen, die Arme hinter den Kopf zu verschränken und zu schlafen - oder mich zumindest der Illusion des Schlafes hinzugeben.
Hinter den Bäumen kam die Sonne durch und wärmte angenehm meine Haut. Ich schloss die Augen und genoss den Moment. Doch plötzlich schüttelte es mich, sodass ich sie öffnen musste. Nun befanden wir uns im Dunkeln, im Nichts, in der Realität. Es war funkenstill und grauenhafte Leere erfüllte mich.
"Jare!", jammerte ich. "Das ist nicht witzig, ich will zurück zur Lichtung." "Dann konzentriere dich. Ich habe dir zuliebe die Gegend verändert, aber ich werde es auch sein lassen, wenn du nicht all deine Sinne nutzt."
Das war es, die verbitterte Wahrheit. Das Nichts, die Sternengemeinschaft. Nur ein Ausbildner konnte die Umgebung so verändern, wie ich sie gerne hätte. Wie unfair.
Denn wir waren lediglich ein Abbild unseres Selbst, ein Geist ohne Wirt und lebten im Universum. Wir waren die Sterne, welche Menschen liebten und mit romantischen Abenden verbanden. Naja, auch wir waren Menschen, solche, die eine strenge Ausbildung hatten, um in die Gemeinschaft nach dem Tod aufgenommen zu werden.Plötzlich erschien wieder die Lichtung und Jare vor mir. Erleichtert atmete ich aus. Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich den Atem angehalten hatte.
"José, bald steht die Prüfung bevor und wenn du die nicht bestehst, war alles umsonst." Müde verdrehte ich die Augen und betrachtete ausgiebig den Wald um die Lichtung, bevor ich mich ihm widmete.
"Ich weiß," erwiderte ich knapp und so starteten wir von Neuem.Voller Faszination blickte ich auf den, nun mittlerweile erwachsenen Mann hinab, der so gar nichts gemein mit dem Jungen hatte. Seine Pfausebäckchen waren verschwunden und haben einem Bart Platz gemacht. Er war weder verängstigt, noch schockiert oder verzweifelt, sondern sprühte vor Selbstbewusstsein. Nur die Kreise, in denen er verkehrte, waren dieselben, wie ich bedauerlich feststellen musste. Auch jetzt trug er noch zerschliessene Sachen, welche ihn unverkennbar zeichneten. Jeder Mensch mit Verstand würde ihm aus dem Weg gehen, doch nicht ich.
Einmal im Ghetto aufgewachsen, immer im Ghetto.
Damon Ganth wusste gar nichts über den Blutfluch den er in sich trug und vorallem hatte er keinen Schimmer, was er alles mit dieser imensen Kraft auslösen konnte.
Es waren die heiligen Brüder, die ihm diese Macht über Leben und Tod gaben, jene, die dachten, es sei eine gute Idee und eine Gabe, doch sie hatten die Menschen und deren Machtgier unterschätzt.
Gerne hätte ich ihm gesagt, was ich wusste, warum er zu diesem Menschen -dem Töter der Nacht- geworden war, warum er alle drei Monate aufs Neue eine Person töten musste, doch ich konnte nicht. Und er würde nie die Gelegenheit bekommen, es zu erfahren.Nervös begab ich mich als trügerisches Erscheinungsbild zur Halle. Meine hellen, weissen Haare fielen mir gewellt über die Schulter und bestimmt hatte ich rote Pfausebäckchen. Schon als lebender Mensch, hatte ich dieses Problem und wurde immer ein wenig aufgezogen. >>José das Rotbäckchen<< hieß es immer von meinem Bruder und Vater.
Ein stechender Schmerz machte sich in meinem Herzen breit, als ich an sie dachte und daran, dass ich sie alleine lassen musste in dieser grauenhaften Welt.
Es war Jahre her und sie weilten nicht mehr auf der Erde.
Entschlossen schüttelte ich meinen Kopf, so als könnte ich alleine mit dieser Bewegung die Gefühle und Erinnerungen loswerden und konzentrierte mich auf das Jetzt.
Die Eingangspforten waren mit Sternen verziert und ragten in erstaunlicher Höhe. Welch eine Ironie. Mit schweißnassen Händen und klopfendem Herzen, legte ich sie an die Griffe und mit einem unheimlichen Quitschen öffnete sie sich.
In dieser Halle wurden mir Prüfungen abgenommen. Nur Wenige waren überhaupt anwesend, was vorteilhaft war. So konnte ich mich besser konzentrieren und musste nicht daran denken, wie viele Sterne mich beobachten würden. Ich strich meine Kleidung glatt, schritt komplett in die Mitte und sah mich um.
In der vorderster Reihe saß mein Ausbildner, dem man selbst die Aufregung ansah, daneben einige fremden Sterne, die ich nicht kannte, aber wusste wer sie waren. Die Sternenführer...
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Fallen stars -the necat nocturna
FantasyWas, wenn du ein unbändiges Verlangen nach dem Töten hast? Was, wenn du ein Teil einer viel grösseren Geschichte bist und was, wenn die Sterne nicht vorgeben, das zu sein, was sie sind? Was, wenn sich eine Liebe entwickelt, welche bis dato ein unbek...