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Triggerwarnung- sensible Menschen könnte die Geschichte negativ beeinflussen.

Falls ihr jemanden kennt dem es schlecht geht(hilft diesem Menschen, auch wenn es schwer ist) , oder selbst betroffen seid, redet mit jemanden über eure Gefühle/Gedanken und sucht euch im Fall, dass ihr mit euren Problemen nicht zurecht kommt, ärztliche Hilfe. Es ist nicht schlimm sich in Therapie zu begeben. Und wenn ihr denkt, ihr hättet niemanden zum reden, dass ihr allein seid mit allem. Ich wäre erreichbar. Niemand sollte allein sein.

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Die Rollläden waren unten. In meinem Zimmer war es dunkel, bis auf die kleinen Streifen, an der Wand, der Sonnenstrahlen, die es doch schafften durch die Rollläden zu kommen.

Ich lag in meinem Bett. Den Kopf in mein Kissen gedrückt und die Decke hochgezogen bis zum Kinn. Meine Augen brannten vom weinen. Ich weinte zu viel. In meiner Brust spürte ich einen schmerzhaften Druck. Gleichzeitig könnte man diesen Druck als leere beschreiben. In meinem Hals war ein dicker Kloß. Er tat fast schon weh.

Ich drehte mich auf die andere Seite, um mein Nachtlicht anzuknipsen. Ich hatte Durst. Also richtete ich mich auf und griff nach meiner Mischung aus Eistee und Alkohol. Als ich dort so saß, fiel mein Blick auf ein Foto.
Sein Foto.
Sofort schossen mir Erinnerungen in den Kopf. Von unserem ersten treffen in Hamburg. Der erste Moment wo ich ihn sah. Das erste mal, wo er meine Hand nahm, wir uns küssten.
Ich fing an zu weinen.
Diese Erinnerungen. Dinge, die ich nie wieder mit ihm erleben werde. Dinge, die er jetzt mit seinem Neuem macht. Mit seinem Neuem, wegen dem er sich getrennt hat. Mich ersetzt hat. Weil er was besseres ist. "Scheiße", fluchte ich schluchzend und stand auf. Ich warf die Decke regelrecht von meinem Körper, ging, mit den Händen an meinem Kopf, zum anderen Ende des Raumes und wieder zurück, um mich auf meine Bettkante zu setzen. Ich starrte dieses Foto an. Es war doch schwachsinnig. Es war doch alles nur noch sinnlos. Ich fühlte mich so allein.

Meine Sicht verschwamm und ich versuchte mir meine Tränen aus den Augen zu wischen. Doch es gelang mir nicht. Stattdessen musste ich nur noch mehr weinen, bis mein Gesicht schmerzverzerrt war und ich mich vor mein Bett, auf den Teppich setzte und einfach meiner verzweiflung freien lauf ließ. Wie lange ich das tat, wusste ich nicht.

Es war das schlimmste Gefühl, was ich je gespürt hatte. Sein Verlust. Auf diese Art und Weise. Nie hätte ich gedacht, das etwas sich so schlimm anfühlen kann. Es fühlte sich viel schlimmer an als die Beziehung mit meinem Freund vor ihm. Dieser Mensch, der mich schlug und missbraucht hatte. Selbst dieser Schmerz und diese Wunden, waren nicht so schlimm wie das, was gerade passierte.

Ich legte meinen Kopf in den Nacken und versuchte mich zu beruhigen. Doch die Erinnerungen spielten sich ab wie ein Film. Am liebsten würde ich sie ausschalten. Einfach den Film ausschalten, die DVD aus dem Gerät nehmen, sie zerbrechen und in den Müll schmeisen. "Fuck, fuck, fuck!" Ich schrie und schlug mir selbst gegen den Kopf. Unerträglich.

Ohne zu wissen, was ich tat, beugte ich mich vor und griff nach dem Bilderrahmen, wo sein Foto eingerahmt war. Ich starrte ihm in die Augen. Diese Augen, die ich so wunderschön fand. Vermutlich würde ich nie wieder solch schöne Augen sehen. Nie wieder Glück verspüren, wenn ich in welche sah. "Ich will dich doch einfach nur hassen", wimmerte ich zu seinem Foto und strich mit dem Daumen über sein Gesicht. Dann hob ich meinen Arm und schmiss den Bilderrahmen zu Boden, sodass er in viele kleine Teile zersprang und mein Boden voller Scherben war.
Nun weinte ich stärker, viel stärker. Ich kauerte mich zusammen, zitternd. Vermutlich bekam mein Nachbar mit, dass ich weinte. Ich war lauter als ein Kleinkind.

Minuten verstrichen. Langsam bekam ich wieder Luft. Langsam hörten meine Tränen auf über meine Wangen zu laufen und von meinem Kinn zu tropfen. Langsam beruhigte ich mich. Nur die innerliche Unruhe, der Schmerz, wurde nicht weniger. Vermutlich würde er niemals aufhören. Nur schlimmer werden. Ich sah zu den Scherben, beugte mich vor und griff nach einer. Diese drehte ich in meinen Fingern, starrte sie an. Ich musste schmunzeln. "Was für ein scheiß", nuschelte ich. Meine Stimme klang gebrochen. Fast schon rau. Die Scherbe hatte die Form eines Herzens. Ein bescheuerter Zufall, dachte ich.

Ich hatte doch eigentlich keinen Grund. Wurde ich geliebt? Hatte ich Freunde, denen ich so wichtig war, dass sie traurig sein würden, wenn ich weg wäre? Eigentlich nicht. Es war schließlich meine Entscheidung, ob ich blieb oder starb. Meine Entscheidung wann ich starb, wie ich starb. Ich wollte keine dreiundzwanzig mehr werden. Es war zwecklos den Gefühlen stand zu halten. Für mich ergab nichts mehr Sinn.

Ich drehte die Scherbe und streckte meinen Arm aus. Meine rechte Hand zitterte, als wäre ich Unterzuckert. Ich schnappte nach Luft. Mein Herz schlug mir stark gegen die Rippen. Ich legte an, ein verzweifelter Schluchzer, ich zog.
Sofort ließ ich die Scherbe fallen und starrte auf das, was ich getan hatte. Das Blut rann mir aus dem Handgelenk und tropfte auf mein Bein.

Panisch drückte ich meine Hand auf die klaffende Wunde. Doch das stoppte die Blutung nicht. Starb ich? War das mein Ende? Mir wurde schummrig. Es würde Tage, vielleicht sogar Wochen dauern, bis jemand mich vermissen würde. Mich finden würde.

Mit vernebelten und verschwommenen Blick griff ich nach dem Foto. Blutige Fingerabdrücke waren nun auf seinem Gesicht. Ich schaute es an. Ich schaute es lange an. Meinen Arm ließ ich bluten. Den Schmerz der Wunde spürte ich nicht. Ich spürte gar nichts mehr.

Die Dunkelheit in meinem Zimmer. Der Scherbenhaufen. Das Foto. Ich. Das Ende.

The Dark Dead / GLP KurzgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt