Ungläubig starrte Arina ihn an.
„Jetzt sag doch bitte etwas." Rays Stimme brach durch die Stille. Anscheinend war er bemüht ihrem Blick standzuhalten, doch offensichtlich gelang ihm das nur schwer.
Arinas Hände waren zu Fäusten geballt, ihr Gesicht vor Wut verzerrt. Sie wollte es gerne aussprechen, ihn anschreien, ihm all die wirren lauten Gedanken ungefiltert an den Kopf schmeißen. Sie wollte ihm sagen wie erbärmlich er war. Was für ein rückgratloses Arschloch. Ihn fragen, wie gerade er, wie er unter allen Menschen in ihrem Leben, so eine Lüge hatte leben können. Aber ihre Lippen, aus denen sonst ohne Hemmung all diese Worte sprudelten, blieben stumm. Sie starrte ihn nur an, bis sich nach einer gefühlten Ewigkeit ihre Zunge löste.„Du bist meine Worte nicht wert.", kam es aus Arinas Mund. Schroff und tonlos. Sie warf ihm einen letzten Blick zu, drehte sich von ihm weg in Richtung der Tür und lief los. Keinen weiteren Augenblick würde sie ihn seiner Gegenwart verschwenden. ‚Verdammt, jetzt fang ja nicht an zu heulen', ermahnte sie sich selbst. Ihn ihren Augenwinkeln hatten sich Tränen gesammelt, doch sie blinzelte sie weg. Sie hörte wie Ray ihr nachlief. Die Dielen knarrten unter seinen Schritten. Sie lief etwas schneller, aber er holte sie ein. Er war jetzt nah bei ihr und streckte seine Hand nach ihrem Arm aus. Arina schnellte herum, die Hand immer noch zur Faust geballt und diesmal zum Schlag bereit. Doch einige Zentimeter bevor er sie berührte, hielt er inne. Eine gute Entscheidung.
Jetzt standen sie sich direkt gegenüber. Viel zu nah. Arina war nach Weinen und Kotzen zu mute.
„Ernsthaft. Es ist mir sowas von scheißegal, was in deiner Vergangenheit gelaufen ist." Arina spuckte die Worte nur so aus. „Aber weißt du was ich hasse? Mehr als all den anderen verfickten Scheißdreck? Menschen, die das eine predigen und das andere leben." Ihre Körper bebte. „Und das gerade DU so ein Mensch bist. Dafür hab' ich keine Worte." Sie schaute ihn an, mit so viel Wut und Verachtung, wie sie nur in einen Blick legen konnte. „Und jetzt lass mich gehen. Bevor ich dir jeden Knochen breche und deine Bude in Kleinholz zerlege." Mit diesen Worten drehte sich Arina um, lief den letzten Meter bis zur Tür, öffnete diese und schritt hindurch.
Ray hatte seinen Arm inzwischen sinken lasse und war stehen geblieben. Er blickte ihr wortlos hinterher. Ihr war das völlig egal. So laut sie konnte, schlug sie die Tür hinter sich zu.
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Rebel Me | Sammlung
Short StoryIn einer unterdrückten Gesellschaft kämpfen Arina und ihre Kollegen für die Freiheit. Freundschaft, Liebe, Streit und Konflikte machen das Leben im Widerstand nur komplizierter. Diese Geschichte beinhaltet Prompts (kurze Schreibübungen), Kurzgeschic...