12. Kapitel

9 4 0
                                    

Auf meinem Weg nachhause kämpfte ich mit den Tränen. In meinem Kopf war nur noch das Bild von seinen glasigen Augen und den blauen Flecken die er am ganzem Körper hatte.

Ich wusste nicht, wie es jetzt weiter gehen soll und ob ich überhaupt nachhause wollte, doch ich hatte keine andere Wahl.

Zuhause angekommen wartete meine Mutter auf mich. Sie saß mit einer Tasse Kaffee in der Hand im Esszimmer und lächelte mich freundlich an.

"Ich weiß nicht, wo du dich in letzter Zeit immer herum treibst, in der Schule bist du jedenfalls nicht. Ich will dich nur wissen lassen, dass du jederzeit auf meine Hilfe zählen kannst."

Ich nickte.

Danach ging ich hinauf. Ich wollte ihn loswerden.

Als ich den Türgriff meiner Zimmertüre umschloss überkam mich ein kalter Schauer aus Angst und Wut. Wenn er diesmal nicht verschwinden würde....

Fest entschlossen drückte ich die Türklinke nach unten und zu meiner Überraschung stand er auch schon mitten im Zimmer.

Ich stockte. Plötzlich fiel mir das Atmen schwer, ich schrie. Ich schrie so laut ich konnte, doch der schwarze Mann regte sich nicht. Meine Mutter kam von unten die Treppen hoch gelaufen, ihre weichen Hände umschlossen meine Taille während ich immer noch schrie. Sie zog mich nach hinten und schloss die Türe, erst dann schaffte ich es mich zu beruhigen.

"Was ist denn los, Engelchen?" fragte sie mich während sie mir meine Haare aus dem Gesicht strich und mich immer noch nicht los ließ.

Ich antwortete nicht und so verweilten wir am Gang. Die ganze Zeit musste ich weinen, ich konnte nicht mehr damit aufhören.

"Es geht um Pete, ich muss ihm helfen." sagte ich plötzlich. 

"Pete?" fragte meine Mutter verwundert, doch ich sagte nichts mehr. Ich löste mich aus ihrer Umarmung und ging in ihr Schlafzimmer. Noch immer wunderte es mich, dass ich ihre Umarmung überhaupt so lange ausgehalten habe. 

Sie kam mir nach.

"Was war los, warum hast du so geschrien?"

Eine Weile sagte ich gar nichts. 

"Hast du ihn nicht gesehen?" fragte ich dann zaghaft.

"Wen gesehen?"

Den schwarzen Mann! wollte ich sagen, doch ich brachte kein Wort heraus.

Stumm saß ich da und rührte mich nicht vom Fleck.

"Ich kann dir helfen." sagte sie dann noch, doch als ich selbst darauf keine Antwort gab, gab sie es auf und ging wieder nach unten.

Danach habe ich noch sehr, sehr lange geweint, zum einen aus Verzweiflung, zum anderen aber auch aus Mitleid wegen Pete. Er tat mir einfach so unfassbar leid.

Doch der nächste Tag brach bald an und warum auch immer entschloss ich mich zur Schule zu gehen. Als ich dort ankam wartete wie immer niemand auf mich. Es wäre ja nicht so, als würde mich das wundern, doch manchmal stelle ich mir vor wie es wäre, wenn es anders wäre. Wenn doch jemand auf mich warten würde.

Bei diesem Gedanken musste ich lächeln. Es war als würde ich mich selbst auslachen für die unnötigen Hoffnungen die ich mir jeden Tag machte.

'Als ob dich jemals irgendjemand leiden könnte!' lachte ich über mich selbst und so betrat ich das Klassenzimmer.

Ich konnte selbst nicht glauben wen ich da sah, es war Pete. Doch er schaute mich nicht an. Ich glaube er hat gar nicht mitbekommen, dass ich soeben durch die Tür kam und auf dem Weg zu meinem Platz - also irgendwie auch zu ihm - war.

Es hört sich vielleicht dumm an aber ich dachte echt wir sind jetzt sowas wie Freunde und dass er mich vielleicht sogar begrüßt, da ich ja bei ihm zuhause war. Auch wenn ich sofort wieder gegangen bin und das für ihn sicher komisch war.

Ich hatte mir eigentlich auch vorgenommen heute mit ihm zu reden. Nur ein "Hallo", das hätte mir gereicht, doch ich brachte kein Wort raus.


Beauty and BlackWo Geschichten leben. Entdecke jetzt