Im Foyer hing eine elegante Girlande „Goodbye Mary Angelique", die den ankommenden Gästen den Grund ihres Daseins ins Gedächtnis rief. Nachdem sie vom Dienstmädchen begrüßt worden waren, die ihnen den Weg anzeigte und einen ersten Drink anbot, begaben die Gäste sich durch die Tür neben der Treppe, aus deren dahinter liegenden Raum leise Musik ertönte. Der Festsaal war schlicht in gelben Farben geschmückt. Blumen-bouquets, warmes Licht und ein Buffet mit allerlei noch verdeckten Speisevarianten sorgten für eine erst Mal entspannte Atmosphäre. Auf der Leinwand hinter der kleinen Bühne prangte das Wappen der Hogwarts Schule. Die Türen zum Garten hin standen offen und auf der Terrasse waren noch ein paar Tische und Stühle aufgestellt worden.
„Wunderbar. Das sieht alles sehr gut aus." Zufrieden nickte ich in die Runde der Bediensteten. „Ms South, bitte gehen Sie schon mal zur Haustür, falls die ersten Gäste ankommen. Onkel Ash ist meist zuverlässig zu früh. Ms Oley, das Buffet kann Punkt acht Uhr eröffnet, ja?"
Unsere Köchin und Putzkraft nickte. „Natürlich, Ms. Ihre Mutter wäre untröstlich."
„Sicher. Und Sie halten sich mit den Getränken bereit, Mr Sidelow."
Leise murmelte ich: „Perfekt wie eh und je." Denn in meiner Familie ware Feste und Veranstaltungen zu jedem erdenklichen Anlass ein Muss. An Weihnachten, Ostern, Halloween, Sylvester, Sommerferienbeginn zu einer neuen großen Errungenschaft, der Geburt eines neuen Familienmitgliedes und so weiter und so weiter. Nur Geburtstagsfeiern hatten wir noch nie groß gefeiert. Das Älterwerden war keine Leistung, sondern ein unausweichliches Übel, sagte mein Vater stets. Ansonsten wurde jede Möglichkeit genutzt, den Anderen zu zeigen, wie toll man Feste geben konnte und was man nun wieder für neue tolle Dinge besaß oder konnte. Eigentlich mochte ich auch alle Feiern. Ich war damit aufgewachsen und hatte ein recht enges Band zu meinen Cousinen und Cousins, da wir uns so oft sahen. Nur dieses Fest hätte mir sehr gestohlen bleiben können. Ich hatte es nie gewollt, aber meine Eltern bestanden darauf, dass alle an meinem Abschied teilnehmen sollten. Denn ab Montag fuhr ich für ein fast Jahr fort. In Wirklichkeit fuhr ich nach Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei. Denn ich war eine Hexe, so unglaublich meine Eltern das auch finden mochten. Und nein, ich war keine elf Jahre alt und würde in übermorgen zum Abenteuer meines Lebens aufbrechen. Ich war 16 und kannte niemanden im ganzen Schloss.
Meine Verwandten wussten natürlich nichts von meiner Begabung. Sie glaubten, ich würde nach der zehnten Klasse ein Jahr nach Schottland gehen, um meinen Horizont zu erweitern. So etwas war eigentlich nicht üblich bei uns. Klar ging ab und zu jemand nach der Schule eine Zeit lang weg und Auslandssemester an der Uni waren die Regel. Aber ich war erst sechzehn und hatte mich ausschließlich auf die Schule und einen makellosen Abschluss zu konzentrieren. Aber die Situation machte die Ausrede notwendig.
Als ich kaum fünf Minuten später im Saal stand und mich mit Sarah, meiner großen Schwester, unterhielt, läutete auch schon die Türklingel. Meine Eltern kamen zu uns, damit wir gemeinsam die ersten Gäste empfangen konnten.
In der Flügeltür erschienen Onkel Ashton, Tante Ella, ihre Tochter Jessica und ihr Bruder Mason. Jess war genau wie Sarah 18 Jahre alt und gerade mit der Schule fertig. Beide wollten ab Oktober BWL studieren. Da Jess unsere einzige Cousine in Sarahs Alter war, verstanden die beiden sich am besten. Sie waren unzertrennlich, wenn sie sich sahen. Auch ich mochte Jess wirklich gerne, aber meine Lieblingscousine war Lucy. Sie war schon 30, hatte aber das wärmste Herz von allen in der Familie. Außerdem war ihr Mann Mathew ebenfalls super lieb und ihr sechsjähriger Sohn Mitchell super süß. Mason war nur ein paar Monate älter als ich und damit ein Cousain, mit dem ich mich sehr gut verstand.
Ich trat auf meinen Onkel zu und begrüßte ihn herzlich, ebenso seine Frau, Jess und Mase. Wir blieben kurz im Gesprächskreis stehen, bis es erneut klingelte und Großtante Alison Grace mit ihrem Ehemann Tyler-John und den Kindern Großcousine Maisie und Großcousine Viktoria durch die Tür schritten. Sie wurden begrüßt und Maisie, die 15 Jahre alt war, kam gleich zu mir, um mich über mein Auslandsjahr auszufragen. Ihre Schwester war neun und klebte erstmal an Maisies Rockzipfel.
Immer schneller traf nun die ganze Calm-Writhe Verwandtschaft ein und der Saal füllte sich gut. Die Letzten waren Lucys Bruder Lucas mit Ria und ihrem zweijährigen Engel Luna.
Als alle da waren, bestieg ich die Bühne, was den Saal verstummen ließ. Ich schnappte mir das Mikro und lächelte meine Familie an. „Ich freue mich, dass ihr alle zu meiner Abschiedsfeier gekommen seid. Die Entscheidung, mich so früh aus dem Schoß der Familie heraus zu begeben, ist mir nicht leicht gefallen. Doch ich glaube, dass diese Erfahrung mich selbstständiger und stärker denn je machen wird. Natürlich falle ich dadurch ein Jahr in der Schule zurück, aber ich weiß sowieso noch nicht, was ich studieren möchte, was mir die Kurswahl erheblich erschweren würde. Jetzt habe ich ein Jahr mehr Zeit, herauszufinden, was ich möchte und welchen Weg ich in Zukunft gehen werde.
Es wird heute kein großes Programm geben, sondern eine gemütliche Runde. Selbstverständlich mit einem kleinen Buffet und Erfrischungsgetränken. Gegen 21 Uhr werden meine liebe Schwester, mein Brüderchen und ich euch mit einer kleinen Musikeinlage unterhalten. Ich wünsche uns allen einen schönen Abend!" Leichter Applaus schloss meine Begrüßungsrede und ich nickte dankend.Kaum dass ich von der Bühne war, fingen mich Verwandte ab und wollten alles mögliche wissen. Erst als das Buffet eröffnet wurde, hatte ich endlich Luft, um mich zu „den Kindern" zu begeben. Die Kleineren, Viktoria, Mike und Mitchell rannten im Garten herum. Die Größten, Jess und Sarah saßen abseits mit einem Glas Wein auf einer Bank. Mase, Maisie und Jasper standen auf der Terrasse im Kreis und lachten. Ich stellte mich zu ihnen und atmete durch.
„Erschöpft von den Verhören?", fragte Maisie.
Ich verdrehte die Augen. „Die sind alle so neugierig. Man muss alles drei Mal erzählen und dann kommen die mehr oder weniger unterschwelligen Vorwürfe dazu. Aber hey, bald bin ich ja weg." Ich zuckte grinsend mit den Schultern.
„Aber auch weg von uns.", erinnerte mich Mase, „Du wirst fehlen auf den ganzen Festen."
„Ich weiß. Darüber bin ich auch traurig. Aber wir können immer Skypen und ich schicke euch Fotos aus den Highlands. Außerdem komme ich in den Ferien nach Hause."
„Also zwei Mal im Jahr.", stellte Maisie fest, „Eigentlich drückst du dich doch nur vor dem Notenwettbewerb!"
Wir lachten und ich erwiderte: „Na klar, was denkst du denn? Jeder würde versuchen, dem zu entkommen."
Eine weitere sehr spezielle Tradition der Familie. Auf dem Fest zum Sommerferien beginn mussten alle Schulkinder auf die Bühne und ihre Noten verlesen. In verschiedenen Kategorien bekamen der oder die beste Preise und Applaus. Außerdem entschieden die Verwandten danach wie viel Geld jeder für sein Zeugnis verdient hatte. Dieser Wettbewerb sollte uns anspornen und unser Konkurrenzverhalten fördern. Aber natürlich war es jedes Mal eine Tortur, vor allem für die nicht so guten Schüler. Ich befand mich im guten Mittelfeld und so war er mir eigentlich egal.
„Ich finde es doof, dass du gehst.", sagte mein Brüderchen Jasper plötzlich.
Ich seufzte. „Das haben wir doch schon tausend Mal durch. Es ist nur ein Jahr. Dann bin ich wieder dauerhaft hier."
Mein kleiner Bruder schmollte. Er wusste ganz genau, was ihn erwartete. Da Sarah raus aus der Schule war und ich weit weg, lag der ganze Druck meiner Eltern in Bezug auf Schulnoten auf ihm. Das tat mir furchtbar leid und ich wäre auch lieber hier geblieben. Ich musste nur nach Hogwarts gehen, weil mein Hauslehrer letztes Jahr von diesen bösen Zauberern getötet worden war. Ich hatte dieses ganze Zeug von den Todessern und Harry Potter nie richtig verstanden. Doch im letzten Jahr waren überall in Engalnd merkwürdige Dinge geschehen und viele Personen verschwunden. Die Muggelmedien hatten irgendwelches undurchsichtige Zeug gebracht und mein Hauslehrer hatte versucht, mir alles zu erklären und mir Tipps für meine Sicherheit gegeben. Doch obwohl ich eine Hexe war, lebte ich vollkommen in der Muggelwelt. Die Zauberei war eine Art Hobby für mich. Doch jetzt musste ich plötzlich nach Hogwarts und sie zu einem Full-Time-Job machen.
Der Abend lief sehr gut. Das Essen war lecker, ich unterhielt mich hauptsächlich mit Mase und Maisie und um 21 Uhr spielten Sarah ich etwas auf der Violine in Begleitung von Jasper am Klavier. Bis Mitternacht waren alle Gäste gegangen und dann beaufsichtigte ich noch das Aufräumen.
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Soo, jetzt haben wir erst Mal Angy und ihre etwas spezielle Familie kennengelernt.
Wie sich so ein muggelhaftes Mädchen wohl in der magischen Welt schlägt?
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Muggelblut in Slytherin
FanfictionAngy liebt ihre Muggelwelt, in der es ihr nicht an Geld, Freunden und materiellen Gütern mangelt. Aber da ihr Privatlehrer für Magie im Zweiten Zaubererkrieg den Todessern zum Opfer gefallen ist, muss sie für ihr letztes Schuljahr doch noch nach Hog...