Wie jedes Mal ließ sie ihn gewähren, ertrug die Schläge auf ihren Körper mit sturer Ruhe, akzeptierte die Schmerzen. Er verfolgte sein Verlangen, die Rache dafür, dass sie ihn verlassen hatte und das Verlangen vergrößerte sich mit jedem Mal, dass sie ihn traf, dabei dachte er nicht über ihre Motive nach, sah in ihr nicht mehr als ein Objekt, das er nach belieben benutzen konnte. Sie wiederum hatte alles genau geplant, berechnend ließ sie einen weiteren Schlag auf ihren Bauch zu, spürte, wie ihr die Luft aus den Lungen gepresst wurde, sah schwarze Punkte vor ihren Augen, bevor sie wieder zu Atem kam. Bald würde es soweit sein, bald war sein Ende gekommen. Er formte jetzt ihren Körper nach seinem Willen, tat mit ihr, was er wollte, aber sie konnte nur an die Zukunft denken, an seine Schreie, wenn sie sich endlich rächen würde. Sie ließ ihn gewähren, denn bald würde es soweit sein.
Bevor er mit ihr fertig war und sich von ihr löste, summte ihr Smartphone. Fabienne stieß ihn von sich und griff danach, bat ihn um eine kurze Pause, die er ihr mit einem sardistischen Grinsen gewährte. Er dachte, dass er ihr einen Gefallen tat und sie sich danach dafür revancieren müsste. Sie öffnete die Nachricht.
"Ich wollte mich von dir verabschieden. Es gibt keine Worte, um dir das leichter zu machen, doch du trägst keine Schuld, das haben andere zu verantworten. Lebe dein Leben, genieße es, jeden Augenblick davon"
Ihr Gehirn setzte aus, einzig das Bedürfnis, seinen toten Körper zu sehen oder zu versuchen, das zu verhindern hielt sie noch auf den Beinen. Sie griff nach ihrem Rucksack und öffnete im zur Tür laufen den Reißverschluss und als sie die Stimme ihres Exfreundes hinter ihr hörte, spürte wie er nach ihrer Schulter griff und sie herumriss, stach sie mit dem langen Messer in ihrer Hand zu. Fabienne hatte geplant, seine Leiche verschwinden zu lassen, die Spur von ihr selbst abzulenken. Niemand hätte ein 13-jähriges Mädchen verdächtigt, doch nun war es dafür zu spät. Zufriedenheit erfüllte ihren ganzen Körper, als das Messer bis zum Griff in ihn eindrang, für einen Moment vergaß sie die Nachricht und das Zittern ihres Körpers hörte auf. Es war ein zeitloser Moment und um ihn in seiner ganzen Schönheit sehen zu können, trat sie einen Schritt zurück, hielt die Leiche jedoch weiterhin aufrecht.
Sie hatte nicht gezielt, dennoch war das Messer perfekt in sein Auge eingedrungen und direkt weiter in das Gehirn, nicht einmal seine Gesichtszüge hatten genug Zeit gehabt, um sich von Wut in Entsetzen zu verwandeln. Ein leichtes Rinsal aus Blut floss sein Gesicht hinunter, rote Tränen, die ein Spiegelbild ihrer waren, als sie vor Glücksgefühlen weinte.
Dann wurde ihr bewusstsein wieder klar, der Moment verblasste und sie war sich ihres eigentlichen Ziels wieder bewusst. Der Junge war viel zu schwer, um ihn zu beseitigen und ohnehin hatte sie dafür keine Zeit, also würde das das letzte Mal gewesen sein, dass sie in diesem Haus war. Das fand sie nicht allzu schade.
Sie ließ die Leiche langsam zu Boden sinken, um keinen Laut zu verursachen. Ihre Eltern würden erfahren, wer sie wirklich war, dass sie im Innern eine Jane war. Eine Killerin. Melodie, ihre zweite Persönlichkeit, applaudierte in ihrem Kopf und forderte sie auf, weiterzugehen, ihr die Kontrolle zu überlassen, ihre Eltern ebenso zu ermorden, durch die Straßen zu ziehen, doch ihr Verstand weigerte sich. Ein Cake war tot, ein Freund von ihr und damit wäre ihr Leben ebenso vorbei, doch noch nicht, die Zeit war noch nicht reif, erst mussten die sterben, die die Schuld an seinem Tod trugen, danach konnte sie sich das Messer, genauso wie ihrem Exfreund ins Gehirn rammen und damit ihr Leben beenden. Sie wollte nicht allein sein, hatte sich geschworen, niemals jemanden zu verlieren, ohne selbst dabei zu sterben und die Zeit dafür würde kommen, doch mit Melodie an ihrer Seite musste sie erstmal amdere töten.
Fabienne zog das Messer aus dem Körper ihres ersten Opfers und merkte, dass sich das Auge mit aus der Höhle löste und hängenblieb. Blut quoll aus dem Loch, doch bei weitem nicht so viel, wie sie erwartet und gehofft hatte. Sie strich das Messer mitsamt dem Auge an der Kleidung des Jungen ab, zog sich noch einmal um, damit die Blutspritzer niemandem auffielen und ging vollkommen unschuldig mit dem Rucksack aus dem Haus, wendete sich zur nächsten Bahnstation und machte sich auf den Weg dorthin, wo sie ihren toten Freund vermutete. Sie würde nicht mehr alleine sein. Ein abartiges Lachen stieg in ihr auf und obwohl sich Blicke auf sie richteten, konnte sie es nicht unterdrücken, während ihr ganzer Körper wieder zu zittern begann.