Black Swan

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Alle starren. Viele flüstern. Ein paar lachen. Wenige lächeln aufmunternd, freundlich. Einzelne kommen zu mir und sagen mir ihre unübersehbare Meinung direkt ins Gesicht. Es heißt der Mensch sei ein Gewohnheitstier, doch weder die Gänsehaut auf meinen Armen, noch das schwere Gefühl in meiner Brust deutet auf irgendeine Art der Gewöhnung dieser unangenehmen Begrüßung hin. Dabei kenne ich es nicht anders. Bin es nicht anders „gewöhnt“.

Die Menschen, die mich lieben sagen mir ständig den selben Satz: „Anders zu sein ist nichts schlechtes. Es macht dich besonders!“ Sie haben Unrecht. Anders zu sein bedeutet nicht besonders zu sein, es bedeutet einsam zu sein. Wer jetzt glaubt das wäre schlichtweg eine Konsequenz, wie Nebenwirkungen schließlich eine Konsequenz von Medikamenten sind, hat meinen Punkt nicht verstanden.

Die Einsamkeit ist kein nerviger Anhang, sie ist das große Ganze. Anders oder wie eben zitiert „besonders“ zu sein, bedeutet nichts anderes als nicht wie die zu sein, von denen man umgeben ist. Man ist einsam in einer Menge von Menschen, die sich ähneln.

Es gibt viele Formen dieser Einsamkeit, viele Formen von „anders sein“. Bei einer Form ist es sichtbar. Dann lassen dich die Blicke der andern nicht mehr los. Sie starren als wärst du eine Museumsaustellung oder der schlimmste Parasit, dem sie je begegnet sind. Diejenigen, die versuchen den Blick respektvoll abzuwenden, sind noch die angenehmsten und dennoch werden auch sie, sobald es zu persönlicher Interaktion kommt, dich ablehnen, weil sie denken dies wäre das kleinere Übel als versehentlich die eigenen Augen nicht im Zaum halten zu können.

Bei einer anderen Form ist es so unscheinbar, dass viele es sich nicht mal selbst eingestehen können anders und somit auf ewig einsam zu sein. Doch selbst wenn sie es erkennen und akzeptieren, bleibt das Verständnis der andern Menschen aus. Sobald es keine Krankheit ist oder auf andere Weise bewiesen werden kann, dass du nicht hinzugehörst, fühlen sie sich angegriffen. Sie denken du hebst dich selbst auf ein Podest auf welchem kaum einer stehen will.

Dieses Podest wurde errichten von Menschen die ebenfalls anders sind, doch die es geschafft haben die Menge um sich herum mit ihrer „Besonderheit“ zu verzaubern. Mit einem mal wirst du nicht zu einer/m AußenseiterIn sondern zu etwas, was jede/r begehrt, jede/r anstrebt. Je nachdem wie der Weg dich führt kannst du in einer psychiatrischen Anstalt, als Berühmtheit oder als dunkler vergessener Schatten der Gesellschaft enden.

Ich weiß nicht wohin mein Weg mich führt. Ich weiß nur, dass er steinig und schwer wird. Ich weiß auch, dass aufgeben leichter wäre, verführerisch leicht. Noch ist das jedoch keine Option. Noch werde ich kämpfen und die Steine besteigen statt sie zu umrunden. Noch bin ich stolz darauf ein schwarzer Schwan unter weißen zu sein.

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