Embrace me

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Erschrocken riss er die Augen weit auf, starrte in die Dunkelheit.
Sein Herz schlug schnell. Viel zu schnell für seinen Geschmack.
Sein Atem rasselte leise und unkontrolliert.
'Ruhig... Es ist alles gut...', dachte er, schluckte trocken und richtete sich langsam auf.
Er achtete bewusst auf seine Atmung um sich selbst zu beruhigen.
„Nur ein Albtraum...", murmelte er zu sich selbst.
Er schwang seine Beine über den Rand des Bettes, spürte den Boden unter seinen nackten Füßen.
„Nur ein beschissener Albtraum...", wiederholte er.
Seine Atmung wurde langsamer, auch sein Herz beruhigte sich.
Er legte die Arme auf seine Oberschenkel, ließ den Kopf leicht hängen und schloss die Augen. Wieder blitzten Bilder vor seinem inneren Auge auf, die ihn erschrocken nach Luft schnappen ließen.
'Diese verfluchten... Wenn ich die erwische mach ich sie kalt!'
Er biss die Zähne zusammen, stand auf und verließ leise sein Zimmer. Er musste raus, frische Luft schnappen, auf andere Gedanken kommen.
Die Bilder, die ihn selbst in seine Träume verfolgten, ließen ihn einfach nicht los, sodass er nicht einmal gemerkt hatte, dass er immer noch keine Schuhe trug. Erst als er das feuchte Gras unter seinen Füßen spürte, blickte er an sich hinunter. Er trug immer noch nur seine Shorts und das T-Shirt. Beides war leicht zerknittert.
Einen Moment lang überlegte er, ob er noch einmal hinauf gehen und sich umziehen sollte, verwarf den Gedanken allerdings sofort wieder. Es war mitten in der Nacht! Wer also sollte ihn so sehen?
Er hob den Blick, sah in den Himmel. Dünne Wolken verdeckten immer wieder die Sterne. Der Mond war nur eine schmale Sichel. In ein oder zwei Nächten wäre er gar nicht mehr zu sehen.
Er wusste, zu Neumond waren die Albträume immer am schlimmsten. So ging es schließlich schon seit ein paar Monaten.
Seit er entführt worden war.
Wieder biss er die Zähne zusammen, ballte die Fäuste. 'Diese Bastarde! Das werden sie büßen!'
Erneut versuchte er sich mit bewusstem Atmen selbst zu beruhigen. Er würde sich nicht von ein paar Albträumen einschüchtern lassen. Er war nicht schwach! Ganz und gar nicht!
Und trotzdem... war da etwas in ihm, das er nicht benennen wollte, weil er genau wusste, was es war. Angst.
Er begann leicht zu zittern, schlang die Arme um sich. Ja, er hatte Angst. Abscheuliche Angst davor, dass er wieder Ziel dieser Verbrecher werden könnte, dass sie ihn wieder entführen würden um ihn auf ihre Seite zu ziehen. Angst davor, wieder von den anderen gerettet werden zu müssen. Angst davor, den anderen nur im Weg zu stehen, ein Klotz am Bein zu sein.
Eine heiße Träne löste sich aus seinem Augenwinkel und suchte sich ihren Weg über seine Wange nach unten.
Die Verzweiflung darüber, dass er rein gar nichts hatte ausrichten können, ließ ihn in sich zusammen sinken.
'Ich bin nicht schwach...', dachte er, kniff die Augen zusammen. Weitere Tränen gesellten sich zu der ersten, brannten auf seiner Haut, tropften auf seine Shorts und durchnässten sie.

~*~

Izuku konnte seit einigen Wochen schon nicht mehr richtig schlafen. Unruhig lag er im Bett, starrte ein Loch nach dem anderen in die Decke über sich und wartete darauf, dass die Müdigkeit siegte.
Innerlich war er aufgewühlt durch die Ereignisse der letzten Zeit. Er schaffte es nicht, einfach abzuschalten, seine Gedanken Gedanken sein zu lassen, sie hinter sich zu lassen.
Dabei war es doch eigentlich so einfach. An nichts denken und langsam in den Schlaf gleiten.
Er hatte schon so vieles versucht.
Schäfchen zählen war nur ein Punkt auf der langen Liste. Eine Variante, die er aber überhaupt nicht mochte. Es ärgerte ihn immer, wenn er sich verzählte und war danach munterer als vorher.
Er hatte verschiedene Atemtechniken probiert, aber selbst das brachte ihm nicht die nötige Ruhe.
Mit einem Seufzen setzte er sich auf, zog sich seine Trainingssachen an und beschloss noch etwas Laufen zu gehen. Vielleicht würde ihn das etwas müder machen.
Leise nahm er die Treppen des Wohnheims nach unten, öffnete dann die Tür und trat nach draußen.
Die Nachtluft empfing ihn mit einer kalten Umarmung und ließ ihn frösteln.
Er blickte sich um und blinzelte. Da kauerte jemand im Gras, nicht weit von ihm entfernt.
Der Mond wurde gerade von einer etwas dichteren Wolke verhüllt, sodass Izuku die Umgebung nur als Schattierungen wahr nehmen konnte.
Langsam wurde es heller. Die Wolke zog weiter. Das fahle Licht der Mondsichel erhellte nun die Gestalt.
Der grünhaarige blinzelte erneut. Er kannte diese Person. Er kannte sie wie niemand anderen. Die blonden Haare, die Muskeln, dieser Rücken!
'Kacchan...', dachte er. 'Warum hat er nur so wenig an?'
Einer inneren Eingebung folgend zog er seine Trainingsjacke aus, ging langsam auf den anderen zu.
Das Gras raschelte leise unter seinen Schritten, doch Katsuki schien dies gar nicht zu bemerken.
Izuku blieb hinter ihm stehen, legte ihm dann seine Jacke über die Schultern. „Was tust du denn hier draußen?", fragte er ganz leise.

Embrace me (deutsche Version) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt