Es ist der 30. Juni 2019, ein herrlicher, sonniger Tag. Laut knatternd starten die Dykes on Bikes ihre Motorräder in der 26.th Street und führen damit, wie in jedem Jahr, die Gay Pride Parade in New York an.
Es ist ein wichtiges Datum; fünfzig Jahre sind seit dem Aufstand in der Christopher Street vergangen. 1969 war das Jahr in welchem die Lesben, Schwulen und Transgender sich zum ersten Mal lautstark gegen die Willkür der Polizei gewehrt, Scham in Stolz verwandelt und damit eine Bewegung in Gang gesetzt haben, die sich wellenartig über den ganzen Planeten ausgebreitet hat.
So vieles hat sich seit damals verändert!
Am Straßenrand, unbeachtet von der feiernden Menge, stehen zwei alte Männer. Sie halten sich bei den Händen, beobachten das bunte Spektakel und sie lächeln.
All diese schönen, jungen Menschen, die sich für diesen Tag fantasievoll zurecht gemacht haben, wie für eine Party; sie waren größtenteils noch nicht einmal geboren, als damals alles angefangen hat...
Es war Anfang Juni in Greenwich Village, New York, ein warmer Tag ging zu Ende und der Abend dämmerte gerade herauf. Stiles hatte sich vor dem Kleiderschrank für die hellblaue Jeans mit dem Schlag entschieden, die am Arsch so schön eng saß; dazu hellbraune Stiefeletten und ein enges, weißes Hemd, das bis zum Brustbein aufgeknöpft war. Er war frisch rasiert und gefiel sich gut mit seinem leicht gewellten, beinahe schulterlangen, braunen Haaren.
Stiles war wieder einmal knapp bei Kasse, aber er war jung und süß, die Kerle umschwirrten ihn, wie die Schmeißfliegen und dieses Outfit sollte ebenfalls seinen Teil dazu beitragen, dass er auch heute Abend wieder einmal ein paar Gratisdrinks abstauben würde.
Eigentlich hätte er um diese Uhrzeit längst nichts mehr auf der Straße zu suchen gehabt und schon gar nicht an einem Treffpunkt für Homosexuelle wie dem „Stonewall Inn" in der Christopher Street, aber er wirkte reif für sein Alter und war zudem ein Publikumsmagnet, also sagte niemand etwas, wenn er eintrat und wenn ihn dann wirklich einmal die Bullen aufgriffen, und das war schon einige Male vorgefallen, dann mussten sie ihn nach einer Nacht in der Zelle wieder freilassen, denn er war schließlich erst siebzehn.
Er zog die hölzerne Eingangstür auf und im Inneren des Lokals empfingen ihn Zigarettenrauch, Enge, laute Musik und das muntere Geschnatter der Gäste. Es fühlte sich beinahe an wie Zuhause. Stiles war sich der Köpfe, die sich nach ihm umdrehten sehr wohl bewusst. Er marschierte selbstbewusst auf die Bar zu, begrüßte ein paar bekannte Gesichter und nahm auf einem der Hocker Platz.
Es dauerte keine fünf Minuten, ehe sich so ein Kerl neben ihn setzte, ihm ungefragt ein Bier bestellte und ihm auch sogleich auf die Pelle rückte. Der Typ war etwa Mitte fünfzig, verschwitzt, strähniges, schütteres, halblanges Haar und an seinen Absichten ließ er nicht den geringsten Zweifel.
Viele der Männer hier in diesem Laden hielten Stiles zunächst für irgend so ein leichtfertiges Ding, das sie einfach so mitnehmen konnten, wenn sie Lust darauf hatten, aber er war anders, als viele andere Jungs in seinem Alter, die hier herumstreunten. ER entschied, mit wem er mitging und er war sehr wählerisch. Dieser Typ heute begriff jedoch offensichtlich nicht, wenn man Nein zu ihm sagte, streckte immer wieder seine gierigen Finger nach Stiles aus, bot ihm schließlich sogar Geld an und es war ja auch nicht so, dass dieser es nicht hätte gebrauchen können, dennoch wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, auf so ein Angebot einzugehen. Schließlich musste sogar der Barkeeper Stiles zu Hilfe kommen. Er schaffte ihm diese Klette vom Hals, indem er ihn kurzerhand vor die Tür setzte.
Eigentlich war der Abend für Stiles da schon gelaufen, seine Stimmung war mies und er dachte darüber nach, nun einfach wieder nachhause zu gehen. Warum er es dann doch nicht tat, hätte er selbst nicht sagen können, jedoch würde er sein Leben lang dankbar dafür sein, denn etwa eine Stunde später betrat ein Fremder die Bar und als Stiles ihn erblickte, stockte ihm schlagartig der Atem. Der Kerl war ein Soldat in Uniform, den schweren Rucksack mit seinem Marschgepäck trug er immer noch auf dem Rücken. Sein schwarzes Haar war militärisch kurz geschoren und der Blick aus den großen, grünen Augen war ernst und in sich gekehrt. Er war groß, breit, schön und stark, wie einer der Comic-Helden, die Stiles als Kind so geliebt hatte und nun, da er einmal einen Blick auf diesen Mann geworfen hatte, wollte er nur noch eines: Er wollte ihn haben!
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Stonewall Lovers
FanficEs ist der Sommer 1969. Die Lesben, Schwulen und Transgender New Yorks lehnen sich erstmals gegen Unrecht, Willkür und Polizeigewalt auf. Inmitten dieses Aufstands kommen sich der junge Ausreißer Stiles und der Kriegsheimkehrer Derek näher. (STEREK)