Der erste und einzige Teil

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Der Tag, an dem ich beschloss das vier Jahre lang andauernde Ignorieren meiner Grundschulliebe, Benjamin (auf Englisch bitte) Lieberman zu beenden, war zu gleich der Beginn der neunten Klasse und einer sehr merkwürdigen Geschichte.

Der Montag fing relativ entspannt an, wegen eines Lautsprecherschaden meines Handys, klingelte der altmodische, nervend laut tickende, Wecker mit diesen riesigen Glockendingern. Schwerfällig, aber dennoch leichtfüßig für einen Morgenmuffel, stieg ich aus meinem Bett und schlug erstmal mein Fenster zu, welches ich pflegte über Nacht stets offen zu lassen.

Mein erster Badbesuch war ein kurzer Toilettengang und ein Spritzer Wasser ins Gesicht, der nachträgliche Entscheidungszoff mit meinen Klamotten blieb mir, dank Mamas klugen Vorausdenken, erspart, denn ich hatte mir mein "Erster-Schultag-Outfit" schon gestern rausgelegt. Eine enggeschnittene schwarze Jeans und ein schlichtes weißes T-Shirt.

Mein Frühstück fiel bescheiden wie immer aus, was aber auch daran lag, dass ich heute einen sehr waghalsigen Schritt in Richtung Überwindung gehen musste bzw. wollte, und ich deshalb nicht einmal mehr zwei Apfelschnitzen hinunterwürgen konnte, auch wenn er (der Apfel) gar nicht schlecht schmeckte. Mama sah mich mit sorgenvoll an. Sie dachte wahrscheinlich nach, sagte aber nichts und widmete sich wieder dem Gesellschaftsteil der SZ während meine kleine Schwester, Berenice (oder einfach Berry) Schokomüsli in sich hinein schaufelte und Vati für jeden Semmeln schmierte.


Die Aula war voll, hier würde ich es garantiert nicht tun, nicht nach sechs Wochen intensiver Vorbereitung. Dazu war mein Plan zu durchdacht. Nein, der Plan sah vor: ich würde IHN in der ersten Pause im Gang zu den Chemiesälen abpassen. Ich wusste durch eine geheime, anonyme Quelle, dass er seine ersten Stunden in Chemie 3 hatte. Und da ich oben im zweiten Stock meine "first two lessons" haben sollte , hatte ich, nach Pausengong, genau 4 Minuten um das Treppenhaus runterzustürmen, durch die Aula zuhetzten und den Fachsaal-Gang entlang zurennen, um IHM meinen Unmut zu gestehen. Mit viel Glück würde ich ihn vielleicht sogar allein erwischen, wenn nicht...meine Scheiße, das würde dann peinlich werden.

„Hey du!" Das klang doch verdächtig nach...Yeaaa, meine geheime und anonyme Quelle oder auch Beste Freundin stürmte auf mich zu. Ihren Kopf zierte eine Rotschwarze Cap namens Amsterdam und um ihre Schulter schlackerte eine weiße Addidas-Tasche. Lillith, die auch mit ihren roten Haaren an einen kleinen Teufel erinnerte. Naja, klein war sie nun wirklich nicht.

„Hey wie wars bei dir", fragte sie und ich sagte so gelassen wie möglich, „Die vier oder fünf Tage ohne dich? Recht angenehm!" Wir mussten grinsen, Lillith war nicht nur meine Geheime Quelle und Beste Freundin, sie hatte auch die ganzen sechs Wochen mit mir den Situations-Änderungsplan-Operation-Benjamin ausgetüftelt und zwischendurch einen MCU-Marathon zusammen mit mir hingelegt. Und wir teilten unsere Leidenschaft schmutzige Gedanken in der Welt zu verbreiten.

„Uuund? ... Immer noch fest entschlossen wegen OPB (Geheimcode für Operation Benjamin)?" „Durchaus" „Ich hoffe bloß ,inständig, dass es das wert war. Ich mein diese Geschichte hat mir meine wohl verdienten, hart erarbeiteten Sommerferien vollkommen aufgefressen. Der Gedanke wurmt mich" Sie machte ihr Ich-bin -sauer-auf-dich-weil-du-mir-meine-Schokolade-geklaut-hast-Gesicht.

„Ach komm, was hättest du sonst getan?" Das hätte ich vielleicht doch lieber lassen sollen. „Also, erstens ausschlafen, jeden Tag um sechs aufstehen nervt, zweitens essen, auch wenn ich's sonst auch nicht unterlasse, aber vielleicht noch ein bisschen mehr und ich würde viel im Schwimmbad rumhängen. Mich in der Sonne uhlen, mich im kühlen Nass abkühlen und natürlich mit heißen, nur mit Badeshorts bekleideten, Typen bis zum Umfallen flirten. Ach und vielleicht einmal, wenn ich gerade mit Christian Grey auf den Malediven urlaube, kommt eine kleine hilflose WhatsApp meiner besten Freundin, die sich im grauen Deutschland in ihrem Zimmer langweilt, dass sie in Verzweiflungskomplexen, Selbstzweifeln und Entscheidungsschwierigkeiten ertrinkt und Erdbeereis und Vollmilchschokolade in sich hinein schaufelt. Ja so würden meine wunderschönen, verfressenen und...heißen", ein Augenzwinkern, „Sommerferien wohl aussehen" Wir mussten lachen.

Young Old LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt