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Sweet Pea war noch nie verliebt gewesen. Nein, er kannte kaum solche komischen Gefühle.
Er war misstrauisch und schnell mal zu direkt, aber vor den Serpents konnte er das sein. Vor allem vor Fangs. Sein bester Freund hatte ihn noch nie verurteilt, er kannte ihn und akzeptierte ihn einfach so wie er nun mal war.
Manchmal war Sweet Pea impulsiv, aber Fangs beruhigte ihn, konnte sogar dann mit ihm reden. Das konnte sonst niemand. Fangs kannte Sweet Pea auch von anderen Seiten, die fast niemand kannte. Sweet Pea konnte auch einfühlsam sein und sehr gut zuhören. Er war immer für seine Freunde da und bereit alles für sie zu tun. Er war nicht einfach nur ein Gangmitglied, es war sein Lebensinhalt. Er hatte in den Southside Serpents seine Familie gefunden.
Vor allem in Fangs. Fangs kannte seine Gedanken, Meinungen. Er wusste, was er mochte und was er abgrundtief hasste. Er kannte sein Lieblingsessen und seine Schlafposition. Sweet Pea war vor Fangs überzeugt davon gewesen, dass es wahre Freundschaft nicht geben konnte. Er hatte niemandem bisher so vertraut wie ihm. Er kannte all seine Geheimnisse und Erlebnisse. Ansonsten konnte das niemand von sich behaupten. Manchmal erschreckte es den grossen Jungen, wieviel der Andere über ihn wusste. Aber meistens gab es ihm die Sicherheit, die er wirklich brauchte. Zu wissen, dass es jemanden gab, dem man alles erzählen konnte, war das höchste Gut in einer Freundschaft.
Sie teilten alles miteinander, vom Essen bis hin zu Gedanken und Erlebnissen. Sweet Pea würde fast behaupten, Fangs war seine Person. Die Person, die man als Notfallkontakt im Krankenhaus angibt, oder die man nach einem harten Tag einfach nur um sich haben möchte. Das war Fangs.
Fangs hatte ihn bisher einmal weinen sehen, hatte ihn getröstet. Er war immer da gewesen, egal was mit Sweet Pea war.
In der letzten Zeit war es jedoch komisch geworden. Sweet Pea hatte das Gefühl alleine schon beim Gedanken daran den Verstand zu verlieren. Fangs war so wie immer, nicht anders als sonst. Dennoch hielt Sweet Pea seine Nähe fast nicht aus. Er wollte ihm noch näher sein und da er dies nicht konnte, hatte er das Gefühl, bald durchzudrehen. Aber er konnte ihm dies nicht sagen und diese Freundschaft zerstören. Wer weiss schon, wie Fangs reagieren würde?
Der grosse Junge runzelte die Stirn bei seinen Gedanken. Fangs lag neben ihm. Plötzlich fiel ihm regelmässiges Atmen schwer. Sweet Pea verdrängte seine komischen Gefühle so gut er konnte, aber es war verdammt schwierig. Warum nur, hatte er diese komischen Gedanken und Gefühle ausgerecht für Fangs? Er wusste es selbst nicht. Das Leben war schon so schwierig genug, er brauchte nicht noch dieses Gefühlschaos.
Vielleicht war die Grenze zwischen Freundschaft und Liebe einfach verwischt?
Vielleicht musste er ihn weniger sehen, um sich dessen klar zu werden?
Keine Ahnung.
Fangs drehte sich zu ihm.
„Alles okay? Du atmest so schwer.." er stützt sich mit dem Arm ab. Mit der anderen Hand berührte er Sweets Arm. Verdammter Fangs! Warum schlief er nicht?
„Ja. Alles okay." krächzte Sweet Pea.
„Sweets, hast du Fieber? Du bist ja ganz heiss." Fangs macht das Licht an. Sweet Pea wollte im Erdboden versinken.
„Nein nein.. Alles in Ordnung." er lächelte nervös und sah Fangs an.
Fangs hob eine Braue, dann stand er auf und holte ein Glas Wasser.
Er kam zurück und reichte ihm das Wasser.
„Danke." Sweet Pea trank gleich alles aus. Sein Hals fühlte sich trocken an, so als hätte er Lampenfieber.
Fangs sah ihn eindringlich an, er sah blass aus.
„Kannst du nicht schlafen?" er versuchte es mit einer Gegenfrage.
„Nein, mein Kopf will nicht aufhören zu denken." meinte Fangs und fuhr sich durch die Haare.
„Dann reden wir, bis wir müde sind. Okay?" er lächelte ihn an.
„Klingt gut." Fangs nickte und lächelte ihn auch an.

*

Am nächsten Morgen wachte Sweet Pea auf und hatte Fangs im Arm. Er hatte ihm nichts gesagt, er konnte einfach nicht. Stattdessen hatten sie stundenlang geredet. Bis Fangs eingeschlafen war.
Der warme Körper neben ihm fühlte sich so gut an. Es war schon ein paar Mal passiert, dass sie so eingekuschelt geschlafen hatten. Fangs schien dies nicht zu stören, noch ein Hinweis mehr: Freundschaft und Liebe brauchten unbedingt eine klarere Grenze. Es konnte doch nicht sein, dass er nicht schlafen konnte, wenn Fangs nicht neben ihm lag. Das hatte nichts mehr mit Freundschaft zu tun! Sie wohnten praktisch gemeinsam, aber keiner hatte es benannt. Fangs war jeden Tag hier, seit seine Mom gestorben war. Fangs hatte nur noch Sweet Pea und beide wussten das. Vorher war er manchmal mitten in der Nacht zu ihm gekommen, da er nicht schlafen konnte. Fangs erzählte ihm von seinen Sorgen und vor seiner grössten Angst, seine Mom zu verlieren. Fangs fand keine Ruhe, erst als er an seine Wohnungstür klopfte. Sweet Pea hatte mit der Zeit angefangen damit zu rechnen, deshalb schlief er eher einen leichten Schlaf und war sofort wach, wenn er das Klopfen hörte.
Fangs schlief am Anfang auf der Couch, Sweet Pea deckte ihn jeweils zu. Es war rein freundschaftlich. Als seine Mom dann starb, konnte Fangs fast gar nicht mehr schlafen. Er konnte nicht alleine sein, das war der grösste Grund dafür.
Einmal lag er weinend auf der Couch, Sweet Pea ging aufs Klo und hörte ihn. Es zerriss ihn innerlich, seinen besten Freund so verzweifelt zu sehen und zu hören. Wortlos hatte er Fangs sanft am Arm gepackt und mitgenommen. Sie lagen nebeneinander im grossen Bett, er tröstete ihn wortlos und streichelte ihm über den Rücken, während der Andere einfach trauerte. Das waren ein paar sehr schwierige Monate gewesen.
Fangs hatte sich schon mehrmals bedankt, auch mit Taten. Er hatte Sweet Pea unendliche Male Frühstück gemacht, oder die Wohnung geputzt. Er war sehr aufmerksam und kein undankbarer Mensch.
Bei Pop's hatte Fangs einen Job angefangen und Sweet Pea verbrachte viel Zeit bei der Arbeit im La Bonne Nuit. Sie waren also ständig zusammen. Und es war nie nervig, oder unangenehm. Ausser dieser Gefühle, die waren nicht angenehm.
Fangs roch so gut, Sweet Pea liebte seinen Geruch. Es war so vertraut, dass es ihm beinahe den Magen verdrehte. Er hatte Angst, dass er ihn verlieren könnte, wenn er ehrlich war.
Sweet Pea versuchte sich zu befreien, ohne ihn zu wecken.
„Morgen.." Fangs nuschelte müde.
Sweet Pea zog schnell seinen Arm weg.
„Morgen." er klang heiser.
„Frühstück?" Fangs sah ihn an. Sweet Pea nickte müde.
„Sorry, ich habe dich wach gehalten." Fangs biss sich auf die Lippe.
„Schon okay Fangs, wir sind für einander da. Es spielt keine Rolle dabei, wie früh, oder wie spät es ist." er lächelte.
Fangs musste nichts sagen, also stand er auf und ging kurz ins Bad. Sweet Pea blieb liegen und streckte sich ausgiebig. Er war so froh, dass er nun diese Wohnung hatte. Der Wohnwagen war okay gewesen, aber auch nicht mehr als das. Die Wohnung fühlte sich mehr wie ein Zuhause an und Sweet Pea war stolz darauf.
Als er in der Küche Geräusche wahrnahm, ging er auch ins Bad. Er duschte und merkte, dass er endlich etwas wacher wurde. Er kam aus dem Bad und es roch wunderbar, nach Toast, Spiegeleiern und Kaffee.
Fangs hatte Musik gemacht und sang vor sich hin. Er hatte kaum etwas an, das half Sweet Pea nicht dabei, seine Gefühle zu verdrängen.
„Kaffee?" Fangs streckte ihm die Tasse hin.
„Danke." er nahm die Tasse und setzte sich.
Fangs war fertig und setzte sich zu ihm, er trug lediglich Boxershorts, während Sweet Pea ganz bekleidet da sass. 

SchlangenbissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt