Teil 1 von 1

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"Noch eine Minute"

"Maus, es ist 8 Uhr, du musst jetzt wirklich schlafen, sonst bist du morgen total müde", sagt Mama.

"Aber...", das Hörspiel ist gerade so spannend.

"Nein, keine Diskussion"

Ich weiß, dass ich jetzt nicht diskutieren kann.

"Gute Nacht", murmle ich.

Bevor Mama den Raum verlässt, sage ich "Mama, ich will auch mal Fußballer werden, aber Anna und Lion haben gesagt, das geht nicht, weil ich ein Mädchen bin"

Mama dreht sich um und setzt sich zu mir aufs Bett.

"Ja und? Mädchen können auch Fußball spielen"

"Aber nicht gut", gebe ich traurig zu.

"Das stimmt nicht. Mädchen spielen genauso gut Fußball wie Jungs."
"Aber ich will kein Mädchen-Fußballer werden. Ich will ein Jungen-Fußballer werden."

"Ach Leonie. Du bist auch eine, das sehen wir mal in ein paar Jahren."

Als Mama aus meinem Zimmer rausgeht, macht sie die Tür zu. "Maaamaaa", schreie ich so laut es geht. "Was schreist du denn so?", fragt sie, nachdem sie die Tür geöffnet hat.
"Tür auf.", sage ich und zeige mit meinem Finger auf meine Tür. Als Mama den Raum wieder verlässt, bin ich schon halb am Schlafen. Ich träume von meinem Wildekerle-Hörspiel. Ich bin ein Teil davon und stehe auf einer dreckigen Wiese und habe kurze Haare. "Leo", schreit mich einer der Jungs an. Ich brauche ein wenig, bis ich merke, dass ich gemeint bin. Dann drehe ich mich um und sehe wie ein Ball auf mich zu geflogen kommt. Ich mache mich bereit und "TOOOOOR".

Am nächsten Morgen wache ich auf, weil Lisa auf mein Bett springt. "Lisaaa", grummle ich verschlafen. "Was soll das?" Meine kleine Schwester kichert und läuft aus dem Raum.

Oh nein. Heute ist ja erst Donnerstag. Mir wird schlecht. Ich will nicht in die Schule. Ich will nicht in die Schule. Ich mag das Lernen zwar. Ich mag Englisch. Ich kann schon sehr viel sagen. Sogar "I would like to order a coke" (aber den Satz habe ich auch lange geübt). Aber ich hasse Mathe. Ich kann das nicht. Und meine Lehrerin mag mich nicht. Sie hat zu Mama gesagt, dass ich seltsam bin. Sie sagt ich rede zu wenig. Sie soll mal froh sein, dass ich nicht durch den Raum schreie und Papier auf alle werfe, so wie die Jungs hinten. Ich habe Angst vor der großen Pause, aber ich habe inzwischen einen Ort gefunden, wo niemand ist, hinter dem Spielplatz, im Gebüsch. Dort warte ich, bis ich das Klingeln höre und hoffe, dass mich niemand entdeckt.

Mama hat oft Gespräche mit meinen Lehrern. Ich weiß nicht warum. Ich habe gute Noten und ich störe nicht. Mama möchte, dass ich auf eine neue Schule gehe.

Am Freitag gehen wir gemeinsam dort hin und schauen sie uns an.

Als wir ankommen habe ich wieder dieses Unwohlsein im Bauch. "Mama, ich will nicht"

Sie streichelt mit über den Kopf und antwortet: "Du musst auch nicht. Wir gucken nur einmal und dann können wir immer noch entscheiden." "Aber ich will gar nicht die Schule wechseln, es ist gut auf meiner Schule, die Kinder lassen mich fast immer in Ruhe, auf einer neuen Schule sind sie bestimmt noch gemeiner.", als ich das sage merke ich, wie meine Augen feucht werden, ich hasse das. Nur Babys weinen. Ich bin schon 7 Jahre alt!

Mama nimmt mich an die Hand und zieht mich in das Gebäude. Wir gehen in einen sehr großen, sehr unaufgeräumten Raum und werden von einem großen, dünnen Mann mit Glatze und Brille begrüßt. Er gibt erst meiner Mama die Hand: "Herzlich Willkommen Frau Miller" und dann beugt er sich zu mir runter, bis er auf Augenhöhe ist. Da ich ein ganz bisschen klein bin und er sehr groß ist, sieht das ziemlich lustig aus. "Hallo Leonie, ich bin Herr Spielmann, der Schulleiter von dieser Schule"

Leo(nie)Where stories live. Discover now