01. Kondome

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Dianas Sicht

Müde lasse ich mich nach einer heißen, wohltuenden Dusche auf meinem Bett fallen und stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren. In letzter Zeit sind sie mein Heiligtum geworden und das Haus verlasse ich kaum noch ohne Musik auf den Ohren.

Die Musik hilft mir, die Gedanken abzuschalten, die mir seit dem Tod meines Vaters andauernd im Kopf herumschwirren. Musik betäubt und hilft mir neue Kraft zu gewinnen und nach vorne zu blicken. Trotzdem schaffe ich es einfach nicht die Vergangenheit hinter mir zu lassen und wieder Lachen zu können.

Es fühlt sich jedes Mal wie ein gewisser Verrat an meinem Dad an, der sein Leben lang nur dafür gesorgt hat, dass Will, Quinn und ich versorgt waren und alles hatten, was andere Kinder in unserem Alter besaßen. Es war egal, ob er dafür die Nächte durcharbeitete und schlief, während wir in der Schule waren. Dad hatte alles für uns getan und in mir keimte immer wieder ein schlechtes Gewissen auf, weil ich ihn in der Zeit vor seinem Tod nur wenig besucht habe.

Stattdessen habe ich meine Zeit lieber damit verbracht mit Männern zu schlafen und auf Partys unterwegs zu sein. Ich wusste, dass er es mir nicht übel genommen hat, aber zu wissen, dass wir ihn so plötzlich und viel zu früh verloren haben, reicht aus, damit ich mich schlecht fühle.

Unsere Mutter hat uns verlassen als ich gerade einmal zwei Jahre alt war. Sie bevorzugte es, laut Quinn, mit einem reichen, alten Knacker, um die Welt zu jetten und ein Leben im Luxus zu führen.

Ich habe keine Erinnerung an meine Mutter und kann auch niemanden vermissen, den ich nicht kenne, aber es hat mir leid getan, dass Will und Quinn den Streit und all die vorherigen Auseinandersetzungen immer mitbekommen haben.

Welches Kind hört seinen Eltern schon gerne beim Streiten zu?

Jedenfalls ist sie nie wieder in unserem Leben aufgetaucht und hat auch nicht auf die Einladung zu Beerdigung reagiert, die wir ihr an ihre letzte Adresse geschickt haben. Natürlich nur aus reiner Höflichkeit. Eigentlich haben wir drei direkt gewusst, dass sie nicht einmal den Anstand hat zur Beerdigung ihres Ex-Mannes zu kommen. Egal, wie viel böses Blut geflossen ist – das ist eine Frage des Respektes.

Ich schalte einen Song weiter, der weniger traurig ist und lächle, als ich daran denken muss, dass dieser Song bei Quinn und ihrem Mann Noah auf ihrer Hochzeit lief und Quinn, Avery und ich uns die Seele aus dem Leib getanzt haben.

Quinn und Noah haben eine harte Zeit hinter sich und ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass sie jemals wieder zueinander finden, doch glücklicherweise hat sich alles zum Guten gewendet. In gewisser Weise habe ich jetzt so etwas wie einen Neffen, auch wenn er nicht der Sohn von Quinn ist, sondern nur von Noah. Aber das ist okay.

Familie ist Familie und besonders nachdem unser Vater gestorben ist, verbringen wir drei viel mehr Zeit miteinander. Selbst Will nimmt sich jetzt sogar ausreichend Zeit und kann seine Arbeit als Oberarzt in einem Krankenhaus für einen Tag in der Wochen vergessen.

Ich zucke zusammen und werde aus meinen Gedanken gerissen, als Maggie vor mir steht und die Kopfhörer in ihrer Hand baumeln lässt.

»Kannst du nicht wie jeder andere Mensch im Jahre 2019 deine Musik über eine Box hören, wenn du zuhause bist? Ich hasse es, dass du nie etwas hörst, wenn ich dich rufe. Stell dir mal vor wir werden überfallen und mir wird ein Bein abgehackt. Du würdest nicht einmal meine qualvollen Schreie hören, weil du diese Dinger benutzt!«

Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, als meine beste Freundin und Mitbewohnerin mich sauer ansieht.

»Für dich gibt es keine Psychothriller mehr, okay?«, erwidere ich grinsend und setze mich auf. »Außerdem höre ich Musik über die Kopfhörer, damit ich nichts höre. Nicht einmal meine eigenen Gedanken«, sage ich und brauche nicht einmal hinzusehen, um zu wissen, dass sie mit den Augen rollt.

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