Kälte. Dunkelheit. Schmerz. Einsamkeit. Taubheit.
Allein diese Eindrücke waren alles was ich hatte. Ein kleiner enger und dunkler Raum. Kein menschlicher Kontakt und keine Möbel. Vielleicht befand ich mich in einem Keller, vielleicht auch in einer Garage. Ich wusste es nicht. Das einzige was ich wusste war mein Name. Ein Name der mir nichts brachte. Seit ich aufwachte war ich alleine. Es gab niemanden der mich mit meinem Namen hätte ansprechen können. Einsamkeit. Meine größte Angst und meine derzeitige Situation. Aber war ich einsam? Kann man wirklich einsam sein, wenn das eigene Bewusstsein mit einem spricht. Gedankensprünge. Mal hier, mal da. Nichts war klar und doch war geistige Klarheit das einzig positive an meiner derzeitigen Situation. Eine Klarheit die ich mir nicht erklären konnte. Eine Klarheit die mich zweifeln ließ. Zweifeln an der Realität. War das was ich erlebt hatte real? Konnte eine identische Übertragung meines Albtraums in meine Realität, oder was ich solche zu erkennen glaubte, realistisch sein? Ich weiß es nicht.
Zeit.
Ein Begriff den ich kenne, eine Konstante die sich stetig verändert. Sie existierte nicht. Es schien keine Zeit zu vergehen und an nichts konnte man die vergangene Zeit nachvollziehen.
Ich war also von Raum und Zeit getrennt. Realität wurde zu Vorstellung und Vorstellung zu Realität. Die Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit verschwammen. Ich begann zu zweifeln. Was war der Unterschied? Beides konnte individuell wahrgenommen werden und keiner weiß was ein andere sieht. Ist Fantasie also Wirklichkeit oder ist Wirklichkeit Fantasie? Noch eine Frage auf die ich die Antwort nicht wusste.
Die Dunkelheit blieb während ich weiter grübelte und meinen Gedanken folgte. Ich ließ mich fallen, blendete das dunkle Nichts um mich herum aus. Ich wusste nicht wie lange ich schon hier war, da Zeit keine Rolle mehr spielte. Angst. Quälend schmerzende Angst hatte mich fest im Griff und trotzdem konnte ich klar denken. Wie paradox, wie unwahrscheinlich. Ich musste tot sein. Ist das das Leben nach dem Tod? Bin ich wirklich tot? Wie merkt man das man tot ist? Müsste es nicht Hinweise geben? Ein schwebender Zustand, Schmerzlosigkeit? Doch ich hatte Schmerzen. Furchtbare Schmerzen deren Herkunft mir unklar war. Mein Körper fühlte also konnte ich nicht tot sein. Doch was war dann mit mir? Denn das das nicht die Realität war wusste ich nun. Vielleicht ein Traum. Was sonst? Es konnte nur ein Traum sein. Doch dann erreichte mich eine Stimme. Eine leise besorgt klingende Stimme. Sie redete mit mir. Sie nannte meinen Namen. Ihre Worte waren sanft gesprochen: "Es tut mir leid. Es ist alles meine Schuld. Ich hätte besser auf die Straße achten sollen."
Straße? Langsam setzten die Synapsen meines Gehirn ihre Arbeit fort. Nach ein wenig Zeit wurde es mir bewusst. Der Unfall. Ich hatte einen Autounfall und dann schwarz...
Kälter. Dunkelheit. Schmerz. Einsamkeit. Taubheit.
Ein Koma. Ich lag im Koma. Man hörte oft von Komapatienten und der Theorie sie könnten alles mithören. Nie hätte ich gedacht ich wäre irgendwann so eine Patient. Eine Nachricht die am Rande erwähnt wird. Eine Tragödie die schnell als uninteressant gilt. Eine Schlagzeile über die nur einmal berichtet wird. Koma. Ein Mysterium der Isolation. Wie lange lag ich schon im Koma? Wer war die Stimme? Oder die Person zur Stimme? Was war passiert? Konnte ich aufwachen oder wenigstens sterben? Ich wollte nicht im Koma liegen. Ich wollte Klarheit, nicht diesen Zwischenzustand. Ich wollte Hilfe. Aber keiner kam. Die Stimme verließ mich und ich hörte auf zu kämpfen. Mein Körper gab meinem Geist nach und ich verblasste. Verblasste so wie Narben verblassen und hinterließ eine Geschichte. Eine Geschichte an die sich nur die Stimme erinnern würde. Eine Geschichte die ich selbst nie kennenlernte.