Zwei Knöpfe

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Ich atmete tief durch. Das hier war jetzt wichtig.

Warum ausgerechnet ich?

Ich schüttelte leicht den Kopf. Natürlich wusste ich warum sie mich geschickt hatten. Ich kenne ihn. Besser als jeder andere Mensch.

Aber wenn man jetzt davon ausgeht, dass er mein bester Freund oder sowas sei, dann liegt man deutlich falsch. Deutlich.

Das erste Mal als ich ihn getroffen habe, stand ich am Anfang meiner Karriere. Ich hatte schon immer ein Faible für Naturwissenschaften, besonders für Physik. Die typische Faszination von Magneten aus dem Kindergarten hat mich bis ins Erwachsenenalter begleitet. Ich liebe es einfach, wenn ich mir die Phänomene um mich herum erklären kann.

Was bringt uns denn sonst das Menschsein?

Und genau diese Liebe zur Wissenschaft hatte mich in das Labor von Dr. Kreuzig gebracht. Er galt schon immer als komisch, selbst in meinem Studium habe ich bereits von ihm gehört.

Dass er seine Mitarbeiter vergrault, aber nicht nur indem er unhöflich und besserwisserisch sei, sondern dass seine „Aura" die Leute verstörte.

Trotzdem war er, nichtsdestotrotz, ein Genie. Und dabei war er gerade mal 7 Jahre älter als ich.

Da ich von Gerüchten sowieso nichts hielt, war ich mehr als motiviert als ich meinen ersten Arbeitstag anging.

Ich erinnere mich noch genau an unsere erste Begegnung...

Ich atme tief durch und klopfe an Dr. Kreuzigs Büro.

Endlich nach dem langen Studium komme ich endlich mal raus aus dem Vorlesungssaal.

Ein dumpfes Herein ertönt von der anderen Seite der Tür.

Ich öffne die Tür, trete ein und sehe den Wissenschaftler das erste Mal persönlich.

Der Mann ist ein Stück größer als ich und schreibt gebannt etwas auf eine Tafel. Eine von drei Tafeln die im Raum stehen. Über und über vollgeschrieben mit allerlei Formeln aus verschiedenen Teilbereichen der Physik. In den Ecken stehen deckenhohe Regale mit zerlesenen Fachbüchern aus allen möglichen Bereichen.

Der Wissenschaftler steht immer noch mit dem Rücken zu mir.

Bring mir einen Kaffee. Schwarz. Ohne alles.", höre ich seine Stimme brummen.

Was? Ich bin doch keine Sekretärin!

Aber wahrscheinlich gehörte das dazu...

Und die weitere Zeit verlief genauso. Ab und zu zeigte er mir etwas an den Tafeln, aber er sprach oft mehr zu sich selbst als zu mir. Außerdem ordnete ich die Bücher wieder ins Regal, nachdem Dr. Kreuzig wie von einer unsichtbaren Macht gepackt eines der Bücher aus dem Regal zog und es wie wild aufschlug um etwas nachzusehen. Nach diesen Ausbrüchen warf er es oft achtlos zu Boden. Wenn das passierte, seufzte ich kurz und hob das Buch wieder auf und ordnete es sorgfältig ein.

Wir sprachen nicht viel miteinander, eigentlich nie. Wenn ich zu laut war, erntete ich einen bösen Blick. Aber das konnte ich verstehen. Bei wichtigen Gedankengängen unterbrochen zu werden, kostete Zeit. Und Zeit war Geld.

Nach ein paar Jahren bekam ich ein Angebot für eine Stelle die mehr in meiner Nähe war und ich nahm sie an. An meinem letzten Tag war alles wie immer, kein besonderes Wort des Abschieds. Etwas anderes hatte ich auch nicht erwartet. Trotzdem spürte ich, wie ich bereits begann, den komischen Wissenschaftler zu vermissen.

Dass ich ihn jedoch so wiedersehen musste, hätte ich niemals geglaubt.

Die Jahre hatten Dr. Kreuzig wohl um einiges verändert. Denn sonst würde ich ihn nie unter diesen Bedingungen wiedersehen.

Zwei KnöpfeWhere stories live. Discover now