Kapitel 1

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Mein Rücken schmerzte so sehr als ich den letzten Karton auf mein Bett stellte. Obwohl wir auch nur zu dritt waren war unser Zimmer eins der größten in dem Flur, was mich sehr gefreut hatte, dennoch fragte ich mich ob nicht doch die Finger von Zoyas Vater im Spiel waren, weil ich doch so mitbekommen hatte, dass die Gruppe in dem Flur neben uns sich schon letzes Jahr für das Zimmer in der Größe eingetragen hatte und wir uns erst im Juli dafür eingetragen hatten und sofort den Zuspruch bekamen. Doch darüber wollte ich mir gerade eigentlich keine Gedanken machen, sondern eher über die Erleichterung nachdenken, die ich verspürte nach diesem verdammten letzten Karton, den ich jetzt auch geschafft hatte hoch zu bringen. Doch Mist! Jetzt musste ich dieses verdammt schwere Ding noch einmal anheben und mir einen Platz zum sitzen verschaffen. Ich entschied mich jedoch mich auf den Schreibtisch zu sitzen, der noch aufgeräumt war, wo ich mir aber relativ sicher war, dass sich das in nächster Zeit ändern würde. Ich liebte es mich auszubreiten. Schließlich musste sich eine Wohnung anmerken lassen, dass dort jemand lebte. Das wirkt gleich persönlich und wir Menschen lieben das doch. Ich war genau dabei mich hinzustezen, als Zoya mit ihrem Handy in der Hand dann rief: „Er hat mir geschrieben. Yusuf hat mir geschrieben. Fuck, er hat mir geantwortet. Ich dachte da kommt nichts mehr. Gott endlich!"

Yusuf war ebenso ein Kunst Student in Seoul. Wir hatten ihn auf den Infoveranstaltungen und Sitzungen, die wir das vergangene Jahr über wöchentlich besucht hatten kennengelernt. Schon bei dem Vorstellungsgespräch, als wir ihn zum ersten Mal im Vorraum bemerkt hatten, war Zoya auf ihn aufmerksam gewesen, womit ich meine, dass sie ihn hübsch fand und er genau ihr Typ war. Bei dem zweiten Mal hatten wir als Gruppe dann auch mit ihm geredet und er passte einfach so gut zu uns. Wir ladeten ihn sofort zu dem nächsten Kunst Abend ein, was ein von uns entwickeltes Ritual war. Mindestens einmal alle zwei Wochen trafen wir uns gegen Abend bei Fajar und machten Kunst. So nahm der Begriff Kunst eine noch schönere Bedeutung und einen noch wertvolleren Platz in unseren Leben ein. In meinem zu mindest. Wir setzten uns einfach in die Mitte des Raumes, zündeten Kerzen an und hatten dazu nur das Licht von einer Stehlampe, was unsere Werke beleuchtete, auch wenn das Licht manchmal nicht ganz reichte und ab und zu eine Taschenlampe in Einsatz kommen musste um den genauen Ton der Farbe zu erkennen, die man gerade auf das Papier aufgetragen hatte; die Situation mit dem Licht machte alles nur noch mystischer. Yusuf hatte dann sofort zugesagt und er und Noah hatten sich auch überraschenderweise, trotz der Verschiedenheit extrem gut verstanden. Wir lachten alle so viel an dem Abend und ich spürte eigentlich schon, dass wir fünf unzertrennlich sein werden würden. Zoya und Jusuf waren schon immer mehr als sehr nahe Freunde gewesen, was man aus Metern Entfernung als Fremder hätte sehen können. Die flüchtigen Blicke, die die beiden austauschten reichten um ihre immer lächenlden Augen zu begründen, wenn sie sich an einem Ort befanden.

Auf die Sätze von Zoya sprangen ich und Fajar auf und rannten zu Zoyas Bett. Ich kreischte los: „Was habe ich gesagt? Ah, ich bin so glücklich. Ich freue mich schon auf eure kleinen Zoyas und Yusufs." „Hey mal langsam." Lachte Fajar los. Ich schloss mich dem an und wir beide waren lauthals am lachen, weil sogar wir, die das Ganze natürlich nur halb so intensiv wie Zo mitbekommen hatten erleichtert waren. Nach den vielen Nächten in denen ich sie getröstet hatte, da sie frustiert war, dass Yusuf immernoch keine Anzeichen zeigte, etwas für sie zu empfinden und ich sie stundenlang und schlaflos nur fragte, ob sie denn blind sei und seine Blicke nicht bemerkte waren wir beide, da ich mir sicher war, dass Fajar ähnliches auch oft genug durchmachen musste, so erleichtert und lachten einfach nur noch.

Zoya beendete dies mit einer neuen Nachricht von Yusuf:„Hey. Mädels. Haltet euch fest..."

„Er will mich jetzt sehen. Jetzt. Ich fasse es nicht. Mist, ich muss mich noch fertig machen. Mist, mist, mist. Ich schaffe das niemals er schreibt um zehn am Hafen in Incheon. Das ist schon in einer Stunde. Wartet mal... Mist... Ist es schlimm, wenn ich den Einkaufsdienst heute schmeiße? Bitte, bitte, bitte."

„Zo ruhig. Wir erledigen das alles schon, denk jetzt über nichts anderes nach als es rechtzeitig noch zu schaffen und jetzt los. Wenn wir so weiter machen schaffst du es, wie ich dich kenne bis Mitternacht nicht mehr",unterbrach Fajar das Durcheinander, was wiedermal durch Zoyas Worte entstand. Ich nickte, was ausdrückte, dass ich auch einverstanden war. Alles geschah so unglaublich hektisch und schnell.

„Ja, ihr habt recht. Ich gehe jetzt einfach mal und überlasse euch alles." Als Fajar und ich ihr schmunzelnd hinterher schauten kam Zoya nochmal zurück und umarmte uns beide. Dieser Moment war ein sehr bedeutsamer für unsere Beziehung als Freunde, so fühlte es sich zumindest an. Ich fühlte mich so geborgen und angekommen. Der ganze Frust und die Erschöpfung, den ich in letzter Zeit durch diese ganzen Veränderungen, wie den Umzug hatte wurde durch diese so nahe Umarmung förmlich aus meinem Körper gezogen und dieser anfänglich so kahle Raum fing jetzt erst an sich so anzufühlen wie ein richtiges zu Hause.

Schließlich jedoch löste sich Fajar aus den Armen, die sie umschlossen und schniefte, als würde sie sich aufraffen müssen: „Los jetzt, wir können morgen auch noch weiter kuscheln, doch Yusuf steht da nicht mehr bis morgen früh." Ich meinte fast ein glänzen in ihren Augen zu erkennen.

Zoya eilte daraufhin in das Badezimmer und ich hätte schwören können, dass ihre Augen ebenso glänzten. Etwa eine halbe Stunde später kam sie aus dem Badezimmer raus und ich konnte meine Augen nicht von ihr abwenden. Ihre tiefschwarzen Afrolocken glänzten, sie hatte eine neues Leave-in Conditioner Rezept ausprobiert und es wirkte äußerst gut. Ihr Kleid war ein bordeauxrotes kurzes und sie sah einfach nur atemberaubend aus. „Baha, bist du da?" Sie wedelte mit ihren Händen vor meinem Gesicht herum, da ich bei ihrem Anblick einfach nur an unsere Kindheit denken musste konnte ich nicht sofort reagieren. Wir wurden aus dem grauen Deutschland, in dem wir unter Persönlichkeitskrisen litten und nicht wussten wohin wir denn gehören nur durch unsere Träume in das weiße Seoul getragen. Ihre folgenden Worte rissen mich wieder in die Gegenwart.

„Wie sehe ich aus? Denkt ihr das ist zuviel mit den Ohrringen und ist der Lippenstift vielleicht zu grell? Doch lieber eine andere Farbe? Das Lila sah glaube ich besser..."

„Hey!",unterbrach ich ihre unnötigen Gedanken. „Du siehst toll aus, lass alles so wie es ist und geh einfach los."

„Gut, ich gehe dann mal los. Danke Mädels." Sie ging noch einmal rüber zu Fajar, die mittlerweile auf ihrem Bett lag, mit Kopfhörern in ihren Ohren und in ihrem heißgeliebten Buch las und gar nicht mitbekommen hatte, dass Zo schon fertig war. Zoya rief als letztes:„ Ich gehe dann mal! Danke!" Überrumpelt setzte sich Fajar auf und brachte nur noch ein: „Oh, ok. Bis später." heraus.

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⏰ Last updated: Jan 08, 2020 ⏰

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Und dann standen wir mit zwei Beinen mitten in unserem TraumWhere stories live. Discover now