Heisszeit im Cold War Hotel

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Heisszeit im Cold War Hotel am Checkpoint Charlie

von Dominica Schemat

Vorwort

Ich wollte einmal Figuren bauen, die mir selbst von ihrer Gesinnung und ihrer Art nicht ganz sympathisch sind, denn mich nervt das Leben in meiner Blase, weil es mich blöd macht, und das muss doch nicht sein. Mich nerven auch die Folgen der Blase, die Spaltung, das Match Greta Thunberg gegen Donald Trump. Schwarz gegen Weiss, gut gegen böse. Nicht_über_das_Böse_Nachdenken gegen nicht_an_dem_Guten_zweifeln. Die Spaltung in gut und böse, das ist was die pathologischen Narzißten auch noch hinbekommen. Alle anderen mit einer etwas kleineren Schacke sollte die Graustufen wahrnehmen können und vor allen Dingen, sich nicht damit zu begnügen, jemand zum Star seiner Meinung zu machen. Nur um danach jemand zu haben, der es für einen klar macht, damit man selbst nichts mehr tun muss.

Und noch etwas nervt mich. Wir kümmern uns zu wenig um die Menschen, die an den Spätfolgen unsere Handelns zu grunde gehen. Ob es sich um Klimaopfer oder Verbrechensopfer handelt, die zu wenig Hilfe bekommen, weil das jetzt plötzlich zu viel real crime ist, wenn sie uns direkt gegenüber stehen. Und auch hier wünsche ich mir, dass wir weder Asche über unser Haut kippen und uns in unserer verantwortungslosen Verantwortung suhlen, noch dass wir das Problem mit Zynismus auf Abstand halten. Wir müssen uns damit beschäftigen, wir lösen das Probleme nicht durch moralische oder Selbstverteidigungsreflexe, sondern unsere Phantasie, Erfindungsgabe und Ausdauer ist nötig; denke ich, oder etwa nicht? Haben wir schon jemals etwas Wesentliches allein durch Zusehen und wahlweise Anfeuern oder Ausbuhen erreicht? Ich glaube das nicht. Das ist die Tür, die ich mit dieser Geschichte ein Stück weiter aufschieben wollte.

Richard Schwarz

Richard Schwarz ist Kommissar und trägt eine alte schwarze Lederjacke der Polizei ohne Abzeichen, dazu ein weisses Hemd, was aber von einem roten Topflappen, der sich in die weisse Wäsche geschummelt hat, rosa eingefärbt ist. Weshalb er sich schon einiges anhören musste, weil es so schick aussieht. Holla, wen haben wir denn da? Und natürlich, als er wieder mit weissem Hemd gekommen ist, also ganz normal, da haben sie wieder alle gelästert. Daraufhin hat er alle Hemden mit beiden roten Topflappen gewaschen, die er hat. Er macht so etwas gerne, sich nach aussen zu beugen, in kleinen Dingen, unwichtigen Dingen. Er glaubt, dass er dadurch in den grossen Dingen ein kleines bisschen freier wird. Da Richard sich gerade hält, dann noch einen leicht verunsichernden konzentrierten Blick hat, passen die blass rosa Hemden ganz gut, um nicht einen völlig falschen Eindruck zu vermitteln.

Richard ist konservativ, was für ihn heisst, dass sich mal alle überlegen sollen, was sie bereits haben, und nicht was sie noch kriegen können, aber er kommt einfach nicht dazu die richtige Partei zu wählen. Beinahe hätte er einmal die Piraten gewählt, ein anderes Mal die FDP, natürlich schon öfter beinahe die CDU und einmal sogar fast die Grünen. Aber jedes Mal kommt er unverrichteter Dinge von dem Wahllokal wieder zurück. Sein Chef macht sich darüber lustig und nennt ihn die DemokratieJungfrau, er solle endlich wählen jehen, andere Freier ham wa nich, Süsse.

Richard sieht den Chef genervt an, was dieser liebt und was noch so ein kleines Zugeständnis ist mit der Hoffnung auf die grössere Freiheit. Und der Chef antwortet: Wie jezz, ham wa wat ausjelassen, Sexismus? check! (er zählt mit den Fingern mit), Rassismus? (Der Chef zählt einen Finger weiter, nimmt das aber wieder zurück) Nee, wir wolln et ja nich übertreiben. Aber ne saftige Beleidigung fehlt noch, warte mal, eben wusste ich noch ene, jezz fällt mir partout kene ein, ne, loof man nich weg, ich hab 's jleich.

Natürlich ist der Chef kein echter Berliner. Aber er glaubt den Berlinern mit seiner Sprachfolklore einen Jefallen zu tun, weil die in der boomenden Stadt langsam zu bedrohten Spezies werden. Und scheinbar sind es wirklich weniger geworden, sonst hätte sich bestimmt schon einer jewehrt.

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