Aus meinem Leben (Die Nachbarschaft)

16 0 0
                                    

Gegen 22:30 Uhr lege ich mich schlafen. OK, ich gehe ins Bett, aber schlafen? Das geht jetzt noch nicht. Am frühen Nachmittag gab ich mich meiner Müdigkeit hin und habe ein paar Stunden auf dem Sofa geratzt. In Folge dessen liege ich jetzt wach, wälze mich von einer auf die andere Seite. "Hmpf", seufze ich vor mich hin; das kann dauern.

Irgendwann muss ich durch das leise Gedudel des Fernsehers im Zimmer unter mir eingeschlafen sein. Ich schaue auf die Uhr. Meine Augen sind verklebt. Irgendwas mit 1:30 Uhr. Warum ich jetzt schon wieder wach bin, frage ich mich verkatert. Aha! POLTER... RUMPEL... BUM BUM BUM... Den Geräuschen nach guckt mein Nachbar entweder "Hör mal wer da hämmert" oder viel wahrscheinlicher: Er heimwerkelt wirklich - nachts - halb zwei!

Seine Freundin muss wohl auch anwesend sein; sie hält mit Sicherheit die Blaupausen. STAPF STAPF STAPF... Kurzes Gerede. Sie hielt die Pläne bestimmt verkehrt herum. Wie soll sie es auch wissen?! Ich drehe mich mit meinem Bettzeug vom Kopfende zum Fußende, schaue nicht mehr zur Tür, sondern zum Fenster. Sehen kann ich es aber nicht. Es ist dunkel. Von der neuen Schlafposition erhoffe ich mir endlich tief zu schlafen.

Nach einer Weile höre ich leises weibliches Gestöhne. Prima! Zwei Uhr nachts. Jetzt gucken die beiden auch noch einen Film. Nach einer Dokumentation hört sich das jedoch nicht an. Das Stöhnen wird rhythmischer, variiert aber in der Lautstärke. Ich überlege kurz, ob ich meine neue 2.1 Anlage ins Schlafzimmer verlege und den Bass dagegen halte. Wahrscheinlich führt diese Option aber zum Aufstand der Nachbarn. Wobei, eine Pyjamaparty als spontane Einweihungsfeier, das wäre doch mal was?! Genug Abwechslung habe ich schließlich: Rock, Pop, Klassik, 80er, 90er, ....
Mein Versuch aufzustehen wird erfolgreich durch meine bereits erreichte "Bettschwere" verhindert. Ich gebe mich geschlagen und schlafe irgendwann wieder ein.

Tiefer in der Nacht dringt eine Mischung aus der Heimwerkersendung und dem Porno danach an meine Ohren. Mir platzt der Kragen! So wie es sich anhört drehen mein Nachbar und seine Freundin selber einen anzüglichen Film und zerlegen dabei ihr Bett. Sie stöhnt über ihn, weil das Bett nicht hält. Er stöhnt über sie, weil sie die Pläne verkehrt hielt. ICH stöhne, weil ich meine Ruhe haben will!
Es reicht jetzt endgültig. Mit einer geschickten Wendung stehe ich auf. Leider mit zu viel Schwung. Stirn trifft Lampe. Kurz sinniere ich, wie der Begriff Stirnlampe wohl entstand.

Ich stürme durch den Flur, reiße meine Wohnungstür auf und rammle die Treppe ein Stockwerk hoch. Mit der Unterseite meiner geballten Faust wummere ich gegen die Tür meines Nachbarn. Nach kurzer Zeit öffnet man mir und er steht mit seiner Freundin angezogen im sonnendurchflutetem Flur.
Es riecht nach Mittagessen. Verwirrt schaue ich die beiden an. "Na, du hast wohl Hunger? Möchtest du mein Kartoffelgratin probieren?" fragt mich seine Freundin ganz lieb. Offenbar wollen sie mich veralbern. Wutentbrannt darüber will ich ihnen meine Meinung geigen, doch es kommt plötzlich nur Musik aus meinem Mund. Verdutzt versuche ich es nochmal. Dieses Mal erkenne ich die Melodie. Es ist "Somewhere over the rainbow". Hä? Das ist doch meine Weckermelodie?!!

Ich blinzle die beiden an. Sie verschwimmen vor meinen Augen. Ich blinzle noch einmal. Es ist tatsächlich schon taghell. Mir brummt der Schädel. Meine Schlaf-App wertet aus, dass ich zu 93% gut geschlafen habe. Völlig gerädert quittiere ich den Alarm. Heute bin ich nicht einer Meinung mit meinem Smartphone.

Hilft alles nix. Auf zur Arbeit; mit vagen Erinnerungen an letzte Nacht.

30. Mai 2015 T. M. John

Aus meinem Leben (Die Nachbarschaft)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt