Kapitel 01

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|Emily|

„Em. Emily. EM VERDAMMT WACH DOCH MAL AUF! Willst du an deinem ersten Tag direkt zu spät kommen oder was?" ich wurde unsanft geschüttelt und versuchte angestrengt, meine Augen gegen das viel zu grelle Sonnenlicht zu öffnen, dass den Raum flutete. „Ist ja gut, ich bin wach mom.", knurrte ich und setzte mich verschlafen in meinem Bett auf. „Du hast 20 Minuten.", informierte sie mich knapp und verließ damit den Raum, von meinem halbherzigen Versuch, das Bett zu verlassen und mich für meinen ersten Tag an der neuen Schule fertig zu machen offenbar zufriedengestellt.

Komplett neben der Spur taumelte ich ins Bad, wo ich mich am Waschbecken abstützte und meinem Spiegelbild einen kritischen Blick widmete. Zerzauste, braune Haare, braune Augen und ein paar Sommersprossen, die sich auf meiner Nase verirrt zu haben schienen. Nichts neues.

Langsam zu mir kommend griff ich nach meiner Zahnbürste, putzte mir die Zähne, spritzte mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht um auch die letzte Müdigkeit so gut es ging zu vertreiben, und schaffte es schließlich auch irgendwie, meine Haare zu richten und dezentes Make-up aufzutragen. Ein hastiger Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich noch etwa 5 Minuten hatte, bevor ich das Haus verlassen musste. Hastig schlüpfte ich in das Outfit, dass ich mir zum Glück gestern noch zurecht gelegt hatte - eine nicht zu locker sitzende Mom Jeans mit einem schlichten weißen Top, um an meinem ersten Tag so wenig wie möglich aufzufallen.

Keine Minute später rannte ich auch schon mit meinem Rucksack die Treppe herunter, schnappte mir unten meine Autoschlüssel und einen Apfel als Frühstück und schlüpfte in meine weißen sneaker. „Bye Mom! Hab dich lieb.", schrie ich durchs Haus und musste nicht lange auf ein „Hab dich auch lieb Schätzchen, viel Spaß an deinem ersten Tag!" als Antwort warten.

Auf der ca. 15 Minütigen Autofahrt die mich von meiner Schule trennte, hörte ich Musik und versuchte so gut es ging einen klaren Kopf zu fassen und die Aufregung nicht Überhand nehmen zu lassen. Aber ganz ehrlich, der erste Tag an einer neuen Schule, in einer neuen Stadt, in einem neuen Land, wo ich nichts und niemanden kannte? Das klang doch ziemlich beängstigend.

Emily, komm runter. Du bist 17 Jahre alt und kein kleines Kind mehr verdammt noch mal.

Ich versuchte mir selbst das immer und immer wieder zu sagen, bis ich mich schließlich auf dem Parkplatz vor dem Schulgebäude mit meinem etwas heruntergekommenen Ford Focus in eine Parklücke zwängte und mich gezwungen sah auszusteigen, da es laut der Uhr auf meinem Handydisplay in wenigen Minuten zur ersten Stunde klingeln würde.

„Und du bist?", hakte die streng gekleidete Dame hinter dem Schreibtisch sichtlich uninteressiert nach. „Em, äh Emily... Brown.", stotterte ich und hätte mir für meine unbeholfene Ausdrucksweise in dem Moment gerne eine gescheuert. „Ok, Mrs. Clark wartet dort drinnen auf dich.", meinte sie und nickte abweisend nach hinten.

Mit schwitzenden Händen betrat ich das kleine Büro der Direktorin. „Mrs. Clark.", stellte sie sich vor und schüttelte mir die Hand „Und du musste Emily sein." Ich nickte stumm und setzte mich auf ihr Deuten hin gegenüber von ihr auf einen Stuhl. „Also, wie gefällt es dir hier in North Bay? Deine Mutter hat erwähnt, dass ihr erst vor kurzen nach Kanada gezogen seid?", begann die Lehrerin und musterte mich fragend. Ich musste mich einen Moment lang sammeln bevor ich etwas unbeholfen antwortete: „Ja, die Landschaft ist wirklich schön. Ich muss mich zwar noch daran gewöhnen, und das Wetter in Kalifornien wird mir auch fehlen, aber das wird schon." „Nun gut,", begann Mrs. Clark erneut, „draußen vor der Tür wartet eine unserer Schülerinnen auf dich, sie geht in deine Stufe, wird dich kurz herumführen und dich dann zum Unterricht begleiten." ich nickte ein wenig dümmlich, wie ich es bereits bei unserer Begrüßung getan hatte, und verließ dann ohne einen weiteren Wortwechsel den Raum.

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