Prolog

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„Sprich sie an, na los", laut grölend klopfte John seinem langjährigen Freund auf die Schulter. Dieser saß mit verbissenem Kiefer auf dem Sofa und blickte zum Tresen.

Die Bar in der sie sich befanden, hatte John ausgesucht. Seiner Meinung nach war es der perfekte Ort, um einen Geburtstag zu feiern. Zwar nicht seinen eigenen, aber dennoch hatte sich der blonde Riese ziemlich ins Zeug gelegt.
Bis jetzt hatte sich keiner zu ihnen umgedreht; respektierten ihre Privatsphäre. Und genau das genoss der Österreicher. Denn ein Leben in der Öffentlichkeit war oft tückischer als man zu glauben vermag.

„Das traut er sich bestimmt nicht", rief John's Cousin Marten lachend und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Seine Arme verschränkte er hinter seinem Kopf. Jedem von ihnen war klar, dass Raphaels Aufmerksamkeit seit dem Betreten der Bar auf der jungen Frau lag, die hinter dem Tresen stand.

Ihre langen braunen Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, wirkten fast schon zu lang. Ihr Körper war in ein eng anliegendes schwarzes Kleid gehüllt, welches diesen hervorhob. Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig; genau richtig. Der Gürtel, an welchem sich das Portemonnaie befand, hoben dabei besonders ihre Hüften hervor. Sie schien mehr auf den Rippen zu haben, aber keinesfalls zu viel. Sie besaß Kurven, genau an den richtigen Stellen. Insgesamt wirkte sie selbstbewusst und strahlte eine einnehme Aura aus, die fast jeden Mann in der Bar in ihren Bann zog.

„Digga, locker nicht", nun schaltete sich auch Jonas ein, der grinsend den Brünetten beobachtete. Alle Anwesenden wusste, dass Raphaels Freundin gerade zuhause saß. Wahrscheinlich lackierte sie sich die Fingernägel oder machte irgendwelchen typischen Frauenkram. Dennoch wussten sie, dass der Österreicher grade viel zu sehr von der brünetten Frau eingenommen war.

„Halt einfach deinen Mund", stieß dieser aus und verschränkte etwas angesäuert seine Arme vor der Brust. Dabei konnte man das Muskelspiel unter dem schwarzen eng anliegenden Oberteil beobachten. Ihm war klar, dass die Jungs ihn herausforderten. Doch darauf wollte er nicht eingehen. Schließlich wartete seine Freundin auf ihn.
‚Nur gucken, gegessen wird Zuhause!'
Genau dran hielt er sich.

Raphael war noch nie der Typ fürs Fremdgehen. Seiner Meinung nach durfte er anderen Frauen hinter her gucken, aber einen Gedanken ans Fremdgehen zu verschenken würde er sich nie trauen.
Jedoch erweckte die junge Frau hinterm Tresen ein vollkommen neues Gefühl in ihm. Eines, was er seit Jahren schon nicht mehr gefühlt hatte. Innerlich sträubte er sich allerdings dagegen.

„Na komm schon", John stieß ihn erneut gegen die Schulter bevor er mit dem Kinn in die Richtung deutete, in die Raphael nun schon fast eine halbe Stunde starrte. Raphael schüttelte jedoch wieder den Kopf. Seine Freunde waren alles andere als treu, zumindest ließen sie es so wirken.
Denn fast alle von ihnen lebten nach dem gleichen Motto wie Raphael selbst. Denn auch ihre Frauen saßen Zuhause und warteten auf ihre Männer.

„Dann geh ich halt", schmunzelnd erhob sich Marten, der das ganze Spektakel rund um den charmanten Österreicher belustigt beobachtet hatte, „vielleicht gibt sie mir ihre Nummer."
Mit einem Zwinkern verließ er die Loge, in der die Männer sich nieder gelassen hatten, und steuerte unmittelbar den Tresen an.
Ruckartig erhob sich nun auch Raphael, was seine Freunde mit lautem Grölen und Pfeifen kommentierten. Sie schienen ihn schon fast anzufeuern. Und urplötzlich fokussierte Raphael nur den Tresen. Jedoch musste er feststellen, dass die Frau nicht mehr dahinter stand. Und sein Blick glitt suchend über die Menge; jedoch vergeblich.

„Hey", eine sanfte Stimme neben ihm riss in allerdings aus seinen Gedanken. Augenblicklich huschten seine Augen zu der jungen Frau, die nun neben ihm stand. Ihre Haare glänzten im schummrigen Licht der Bar und ihre Augen funkelten ihm keck entgegen. Augenblicklich begann sein Herz in doppelter Geschwindigkeit zu schlagen und ein Lächeln schlich sich fast automatisch auf seine Lippen. Seinen Blick konnte er nicht von ihr abwenden; kein Wort drang aus seinem Mund. Er wirkte wie versteinert. Und plötzlich überkam ihn ein Gefühl, dass er schon seit langem vermisst hatte.

Das Gefühl von Zuhause.

Queendom.  || Raf CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt