~Kapitel 5~

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Noch vor Anbruch des neuen Tages konnte ich durch die Bäume hindurch das Plateau erkennen. Wie freute ich mich schon auf etwas warmes im Magen. Die Nacht war recht fröstelnd gewesen. Und So gesehen erreichte ich sogar das Ziel rechtzeitig wieder zurück zu sein.
Der Kopf schmerzte mir noch vom plötzlichen Ruck an meinen Haaren. Mich hätte durchaus interessiert, was sie mit mir vorgehabt hätten. Oder was sie mir erzählt hätten, wäre nicht auf einmal überall dieses Blut aufgetaucht.

Ein Schauer zog sich über meinen Rücken. Kalt und unheilvoll.

Auf dem Rückweg hatte ich der Elfe häufig Blicke zugeworfen. Hätte sie mich töten wollen, hätte sie das längst getan, zusammen mit den anderen.
Ich wollte nur sichergehen, dass sie nicht wieder verschwand, auch wenn ich es nicht verhindern könnte.

Zumindest hatte sie mir erlaubt, ihre Verletzung noch mal zu überprüfen. Vielleicht kann ich sie dazu bewegen zu verharren, bis es so gut wie verheilt war. Sie musste einen weiten Weg hinter sich haben. Elfen lebten tief in den Wäldern weit im Nordosten. Dort war es wesentlich sicherer als hier, vor allem zu diesen Zeiten.

Es wurde dämmrig, als wir die Hütte schließlich erreichten und in das mir in letzter Zeit traute Heim eintreten konnten. Alles erschien unverändert. Bis auf den dunklen bröckeligen Stein auf dem ein kleines Gänseblümchen thronte. Stirn runzelnd sah ich zu dem Tisch, auf dem er lag. Er schien es ernst gemeint zu haben und das war also der Gedenkstein, sollte ich nicht wieder zurückkommen.

Ich wandte mich an die Elfe, deutete auf das Bett. "Setz dich nur."
Mit ihrer Anwesenheit wirkte das Häuschen doch recht klein, dass ich die Befürchtung hatte, dass sie sich noch in den Kräutern verheddern würde.
Sie nahm ohne weiteres Platz.

Nachdem ich keine Anzeichen von Silas Anwesenheit bemerkte, nahm ich das kleine Schälchen,das auf dem Beistelltischchen mit dem hölzernen Wasserbecher stand, an mich und gesellte mich schließlich zu ihr. Ich hockte mich an ihre Seite, bedeutete ihr mir ihre Wunde zu offenbaren. Trotz ihrer Entscheidung zuvor schien sie zu zögern, beschloß aber dennoch die zerschlissene Tunika anzuheben.

Hätte ich selber was besseres gehabt, dann hätte ich es ihr ausgetauscht, als sie bewusstlos gewesen war. Dann hätte sie etwas sauberes und weniger kaputtes tragen können.
Aber das einzige was ich an mir getragen hatte als ich hierher kam war das "Kleid" aus dem harten schlichten Stoff gewesen, das Menschen zu ihrer Hinrichtung trugen. So oder so wäre ich darin wohl eher erfroren.

Der Schorf war etwas abgeplatzt und die Verletzung war am Rande etwas gerötet. Sie schien auch etwas zu nässen zumindest fühlte sie sich feucht an. Höchstwahrscheinlich kam das durch die Bewegung. Nichts dramatisches und würde auch so gut weiter ohne Komplikationen verheilen. Dennoch schmierte ich etwas Salbe aus dem Schälchen drauf, sicher war sicher. Selbst aus einem Kratzer konnte eine schwere Infektion entstehen.
Ob es bei den Elfen ähnlich war, wusste ich nicht. Aber ich hatte nicht unbedingt das Bedürfnis, herauszufinden was passieren würde, würde ich es einfach sich selbst überlassen.

Ich dachte sie würde beim Auftragen zusammen zucken, vielleicht hatte ich es mir in einer Hinsicht auch gewünscht. Jedoch schien sie hart zu sein, zumindest was Schmerzen angingen. Bis auf das geradezu übersehbare Schmunzeln, als ich vorschlug wieder hierher zurück zu gehen, schien sie auch nicht sonderlich viele Emotionen zu haben oder diese Audrücken können.
Ich blickte auf in ihre kalten blauen Augen. Nichts. Waren Elfen in der Lage zu fühlen?

Bevor es unangenehm wurde stand ich auf, verstaute die Schale wieder.
"Du verstehst mich zwar nicht, aber
Danke."
Es war kein schöner Anblick gewesen, der Tod der Männer. Aber sie hätten mir was schlimmes antun können, was schlimmeres als ihnen widerfahren war. Ein sauberer Tod, das war es gewesen.
Davor hatte die Blondhaarige mich bewahrt, wenn es auch nicht ihre Absicht gewesen war. Sie wird sicher ihre Gründe gehabt haben diese Männer umzulegen, nicht umsonst hatten diese auch nach ihr gesucht.

"Dir steht es frei zu gehen wann du willst." Damit sie verstand, deutete ich auf die Tür und winkte dann. Ich musste fürchterlich komisch aussehen, in ihren Augen.

'Als du sagtest, du willst dir etwas Kleidung besorgen, dachte ich nicht an eine bekleidete Person.'
Silas war auf seinen Samtpfoten durch die einen Spalt geöffnete Tür herein gekommen. Seine Schwanzspitze bewegte sich hin und her, fixierte die Elfin, die ihn auch ihrerseits genau musterte. Ich schüttelte den Kopf.
"Ihre Verfolger erwischten mich und sie half mir da raus.
Ich werde auch mit anderen Mitteln an etwas Ordentliches kommen. Es ist schließlich ihr Bogen. Jedenfalls, ich bin wieder zurück. Du kannst deinen kleinen Schrein wieder wegräumen."

Er wandte sich ab und schreitete in seiner Katzengestalt auf mich zu, sprang schließlich auf den Tisch.
'Ich habe nicht mit deiner Rückkehr gerechnet,' kam es beiläufig von ihm.
"Ich weiß." Beinahe wäre es auch schief gegangen.

Ich war etwas erschöpft, was nicht verwunderlich war. Immerhin hatte ich eine abenteuerliche Nacht hinter mir, war den ganzen Tag zuvor auf den Beinen gewesen. Jedoch war es mitten am Tag.
Ich machte mich daran Tee zu kochen.
'Wie lange bleibt das Spitzohr diesmal?'
Er schien skeptisch, das verbarg er nicht. Dass sie wach war behagte ihn wohl nicht ganz. Er kann sich also an sie gewöhnen.
"So lange wie es ihr lieb ist."

'Wann haben wir beschlossen eine Gaststätte zu betreiben?'
"Silas. Wie wäre es wenn du nach den Fallen siehst?" Sein übertriebene Sorge war eindeutig fehl am Platz. Sorge war vielleicht das falsche Wort für seine Feindseligkeit.
Seine Unzufriedenheit machte er mit einem schweren Sprung vom Tisch deutlich.
Ich kümmerte mich um den Tee, gab ihn der Elfe zu trinken und trank ihn auch selbst, damit sie nicht dachte, dass ich sie nur vergiften wolle.

Danach widmete ich mich dem Material, das ich von dem Steinbock erhalten hatte. Das Fell hatte ich versucht zu räuchern, damit es geschmeidig blieb. Ich hatte schon einige Fehlversuche hinter mir. Eine erfolgreiche Technik musste ich mir selbst aneignen. Vielleicht bleib es leicht und ich konnte daraus etwas tragbares herstellen.
Das Fleisch wurde sowohl getrocknet als auch für die Suppe verwendet, von der wir uns schon einige Zeit ernährten. Sie reichte noch für heute Abend, länger sollte man sie auch nicht mehr aufheben, sonst wurde sie ungenießbar.
Die Knochen hatte ich aufbewahrt, um Werkzeuge daraus zu machen und aus dem Hirn habe ich versucht ein Gebräu herzustellen. Um herauszufinden, ob es funktioniert hatte, brauchte ich ein lebendiges Lebewesen.

Daher sollte Silas die Fallen überprüfen. Aber das Experiment scheint noch nach hinter verschoben werden zu müssen. Die Fallen bleiben leer.
Die Elfe hatte mich die Zeit über beobachtet, während sie mit einem sehr fein gearbeiteten Messer an einem Stück Holz herum schnitzte.

Ich konnte nicht ausdrücken wie froh ich war mich in weiche Felle legen zu können. Zwar hatte der Kater protestiert, dass ich mich wieder auf dem Boden schlafen legen würde, jedoch habe ich ihm die Wahl gegeben entweder bei mir oder bei der Elfe zu schlafen, da diese wahrscheinlich nichts dagegen haben würde, würde ein Haufen Fell zu ihren Füßen schlummern. Er entschied sich wie erwartet für den Boden.

Seine Anwesenheit in den Nächten wie auch in dieser wusste ich zu schätzen. Oft schlief ich unruhig und er war da, um mich zu trösten.Wie unartig er auch sein konnte und er es niemals zugeben würde, er war ein guter Freund.

RhýsiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt