Narzissenkind

Kapitel 2 [Ich ertrinke an Luft]

Lisa vergräbt ihr komplettes Gesicht in ihre Bettdecke. Es gab wieder irgendeinen Streit. Sie weint so heftig, dass sie kaum mehr Luft bekommt. Ihr ist heiß und ihr Atem wird schneller und schneller. Sie atmet so schnell, dass sie kaum mehr hinterherkommt. Ihre Atemwege sind völlig gereizt von der Schnappatmung, ihre Augen sind gerötet. Ihr kleines Herz schmerzt so sehr. Sie weiß gar nicht mehr um was es bei dem Streit ging, sie war ja nicht mal wirklich daran beteiligt. Sie weiß nur, dass es ihr jetzt einfach schlecht geht. Sie hat Schmerzen. Solche Schmerzen die kein Pflaster heilen können. Seelenschmerzen. Warum kann es nicht anders sein? Warum muss es so sein wie es ist? Und warum muss man sich wegen jeder unwichtigen Kleinigkeit streiten?

Ihre Mutter und ihre Großmutter, die Mutter von Lisas Vater, kommen in ihr Zimmer herein. Die beiden hatten sich mal wieder gestritten.
Lisa liegt zusammengekauert auf ihrem Bett. Das Gesicht tief in die Decke gesteckt. Sie bekommt kaum Luft.

Die beiden fragen Lisa was denn los sei. Lisa kann kaum reden, weil sie sich so in die Sache hineingesteigert hat. Ihr Gesicht presst sie weiterhin mit aller Kraft in die Decke hinein und ballt die Fäuste zusammen. Sie will nicht, dass sie jetzt so jemand sieht. Sie wünschte sie wäre jetzt woanders und die beiden würden wieder verschwinden. Denn für Lisa ist die Situation so schon schlimm genug und sie würde in diesem Moment am liebsten alles vergessen und von dieser Welt verschwinden. Lisa sagt schließlich, dass sie will dass der Streit aufhört. Beide reden ihr gut zu und sagen, dass sie aufhören werden. Lisa beruhigt sich allmählich, nachdem sie wieder alleine ist und sie Hoffnung hat, dass es endlich aufhört.

Doch wenige Tage später streiten sie erneut. Sie hören nicht auf. Niemals. Sie werden sich immer weiterstreiten. Lisa fühlt sich so als wäre sie an allem Schuld. Ihr Gedankensumpf wird immer dunkler und tiefer. Ihr Kopf ist einfach nur voll von bösen Gedanken. Kein Platz mehr für schöne Gedanken. Nur dunkle, schwere, dickflüssige und kaum greifbare Gedanken.