1. Kapitel

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"Eni, beeil dich! An Tisch 4 und an Tisch 7 wird gewartet!" ermahnt mich mein Chef laut. Ich reiße schnell den Zettel mit einigen Bestellungen vom Block und gebe ihn dem Küchenchef. Dann gehe ich zügig in Richtung Tisch 4, da ich keine Lust auf unbezahlte Überstunden habe. Am Tisch sitzt ein älteres Ehepaar, den Anziehsachen und dem geringschätzigen Blick des Mannes zu urteilen wahrscheinlich 2en oder 3en. Der Mann wirkt verärgert und fängt auch gleich mit Meckern an: wie unnütz, unerzogen und 'dreckig' die unteren Kasten doch sein. Ich verspüre den Drang laut zu werden aber da ich nicht gefeuert werden will und es mir auch nicht leisten könnte, reiße ich mich zusammen und halte den Mund. Während der Mann noch schimpft wirft mir die Frau einen entschuldigenden Blick zu und versucht dann ihn zu beruhigen, was sie auch schließlich schafft. Die beiden bestellen und die Frau bittet mich noch höflich, den Fernseher anzumachen.

So mache ich mich schnell auf den weg in Richtung Küche, nehme zwischendurch noch die Bestellung der Familie an Tisch 4 auf und mache den Fernseher an: Anscheinend zum 'Richtigen' Zeitpunkt, denn die Werbung endet gerade und der Moderator Karl von Heinsbach, eine 2, fängt an zu sprechen:

"Hallo Illea! Nun kommt eine erfreuliche Nachricht, die vor allem unsere jüngeren weiblichen Zuschauer betrifft. Also bleiben sie dran und begrüßen sie mit mir, ihre königlichen Majestäten, König Jonathan, Königin Merelie und unseren Thron Prinz Daniel!"

Inzwischen ist es im Gasthaus komplett still geworden und alle schauen gebannt auf den Fernseher.

"Wie jetzt vielleicht schon einige von ihnen erraten haben geht es endlich wieder um eine Selection. Prinz, Daniel, wollen sie dem Volk vielleicht selbst ein paar genauere Informationen geben?" fragt Karl.

Ich finde solche Sätze äußerst amüsant, weil mir mal der Gedanke gekommen ist, dass das ja eine Frage ist, und man somit theoretisch auch einfach mit "Nein!"antworten könnte. Unwillkürlich fange ich an mit kichern und ernte deswegen böse Blicke, die sich aber wieder schnell dem Fernseher zuwenden, als der Prinz anfängt mit sprechen:

"Am morgigen Tag werden alle 16 bis 19 jährigen Mädchen ein Anmeldeformular erhalten, welches sie bei Interesse ausfüllen können und es bis Donnerstag 10 Uhr am nächsten zuständigen Amt abgeben können. Am Freitag, also in 5 Tagen, werden dann die Namen der 35 Erwählten veröffentlicht."

Der Moderator wechselt das Thema und redet mit den 3 Mitgliedern der königlichen Familie noch über einen weiteren Rebellenangriff auf das Schloss. Als der Moderator fragt, ob ein Grund für die Angriffe bekannt sei, verneint der König dies und ich muss ein Schnauben unterdrücken. Der Grund ist doch offensichtlich: Es war einer der größten Fehler der Regierung, dieses verdammte Kastensystem vor 200 Jahren wieder anzuschaffen, und dass bloß, weil nach dem Krieg vor 200 Jahren ein paar machthungrige Personen aus dem Adel es geschafft haben, das damalige Königspaar zu überzeugen, dass dieses System ja soviel besser sei. Das ich nicht lache! Man sieht ja die Folgen: Die oberen Kasten leben in Prunk und mit Protz, feiern ausgelassen Feste, während die unteren Kasten mit Hunger zu kämpfen haben.

Auf einmal tippt mir Mary, sie arbeitet auch im Gasthaus, wie wild auf die Schulter und reißt mich damit aus meinen Gedanken:" Hey, aufhören mit Tagträumen, wir müssen noch die Zimmer machen und Ärger mit Genter ist nicht zu empfehlen!" Also machen wir uns auf den Weg in die oberen Etagen, wo sich die Gästezimmer befinden. Zwischendurch fragt mich Mary:

"Sag mal Eni, machst du eigentlich bei dem Casting mit?" "Um mich mit aufgeblasenen und überheblichen 2en und 3en um einen aufgeblasenen Schnösel zu streiten? Nein Danke" antworte ich ihr und schnaube verächtlich. Aber Mary lässt sich nicht so leicht abwimmeln:

"Ach Eni, an deiner Stelle würde ich mitmachen. Er ist schon ziemlich hot." sie seufzt verträumt "Aber ich bin leider schon zu alt. Außerdem ist es eine einmalige Chance und falls du zu den Erwählten gehören solltest, werden du und deine Familie direkt zu dreien. Zudem sollen jede Woche beachtliche Summen nach Hause geschickt werden. Und hast du mal die Kleider von der letzten Selection gesehen? Ein Traum!"

Ihre Argumentation bringt mich zum Nachdenken. Vielleicht wäre es doch eine gar nicht so schlechte Idee. Falls würde ich ja eh in der ersten Woche nach Hause geschickt werden. Ich meine, ich bin eine 7. Aber vielleicht würde das Geld dann für eine Medizin für meine Mutter reichen. Schließlich entscheide ich mich:

"Ach... vielleicht hast du ja Recht." gebe ich nach "Aber der Prinz ist und bleibt ein aufgeblasener Schnösel!" Mary kichert:"Und du bist und bleibst unverbesserlich!" Jetzt müssen wir beide kichern, was schließlich zu zwei auf dem Boden liegenden Etwassen führt, welche sich den Bauch vor lachen halten."

Auf einmal donnert hinter uns eine Stimme: "Ihr werdet nicht fürs herumblödeln bezahlt!"

Oh Mist! Genter! Mary und ich wechseln beide verängstigte Blicke. Eine kurze Info:

Genter ist um die 40 Jahre alt, eine 4, sehr sehr streng, versteht keinen Spaß und ist der Besitzer dieses Gasthauses und damit unser Chef.

Schnell machen wir uns stillschweigend an die Arbeit. Das wir vermutlich noch ein langer Abend!


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Das erste Kapitel! Ich hoffe es hat euch gefallen.

Nicht vergessen: Voten und Kommentieren.

Euch noch eine schöne Woche

Eine ganz normale Selection?!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt