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Ich steige aus meinem Auto aus und laufe auf das riesige, schwarze Hochhaus vorr mir zu. Sobald ich mich der großen Eingangstür nähere, gleiten die beiden Scheiben lautlos zur Seite, sodass ich eintreten kann. In der Lobby ist er verhältnismässig ruhig, nur ein paar Leute laufen herum.

Die Rezeptionistin lächelt mir flüchtig zu, während sie telefoniert und ich an ihr vorbei laufe. 'Clara Bryans' steht dem kleiden Schildchen, das an ihrer Bluse steckt.

Clara Bryans? Ich krame in meinem Gedächnis nach diesem Namen.
Ach ja. Clara ist 'alleinerziehende' Mutter von vier Kindern, die nebenbei in einem Nachtclub arbeitet, um ihren Sprösslingen teuere Klamotten und sonstiges zu finanzieren. Alleinerziehend, weil ihr Mann den ganzen Tag nichts anderes tut, als besoffen in irgend einer Ecke zu liegen. Und ich denke es versteht sich, dass dieser Mann natürlich nichts von ihren nächtlichen Aufenthaltsorten weiss. Woher ich diese Informationen habe? Clara höchstpersönlich.
Sie dachte wohl, dass wenn sie mir ihre ach so traurige Geschichte erzählt und mir ihren Körper frei zur Verfügung stellt, werde ich ihren Gehalt verdoppeln. Doch bei mir werden nur Leute belohnt, die es sich aufgrund ihrer Arbeit in der Redaktion verdient haben, und nicht wegen ihrer Twerkkünste.
Wie auch immer.

Ich steige in den ersten Fahrstuhl, dessen Türen mit einem *pling* aufspringen und drücke den obersten Knopf.

Oben angekommen,laufe ich geradewegs auf mein Büro zu.
Ohne auch nur irgendjemanden eines Blickes zu würdigen, gehe ich mit schnellen Schritten an diversen Schreibtischen vorbei, ignoriere dabei alle Worte, die an mich gerichtet sind.

Schwungvoll öffne ich meine Bürotür, schließe sie hinter meinem Rücken und lehne mich gegen sie. Erleichtert atme ich auf.
Dass letzte, was ich jetzt brauche, ist ein belangloses Gespräch mit irgendeinem meiner Angestellten.

Das erste, was ich mache, ist die kleine Sprühkanne zu nehmen und meine kleinen Pflanzen zu wässern. Das ist zusagen mein kleines Ritual geworden; mittlerweile geschieht der Griff zur Kanne beinahe reflexartig.

Zugegebenermaßen habe ich eine große Schwäche für Pflanzen und Tiere. Seitdem ich Menschen kennengelernt habe, finde ich die Anwesenheit einer Pflanze oder eines Tieres viel angenehmer als die einer Person. Mit einer Ausnahme.

Kelly.

Sie ist die einzige Person, neben der ich mich wohlfühle und so sein kann wie ich bin.

Seit der Erkenntnis, dass mir Menschen mein ganzes Leben lang nur geschadet haben und versucht haben, mich zu zerstören, bin ich nicht mehr unter Leute gegangen.
Habe keine Kontakte gesucht, keine Freundschaften mehr geschlossen.

Meine Tiere und Pflanzen waren mir genug. Sie haben allein mit ihrer Existenz bewirkt, dass ich glücklich war.
Meine Rosen haben mich wohl fühlen lassen, wenn ich mich um sie gekümmert habe. Meine Sonnenblumen haben mir immer ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, wenn ich sie mir ansah.
Das Gesumm meiner Bienen ließ immer ein wohliges Gefühl von Geborgenheit in mir aufsteigen.

Mein Garten und meine Blumen waren für mich wie die glückliche Familie, die ich nie hatte.

Wenn ich meine Pflanzen gegossen habe, war das ein Gefühl von Liebe und Zuneigung. Als würde ich mich um ein Kind oder eine kleine Schwester kümmern.

Wenn ich meine Blumen blühen sah, erinnerte ich mich immer an die Momente zurück, wo ich die Samen in die Erde gesetzt hatte und wie fürsorglich ich mich um die Sprösslinge gekümmert hatte.
Mir wurde immer ganz warm ums Herz, und Stolz erfüllte meine Brust, welch schönes Lebewesen aus einem einzigen kleinen Samen geworden war.

Ich denke, sowas ähnliches fühlen Eltern, wenn sie beispielsweise auf der Hochzeit ihrer Tochter sind und sich daran erinnern, dass dieser Mensch einst nur der winzige Punkt in Mamas Gebärmutter war.

Wobei, kann man von alledem nicht in der Vergangenheit reden. Die Natur gibt mir immer noch diese Gefühle; sie lässt mich immer noch genau so fühlen.

Menschen haben mir nie ähnlich schöne Gefühle gegeben, bis ich auf sie traf.
Kelly veränderte mein Leben. Sie zeigte mir, dass es auch Menschen gab, die es wert waren geliebt zu werden; denen man vertrauen konnte.

Sie zeigte mir, dass ich es auch wert war, geliebt und akzeptiert zu werden. Dinge, an denen ich früher immer gezweifelt hatte.

Das einzige war, dass ich danach nicht aufgehört habe, mich von Leuten, außer von Kelly, zu distanzieren und fernzuhalten.

Please excuse me for being antisocial.

Ich lebe jetzt mit Kelly, und sie reicht mir vollkommen. Sie lässt mich fühlen, keinen anderen Menschen außer sie zu brauchen.

Und dafür bin ich ihr unendlich dankbar.

***

[728 Wörter]


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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 24, 2020 ⏰

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