Die dunkle Seite des Excaliburs

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Blut bildete sich in einem Rinnsal, vermischte sich mit dem Regenwasser, was sich bereits in großen Pfützen auf dem Waldboden bildete. Unaufhörlich regnete es in Strömen, dunkle Wolken zierten den Himmel, verdeckten vollständig das Sonnenlicht, welches zuvor noch geschienen hatte. Wie Tränen fiel das Wasser in großer Vielzahl vom Himmel, ob aus Wut oder Trauer wusste er nicht. Er konnte nur in ihre vor Angst weitaufgerissenen Augen blicken, die das blutgetränkte Schwert in seiner Hand betrachteten. Es war als würde er in einen Spiegel schauen. Angst fraß sich durch jede Faser seines Körpers, sichtbar durch das Zittern welches wie Blitze durch seinen Körper jagte. Wie konnte es nur soweit kommen?

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Strahlendes Sonnenlicht versetzte die Lichtung mit leuchtend goldenen Tupfen. Eine schwache Briese, wiegte die Blätter der Bäume hin und her. Die Holzscheite lagen schwer auf seinem Rücken und ließen ihn erleichtert ausatmen, als er das Bündel ablegte, um sich auf der Lichtung eine kurze Pause zu gönnen. Heute hatte sich der Junge besonders tief in den Wald gewagt, wollte seinen Vater stolz machen, ihm beweisen, dass er sich nicht vor den Kreaturen der Schatten fürchtete. Seine Bedenken waren vergessen, als er den prächtigen Apfelbaum auf der Lichtung erblickte. Seine blauen Augen wanderten den Stamm, zu der Baumkrone hinauf und betrachteten die wunderschönen strahlend roten Äpfel, die den Baum schmückten. Verführt von ihrem saftigen Anblick, bewegte er sich auf den Baum zu, um hinauf zu klettern und die Äpfel zu ergattern. Gesagt getan, schon hielt er fünf saftige Äpfel im Arm und verkostete den ersten. Sie besaßen einen sündhaft süßen Geschmack, waren saftig und zergingen schon fast auf der Zunge. Seine Beute lenkte ihn jedoch von den wichtigen Dingen ab. So unachtsam wie der Junge war, bemerkte er nicht die Schattenkreatur, die die Lichtung betreten hatte und angriffslustig die Zähne bleckte. Erst als ein tiefes Knurren aus seiner Kehle drang, fuhr der Junge alarmiert herum und blickte erschrocken geradewegs in die drei Nachtschwarzen Augen des Monsters. Die roten Äpfel rollten zu Boden. Als wäre er zu Stein erstarrt blickte der Junge, unfähig auch nur zu zucken, auf das riesige wolfartige Monster. Wie ein Mensch bewegte es sich auf zwei Beinen, obwohl es sonst keine Gemeinsamkeit mit einem Menschen aufwies. Die spitzen Fangzähne und Klauen, verfilztes, ungepflegtes Fell, Stacheln die aus dem Rücken des Ungetüms ragten...

Der Junge hätte stundenlang aufzählen können wie monströs diese Schattenkreatur war. Doch diese Stunden würde er nicht mehr haben, wenn er nicht schnellstmöglich etwas unternahm! Er löste sich aus seiner Starre, presste seinen Rücken gegen den Stamm des Baumes, suchte nach einem Fluchtweg, den er nicht finden konnte. Am liebsten würde er einfach im inneren des Baumes verschwinden, so fest wie er sich dagegen drückte, glaubte er sogar dies könnte funktionieren. Leuchtend blauer Speichel tropfte aus dem Maul des Monsters, seine violette Zunge leckte über die vergilbten Fangzähne, angetan von dem Anblick des hilflosen Jungen. Der Junge hingegen kniff die Augen zusammen, flehte um sein Leben. Flehte zu Gott oder wem auch immer ihn aus dieser misslichen Lage verhelfen und ihn davor bewahrte als Mahlzeit dieses Monsters zu enden. Auf einmal gab der Baum hinter ihm doch nach, erlaubte ihm jedoch nur eine Hand im Inneren des Stammes verschwinden zulassen. Entgegen seiner Erwartung Holz oder einfach nur Leere zu spüren, spürte er den Griff eines Schwertes. „Ziehe das Schwert. Ziehe das Heilige Schwert Excalibur!" Sein Blick schnellte nach oben zur Baumkorne. 6 grüne Augen leuchteten ihm entgegen, eine kleine Schlange mit 3 Köpfen, umwickelte mit ihrem Körper einen Ast und versteckte sich in der Krone. Zeit zu hinterfragen was das war, hatte der Junge nicht, so griff ohne weiter zu überlegen das Schwert aus dem Inneren des Baumes. Für eine Sekunde sah er Verwunderung in den schwarzen Augen des Monsters aufblitzen. In der nächsten Sekunde fühlte er eine Art Macht, eine Überlegenheit die er zuvor nie wahrgenommen hatte. Mit dieser Überlegenheit könnte er dieses Monster einfach spalten-

Blut strömte ihm entgegen, Fleischmassen aus seinem Inneren flog in die Luft, verteilte sich neben ihm. Ein dumpfer Aufprall, ein Haufen Fell, eine große rote Pfütze. Es war vorbei. Kraftlos rutschte der Junge den Baumstamm hinab, setzte sich und betrachtete was er oder eher dieses Schwert verursacht hatte. Er hatte nicht daran gedacht, den Wolf zu spalten. Nein, es war einfach geschehen! Überall war Blut, Blut der Schattenkreatur. Sie klebte überall, an seinen Händen, in seinem Gesicht, seiner Kleidung und vor allen Dingen an der goldenen Klinge des Schwertes. Er hatte es einfach gespalten! Wie ein Stück Brot! Angewidert blickte er auf die Innereien des Monsters vor ihm. „Sehr gut." Hörte er die Schlange von oben zischen, die sich nun den Baum hinunter schlängelte. Im Licht erkannte der Junge die Spezies der Schlange. Eine Hydra, ebenfalls eine Kreatur der Schatten. Schützend hob der Junge das Schwert vor sich, brachte Abstand zwischen die beiden und versuchte dabei nicht in der Blutlache auszurutschen. „Na, na, na, ich tue dir doch nichts." Ruhig blickten ihn die sechs Augen der Schlange an. „Selbst, wenn du mir den Kopf abtrennen würdest, kämen nur neue Köpfe hinzu." Wissend blickte ihn das Wesen an. „Das ist das Heilige Schwert Excalibur." Wiederholte es. „Nimm es und schaffe Gerechtigkeit!" Verwundert blickte der Junge das geschuppte Tier an, welches ihm bereits die Kehrseite zuwendete und sich wieder zum Baum aufmachte. „Warte, was-", setzte er an schloss den Mund jedoch wieder, als er sah, dass die Hydra ihn ignorierte und im Inneren des Baumes verschwand, aus dem er vor wenigen Minuten das Schwert gezogen hatte. Die Spalte des Baumes schloss sich wieder. Es sah so aus als wäre nichts Ungewöhnliches geschehen. Ungläubig starrte der Junge auf den entzwei geteilten Körper und wieder auf das Schwert in seiner Hand. Das was geschehen war, konnte er immer noch nicht fassen. Was hatte er nun getan? Sollte er das Schwert nun einfach hierlassen und nach Hause laufen? „Gerechtigkeit." Murmelte der Junge, wiederholte verständnislos das Wort der Hydra. Was eine Kreatur der Schatten wohl damit meinte? Ein Unterbewusstes Gefühl hinderte den Jungen daran einfach heimzukehren und das goldene Schwert zurück zu lassen, also entschied er sich es mitzunehmen.

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