“Team eins bereit.“
“Team zwei bereit.“
“Team drei bereit.“
Charlie “Chief“ Fereday atmet kurz durch:“Team vier, bereit.“
Angespannt sitzen er und seine Jungs im Einsatzwagen. Nur etwa hundert Meter von dem Transporter entfernt ist das Ziel. Eine Villa, in viktorianischen Stil, nicht ansatzweise so alt.
Es ist zappenduster.
“Alles klar Jungs, ihr kennt den Plan. Die großen abknallen, die kleinen lassen.“
“Jawohl, Chief“, antwortet seine Gruppe im Chor. Er und seine neun Mann, die er das letzte Jahr trainiert hat, haben endlich ihren ersten Einsatz.
“Team vier. Los!“ kommt der Befehl aus dem Kopfhörer.
Fereday umfasst seine MP fester.
“Auf geht's Männer.“
Ohne ein Geräusch steigen sie aus. Zehn Mann in schwarz rücken auf die Haustür zu. Hoffentlich sind die unvorbereitet, denkt sich Fereday. Er ist schon einmal bei einem Einsatz gewesen. Und ist als Einziger übriggeblieben, weil die Biester einen Tipp bekommen haben. Hoffentlich nicht heute.
Die Tür ist verschlossen. Logisch.
“Aufsprengen.“
Nummer sechs bringt eine mittlere Ladung an.
Stumm zählen sie runter.
Drei…
Zwei…
Eins…
BANG
Die Flügeltür fliegt in den Eingangsbereich. Es fliegen Blendgranaten. Nur wenige Sekunden später stürmen die Männer herein.
“Kontakt“, ruft Nummer acht. Es erklingen zwei gedämpfte Schüsse.
Dreißig Sekunden später nochmal. Dann von Nummer zwei:“Sicher!“
Zwei schon im Flur, denkt sich Charlie. Und jetzt sind alle wach.
“Hoch!“
Lieutenant Fereday führt seine Gruppe eine breite Treppe in den ersten Stock hinauf. An der Einmündung zum oberen Flur bleibt er stehen.“Nummer neun, vor“, befiehlt er. “Nach rechts!“
Als der Mann um die Ecke biegt hört man von ihm nur noch ein “Kon-“ bevor Tentakel aus Ektoplasma ihn in Stücke reißen. Blitzschnell reißt Fereday eine Silberstaub-Handgranate von seinem Gürtel, macht sie scharf und wirft sie um die Ecke. Dabei erhascht er einen kurzen Blick auf die Kreatur. Es ist ein kleines Mädchen, in einem grellweißen Kleid. Ansonsten ist sie die Finsternis selbst. Schnell geht er wieder in Deckung. Die Explosion knallt gefolgt von einem unmenschlichen Geschrei. Fereday gibt noch schnell Handzeichen und stürmt dann mit Zwei, Vier und Acht nach rechts um die Ecke. Der Rest geht nach links. Jetzt werden Türen eingetreten, manchmal ertönen gedämpfte Schüsse, gefolgt von einem obligatorischen “Sicher“.
Er hat bisher nur leere Räume gehabt. Jetzt ist er an der letzten Tür. Innerlich zählt er von drei runter.
Krach
Unter seinem Tritt fliegt die Tür aus den Angeln. Als er in den Raum tritt, sieht er eine größere Gruppe an Kreaturen, alle jung, abgesehen von, wahrscheinlich einem Hexer, der schützend vor den Anderen steht.
“Wir geben auf. Bitte...tun Sie uns nichts“, ruft der alte Mann. Nach einem kurzen Moment korrigiert er:“Tun Sie ihnen nichts.“ Dabei deutet er mit einer Geste auf die Kinder im Raum.
Plopp Plopp
Der dürre Zauberer bricht tot zusammen. Ein Schuss ins Herz, einer in den Kopf. Letzterer verteilt die Hirnmasse des Alten auf seinen Schützlingen.
“Hände so, dass ich sie sehen kann! Wehe ihr versucht was!“, brüllt Charlie die schockierten Kinder drohend an. Jedes dieser kleinen Kinder könnte ihn grausam töten. Soweit das Memo des Generals ging, hat der alte Sack sie darauf trainiert.
Zum Glück unternimmt keine der Kreaturen etwas.
“Haus gesichert. Wir haben sie“, sagt Charlie in sein Mikrofon.
“Bringt sie runter“, befiehlt er.
Ein paar Minuten später steht er mit seiner Nummer Zwei, Sergeant Ivan Walker, vor dem Haus. Es hat angefangen zu regnen.
“Das lief doch ganz gut“, sagt Ivan, sichtlich erleichtert nicht mehr den Helm tragen zu müssen.
“Ja, stimmt. Ich habe mit mehr Verlusten gerechnet“, stimmt Fereday ihm zu.
“Glauben Sie wirklich, der Alte wollte sie zu Terroristen machen?“, fragt Ivan.
“Nein. Aber das ist egal. Wir haben unsere Befehle ausgeführt und jetzt kümmern sich die Ärzte um sie. Bald schon werden diese kleinen Monster wie jedes andere Kind auch sein. Die können nichts dafür, wenn sie von rassistischen 'Übermenschen' zu Wilden gemacht werden.“, gibt Charlie zurück.
Er sieht einen kräftigen, ungemütlich aussehenden Mann auf sie zukommen.
“Sie haben Ihre Sache gut gemacht, Ivan. Es steckt Großes in Ihnen.“ Fereday schüttelt seiner Nummer zwei die Hand und macht sich auf den Neuankömmling zu begrüßen.
“Sir, Lieutenant Fereday, was kann ich für Sie tun?“
“Lieutenant Johnson, Spezialeinheit. Wo sind die Kinder?“, antwortet der andere schroff.
Bei dem Klang seiner Stimme versteift sich Charlie. Was fällt dem denn ein?
“Sie sind hinten. Warten auf den Abtransport.“
“Holen Sie sie her. Neue Befehle.“
“Und...wie lauten diese Befehle?“
Der Andere bekommt ein breites, fast unheimliches Grinsen.
“Die Terroristen sollen liquidiert werden.“
Damit hat Charlie nicht gerechnet.“Was meinen Sie?“
“Bringen Sie die Kinder her, stellen Sie sie an die Wand und erschießen Sie sie!“
Der Stimmwechsel ist etwas lauter geworden, sodass einige Männer sich bereits wundern, was da vor sich geht.
“Wir haben denselben Rang...Sie können mir nichts befehlen“, kontert Charlie schwach. Was geht hier vor sich?
“Stimmt. Ich nicht“, er holt einen kleinen Umschlag aus seiner Tasche.“Der General schon“
Schnell liest Lieutenant Charlie Fereday das Papier.
Befehl zur Liquidierung sämtlicher Gefangener.
Gezeichnet,
General Marbas.“Sehen Sie?“ Das Grinsen verbreitert sich noch weiter.
“Sergeant. Holen Sie die Kind-, die Kreaturen.“
“Sir?“
“Neue Befehle. Tun Sie es einfach.“
“Sir, jawohl, Sir.“
“Ich wusste Sie würden zur Vernunft kommen.“ Lieutenant Johnsons Stimme schneidet Fereday bis zu den Knochen ins Fleisch. Er geht an ihm vorbei zu den Männern, die die Kinder vor sich auf die Knie gezwungen haben.
“Achtung!“
Fereday hört kaum etwas. Sein Herz schlägt ihm bis zum Hals.
“Legt an!“
Das Klicken von sieben Waffen, die entsichert werden, ist zu hören. Kurz darauf auch ein achtes, von Ivan.
“Feuer!“
Plopp Plopp Plopp Plopp Plopp Plopp
Sechs Kinder sinken mit Genickschuss zu Boden. Nur Ivan, der kürzlich Vater geworden ist, und Nummer Vier, Private Thomas, haben nicht geschossen. Alle starren verwirrt ihren “Chief“ an.
“Sir, ich kann das…“, setzt Walker an.
“Ist schon gut, Sergeant. Ist schon gut“, unterbricht ihn Charlie.
Thomas ist schluchzend zusammengebrochen. Die beiden noch lebenden Kinder weinen still. Sie wagen es nicht ein Geräusch zu machen.
“Lieutenant, ich glaube Sie müssen da etwas in Ordnung bringen“, sagt Lieutenant Johnson mit einem diabolischen Grinsen. Seine Stimme ist einfach nur angsteinflößend.
Wie in Trance zieht Fereday seine Pistole. Eine schwere .50.
Er hört nichts mehr. Er hält sie Waffe dem ersten Kind ins Gesicht. Der Regen versteckt seine Tränen.
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Creatures: A Marksman's Story
Short StoryLieutenant Charlie Fereday ist Mitglied einer der neuesten internationalen Einsatzkommandos der Welt. Ihre Spezialität: Kreaturen. Als das Schwert der Menschheit im Kampf gegen antihumanistischen Terrorismus durch Kreaturen stellt er seine Befehle n...