Tot und doch irgendwie lebendig

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Sie haben gesagt, wenn du stirbst zieht dein ganzes Leben an dir vorbei. Sie haben gesagt, wenn du stirbst siehst du die Leute vor deinen Augen die dir am Wichtigsten sind. Sie haben gesagt die Krankheit ist nicht so schlimm. Sie haben gesagt ich bin ganz schnell wieder gesund. Sie haben gesagt ich hab noch ein langes Leben vor mir." Das alles haben sie mir gesagt. Und jetzt ist es soweit. Ich weiß gleich sterbe ich. Und dann passiertes. 

Und ................nichts. Nichts. Einfach nur schwarz. Gähnende Leere in mir und ........... Dunkelheit. Ich liege hier also mitmeinen gerade mal 15 Jahren in einem Krankenhausbett mit dem Wissen das die Geräte ausgeschaltet worden sind. Und warte darauf dass mein Leben an mir vorbeizieht. Ich meine Eltern oder sonst wen sehe oder zumindest irgendwas anderes als diese bedrückende Schwärze. Ich das goldene Licht am Ende eines Tunnels sehe oder was sonst noch in den Filmen und Büchern gesagt wird was passiert wenn du stirbst. Doch nichts davon tritt ein. Ich merke wie es noch stiller wird. Als ob das überhaupt möglich ist ?! Stiller als gespenstisch still. Und diese Schwärze, diese Dunkelheit um mich herum kommt mir immer näher. Ich habe das Gefühl als würde sie mich gleich erdrücken.Dieses Gefühl das die ganze Welt immer näher, immer leiser, immer grauer und trauriger wird, es begleitet mich. 

Und dann. Dann plötzlich..........nichts. Keine Veränderung. Gefangen zwischen Leben und Tod. Zwischen lebendig und tot sein. Weder das eine so richtig noch das andere so richtig. Lebendig aber doch tot. Tot aber doch irgendwie lebendig. Eine Seele noch nicht ganz von ihrem Körper gelöst, aber schon so weit das sie alleine ist. Ein Geist steckengeblieben zwischen Raum und Zeit. Nach einer endlosen Zeit passiert doch endlich etwas. Meine Seele, mein Geist, mein Verstand, all das löst sich nun doch endgültig von meinem Körper und ich atme erleichtert auf, da ich denke das ich nun tatsächlich sterbe und nicht mehr gefangen bin. Ich schließe meine Augen. Doch ich hab mich jetzt nur vollständig von meinem Körper gelöst.

 Als ich meine Augen öffnete, erschlugen mich die Farben und Geräusche fast, die plötzlich von allen Seiten auf mich eintrafen. Ich war nun also immer noch gefangen zwischen Leben und Tod. Zwischen lebendig und tot sein. Immer noch lebendig aber doch tot. Immer noch tot aber doch irgendwie lebendig. Daran hatte sich nichts geändert, aber ich konnte die Menschen um mich herum nun sehen und hören. Mich in der unendlich weiten Welt frei bewegen. 

Ich fühlte mich frei. Aber bist du wirklich frei, wenn du dich irgendwo rastlos zwischen Raum und Zeit bewegst? Was bedeutet frei sein überhaupt? Ich dachte immer frei sein heißt glücklich sein. Tun und lassen können was man möchte. Sich keine Gedanken um irgendwas machen zu müssen. Alle Sorgen wie weggeblasen. Aber bin ich dann frei? Bin ich denn glücklich? Nein. Eigentlich bin ich nicht glücklich. Und tun und lassen können was ich möchte? Hmph. Ich wünschte ich könnte das.Ich kann ja nichts mehr anfassen. Nichts mehr sagen. Ich sprach davon dass ich gefangen bin. Kann man denn überhaupt frei sein, wenn man gefangen ist? Ich glaube wohl kaum.....

Das war vor ein paar Jahren. Seitdem wandele ich als Geist, als umherschweifende Seele, als Mensch ohne Körper, unter den Menschen umher. Tag für Tag. Woche für Woche.Monat für Monat. Jahr für Jahr. Mit der Zeit verlierst du dein Zeitgefühl. Welchen Wochentag wir haben fragst du mich? Welches Jahr wir haben fragst du mich? Wie viel Uhr es ist fragst du mich? Ich kann es dir nicht sagen. Zeit ist nichts. Zeit bedeutet nichts mehr. Alles hat seine Bedeutung verloren.

 Ich würde mich doch nur so gerne zur Ruhe legen. Einschlafen und nicht mehr aufwachen. Endlich Frieden finden. Aber stattdessen bin ich hier als einziger Toter unterlebendigen Menschen. Friedlos. Rastlos. Ohne Sinn und Zweck. Einfach nur da. Für immer einfach nur da. 

Am Anfang da war mir langweilig.Hach. Langweile. Wie gut doch Langweile war. Langeweile macht nämlich kreativ. Ich hab mir also jeden Tag neue Dinge überlegt die ich machen kann. 

Doch auch das vergeht irgendwann. So wie alles irgendwann vergeht. Irgendwann hast du dein Schicksal angenommen.Akzeptiert das du wohl dazu bestimmt warst für immer da zu sein.Ohne Bestimmung. Ohne Lebensziel. Ohne Beschäftigung. Was sollst du auch machen? Du kannst nichts mit materiellen Dingen mehr anfangen.Meine Bestimmung? Dieses Schicksal. Mein Lebensziel? Keins. Was soll ich auch noch erreichen wollen, wo doch all das was schön und erstrebenswert ist, nicht mehr zu erreichen ist? Meine Beschäftigung?Den Menschen zuschauen.

 Wie sie Fehler machen. Wie sie glücklich sind. Wie sie traurig sind. Wie sie den Dingen nachgehen die sie gerne machen. Ich schaue ihnen zu wie sie sich streiten. Wie sie sichin Kriege hineinreiten. Wie sie sich bekriegen. Wie sie in Frieden miteinander leben. Jedes mal stehe ich daneben. Unfähig etwas zusagen oder etwas zu tun. Für immer der stumme Beobachter.

Jahre sind vergangen. Wie viele?Kann ich dir nicht sagen. Sehr viele. Langsam verblassen die Farben um mich herum. Alles ist nur noch grau. Helles Grau. Dunkles Grau.Und was dazwischen. Kriege, Friedenszeiten, Krankheiten, neue Technologien. Alles ist an mir vorbeigegangen. Generationen um Generationen zog an mir vorbei. 

Immer mal wieder hab ich Wut empfunden. Ich war wütend wenn ich andere Menschen gesehen habe die ein schönes langes Leben hatten, die die große Liebe gefunden hatten. Doch am wütendsten war ich als man ein Hilfsmittel gegen die Krankheit, die mir das alles eingebrockt hat, gefunden hatte. Da war ich so wütend wie ich noch nie war. Wütend und traurig. 

Hätte es dieses Hilfsmittel gegeben als ich es gebraucht hätte. Ich hätte viel länger leben können. Heiraten, eine Familie gründen können,ein schönes langes Leben leben können. Ich wäre nicht gestorben. Wobei so richtig gestorben bin ich ja nun auch nicht.Sonst wäre ich ja jetzt tot. 

Ich könnte mich jetzt darüber aufregen, aber das würde ja auch nichts mehr bringen. Ich war froh wenn ich wütend, traurig, genervt oder fröhlich war. Sie haben diesem sinnlosen Leben noch ein klein bisschen Normalität verliehen.Jetzt empfinde ich eigentlich gar nichts mehr. Gefühlslos. Friedlos.Rastlos. Ohne Sinn und Zweck. Einfach nur da. Lebendig aber doch tot.Tot und doch irgendwie lebendig.

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Hey. Das Thema zu der ich die Geschichte geschrieben hatte, war Untote, lebendige Tote im Alltag, Leben nach dem Tod usw. 

Ich hoffe euch hat mein Beitrag gefallen. Ich würde mich über Rückmeldung egal ob positiv oder negativ freuen. 

Liebe Grüße und bleibt weiterhin gesund, Lina

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