" Und du bist dir sicher, dass es dir nicht zu viel wird?" Stanley blickte den etwas größeren Jungen mit den rotbraunen Haaren fragend an. " Du weißt, dass ich gerne Zeit mit dir verbringe, aber ich will dich nicht dazu verpflichten, deinen Nachmittag damit zu verbringen, zusammen war mir den Schulstoff aus Englisch durch zu wälzen." Das stimmte wohl.

Stanley Uris war eigentlich niemand,der sich Anderen absichtlich aufdrängte. Niemand, der von Anderen erwartete, dass sie die ganze Zeit über bei ihm sein würden. Dass sie ihm bei jeder Kleinigkeit helfen würden. Er war niemand, der nicht zuerst versuchte, ein Problem alleine zu lösen, ehe er sich an seine Freunde wandte- der sich mit jedem auch nur so kleinen Problem an die wandte. Niemand, der sich seinen Freunden aufdrängte, wenn er bemerkte, dass es diesen zu viel sein würde.

Wenn er das Gefühl hatte, dass er ihnen dadurch nur ein Klotz am Fuß sein würde. Wenn er das Gefühl hatte, dass sie dies nicht gebrauchen könnten, weil sie zu sehr mit etwas Anderem beschäftigt waren. Dass sie selbst viel zu tun, zu bewältigen hatten. Wenn er das Gefühl hatte, dass er ihnen dadurch nur ein wenig Zeit stehle  würde, die diese für andere Dinge benötigten. Dass seine Frage nach Hilfe unerwünscht wäre, obgleich seine Freunde ihm bereits so oft gesagt hatten, dass er immer zu ihnen kommen könnte, wenn er Hilfe brauchte- egal bei was.

Dass er sich immer an sie wenden könnte, auch, wenn es um kleinere, nicht besonders wichtige Probleme gehen würde. Dass sie ihm zuhören würden. Dass sie versuchen würden, ihm zu helfen. Dass sie gerne versuchen würden, ihm zu helfen. Und trotz dessen, trotz ihren Worten, fiel es ihm oft schwer, Hilfe anzunehmen. Trotz ihren Worten, fühlte er sich hin und wieder fast schon in gewisser Weise schuldig, wenn er Hilfe von ihnen verlangte- nicht immer. Aber dennoch ab und zu, wenn ihn wieder einmal das Gefühl überkam, dass er dues zu oft tat. Wenn ihn wieder einmal das Gefühl überkam, dass er zu oft etwas von ihnen abverlangte.

Und obgleich es sich bei dem Lernen nur um eine Kleinigkeit handelte- obgleich es sich nur um einen kleinen Gefallen handelte, und Bill jenen Vorschlag, dass sie zusammen lernen könnten von selbst geäußert hatte, als Stan sich vor einigen Tagen einmal über das Thema Interpretation von englischer Literatur beschwert hatte.- hatte er ein wenig das Gefühl, als würde er sich Bill aufdrängen. Obgleich ein Teil von ihm- der rational denkendere Teil- ihm stets sagte, dass dem nicht so war.

Ihm sagte, dass jener Gedanke ziemlich lächerlich war, zumal sein Freund jenen Vorschlag nicht gemacht hätte, wäre es ihm zu viel gewesen. Dass er jenen Vorschlag nicht gemacht hätte, wenn er ihm nicht wirklich helfen hätte wollen. Wenn er nicht wirklich Zeit mit ihm hätte verbringen wollen. Obgleich ein  Teil von ihm stets versuchte, ihn an die letzten vier Monate zu erinnern. Die letzten vier Monate, die vergangen waren, seit Bill und er bemerkt hatten, dass sie etwas füreinander empfanden- Nein.

Nicht ganz. Seit sie erfahren hatten, dass der jeweils Andere ihre Gefühle erwiderte. Seit sie bemerkt hätten, dass sie das Gleiche füreinander empfanden. Dass das, was sie füreinander empfanden über Freundschaft hinaus ging. Dass sie einander liebten. Die letzten vier Monate, in denen Stan erfahren hatte, dass Bill ihn liebte. In denen er erfahren hatte, dass dieser seine Gefühlen erwiderte, und es anfangs gar nicht wirklich glauben hatte können.

Zwar glücklich und überrascht gewesen war, aber fast nicht geglaubt hätte, dass der ein wenig ältere Junge wirklich etwas außer freundschaftlichen Gefühlen für ihn empfand.  Die letzten vier Monate, in denen sie noch einmal bemerkt hätten, wie viel sie einander bedeuteten. Die letzten vier Monate, in denen Bill ihm so oft- wenn jene Zweifel zurück gekommen waren-  gesagt hatte, dass Stan ihm nie ein Klotz am Fuß sein würde.

Dass es ihm nie zu viel sein würde, wenn dieser mit ihm über irgendwas sprechen wollte- wenn ihn etwas bedrückte, und er es loswerden wollen würde. Wenn er Hilfe brauchen würde. Wenn es etwas gab, mit dem er nicht alleine fertig wurde. Und dennoch hatte er hin und wieder Angst, den Jungen mit den rotbraunen Haaren und den blauen Augen zu verlieren. Angst, dass er ihn irgendwann möglicherweise doch ein wenig zu sehr belasten würde.
Dass es diesem irgendwann doch ein wenig zu viel werden würde. Dass er, Stanley, kein sonderlich guter Freund wäre.

Hanahaki ( Reddie) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt