Kapitel 18

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Sanft strich James mit einer Hand durch das rabenschwarze Fell seines Pferdes. Unter seinen Fingern konnte er die ruhige Atmung eines tierischen Begleiters spüren und versuchte ebenfalls tief durchzuatmen, in der Hoffnung seine Anspannung so lösen zu können. Eine Anspannung, die er zu spüren begonnen hatte, sobald Yennefer außer Sichtweite gekommen war und die er nur allzu gerne abschütteln würde. Der Versuch sich einzureden, dass er sich rein gar keine Sorgen um ihren Erfolg machen musste, war bereits gescheitert, denn obwohl er auf ihr Können vertraute, hielt er es weiterhin für ein Risiko, doch es war eines, das sie wohl in Kauf nehmen mussten. Selbst, wenn sie es ungern taten.

Ein weiteres Mal holte er Luft, bevor er dann seufzte und sich von Raven löste, um stattdessen einen Blick in die Richtung des Mädchens zu werfen, auf das er aufpassen sollte. Grace hatte sich am Wasser neben einem Baum auf den Boden gesetzt und lehnte sich mit ihrem Rücken gegen den Stamm. Ihr Gesicht hatte sie gen Himmel gereckt und genoss das Gefühl der tanzenden Sonnenstrahlen auf ihrer Haut.

„Passt bitte auf, dass Ihr nicht ins Wasser fallt", sagte James und verschränkte seine Arme vor der Brust. Auch wenn sie kein kleines Kind mehr war, verspürte er keine sonderlich große Lust dazu die Prinzessin aus dem Wasser zu fischen und sich von Yennefer vermutlich später anhören zu müssen, dass er unachtsam gewesen sei.
„Keine Sorge", antwortete die Prinzessin allerdings nur und wandte ihm ihren Blick zu:"Ich sitze weit genug weg vom Wasser. Damit ich reinfalle, muss schon ein wenig mehr passieren."

Er brummte etwas Unverständliches, das jedoch klar werden ließ, dass das nicht die Antwort war, die ihm lieb gewesen wäre. Allerdings sagte er auch nichts dagegen, weshalb das Mädchen einfach weiter in dieser Position verharrte. In diesem Moment bereute er es ein wenig nicht doch an Yennefers Stelle gegangen zu sein und sich stattdessen darauf eingelassen hatte mit dem Mädchen alleine hier zu bleiben. Er war nicht gut mit Kinder. Es war zwar nicht so, dass er sie nicht mochte, doch irgendwie fiel es ihm schwer an sie heranzukommen. Eine Sache, die seiner dunkelhaarigen Reisegefährtin hingegen gar nicht so schwer zu fallen schien. Vielleicht hatte sie das auch bemerkt und sich deshalb absichtlich dafür entschieden die beiden ein wenig alleine zu lassen. Zutrauen würde er es der Magierin auf jeden Fall.

Egal, ob sie sich nun etwas dabei gedacht hatte oder nicht, ihm blieb nun keine andere Wahl mehr, als hier mit Grace zu bleiben, bis Yennefer wiederkam. Auch wenn er sich wünschte, dass dies schnell geschehen würde. Ein Gedanke, der ihn selbst ein wenig überraschte. Immerhin war er anfangs ganz und gar nicht damit einverstanden gewesen, dass er diesen Auftrag nicht alleine erfüllen würde, sondern jemanden an seine Seite gestellt bekommen hatte und dass es dann auch noch jemand wie Yennefer war. Mittlerweile musste er jedoch zugeben, dass die ein oder andere Situation ohne sie vielleicht ein wenig kniffliger gewesen wäre. Das bedeutete allerdings noch lange nicht, dass er ihr traute. Dafür gab es viel zu viele Dinge, die er über sie noch nicht wusste und die sie ihm dem Anschein nach absichtlich zu verschweigen versuchte.

Er ließ sich ebenfalls auf den Boden sinken und starrte auf die Wasseroberfläche, die im Licht der Sonne schillerte. Mit einer Hand tastete er auf dem Boden neben sich herum, bis seine Finger einen spitzen Kieselstein nach dem anderen berührten. Er griff nach einem von ihnen und richtete kurz einen Blick darauf, bevor er wieder in Richtung See sah. Ohne richtig darüber nachzudenken, holte er aus und warf den Stein mitten in den See. Einmal hüpfte er über die Wasseroberfläche, bevor er dann mit einem leisen ‚Plop' unterging.

Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie Grace sich ihm zuwandte:"Ihr könnt doch keine Steine in den See werfen."
James tat es ihr gleich und sah ebenfalls zu ihr herüber:"Warum nicht?"
„Wisst Ihr nicht, was das für ein See ist?", nun hatte er es geschafft ihre Aufmerksamkeit völlig auf sich zu ziehen, denn sie stand auf und ging zu ihm herüber. Kurz dachte James über ihre Frage nach. Er wusste, dass sie sich noch immer auf dem richtigen Weg befanden, doch an den Namen dieses Sees, der laut Yennefer auf der Karte eingezeichnet hatte, konnte er sich nicht erinnern. Trotzdem drängte sich ein Name in seine Gedanken, den Yennefer beiläufig erwähnt hatte, als sie auf dem Weg zu dem Gewässer gewesen waren.
„Das ist der Sehgen See", bestätigte Grace seine Vermutung auch so gleich ehe er den Gedanken richtig beendet hatte:"Kennt Ihr nicht die Sagen? Meine Mutter hat sie mir früher immer erzählt."

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