Nervös hatte ich auf der Wiese gesessen und auf ihn gewartet. Um etwas produktives zu machen, hatte ich mir unser neustes Stück im Orchester angehört und versucht mir die Melodie einzuprägen. Doch da waren sie wieder, die Gedanken an ihn. Noah, den perfekten Solisten mit diesen wunderschönen dunklen Haaren und den nahezu schwarzen, endlosen Augen, dem großen, sportlichen Körperbau und seiner Stimme. Er hatte eine unglaublich angenehme und tiefe Stimme, die mir jedes mal auf neue einen Schauer über den Rücken gejagt hatte. Wir hatten uns im Orchester kennengelernt, er war gerade erst zu uns gewechselt und war davor in einem der angesehensten Orchester Deutschlands. Warum er gewechselt hatte, war mir nie klar geworden, aber ich wollte mich schließlich nicht beschweren. Meine Produktivität war schon lange verflogen gewesen und ich hatte verträumt die Straße hinunter geschaut, als ich plötzlich seine Stimme hinter mir gehört hatte. Mir war abwechselnd heiß und kalt geworden, alles war mir wie in Zeitlupe vorgekommen. Er hatte sich neben mich gesetzt und mich gefragt, was ich angestarrt hatte. Natürlich war ich rot angelaufen, hatte mich aber noch gerettet, indem ich gesagt hatte, dass ich mich nur auf unser neues Stück konzentriert hatte. Dann war es still geblieben. Die Spannung, die in der Stille lag, war schon fast greifbar gewesen. Ich hatte nicht anfangen wollen, zu aufgeregt war ich gewesen.
Schon von Anfang an war mir klar gewesen, dass ich mehr für ihn empfand. Wir hatten an einem Pult gesessen und in jeden freien Sekunde miteinander geredet. Oft hatte er versucht mich abzulenken, indem er den Notenständer von mir weg drehte oder den Dirigenten nachäffte. Nicht eine Probe war vergangen, die nicht durch unser Lachen gestört wurde. Ich hatte schon immer mehr gewollt, doch bis dahin waren wir nichts weiter als "Orchesterfreunde".
Ein paar Wochen vor unserem Treffen, hatten wir angefangen privat zu schreiben und uns nicht nur über irgendwelche Stücke zu unterhalten. Stattdessen hatten wir uns über private Dinge unterhalten und uns gegenseitig von unseren Leben zu erzählen.
Ich wurde wieder einmal von seiner Stimme aus den Gedanken gerissen. "Ophelia?", hatte er gesagt. Ich hatte mir gedacht, wie schön mein Name doch aus seinem Mund geklungen hatte. "Wollen wir vielleicht ein Stück spazieren gehen?" Nur zu einem Nicken war ich im Stande gewesen und bin daraufhin aufgestanden. Eine Weile waren wir schweigend nebeneinander gelaufen. Es war mir so vorgekommen, als würde mich die Stille erdrücken. "Also ähm, wie geht's dir?", hatte ich gefragt. Bis heute war ich deswegen sauer auf mich. Ich hatte Smalltalk schon immer gehasst. Auch er hatte das gewusst. Kurz hatte er leise gelacht, aber dann gesagt, dass es ihm gut ginge. Und da war sie wieder gewesen, die Stille. Ich hatte mir vorgenommen ihm meine Gefühle zu offenbaren, aber ich hatte nicht gewusst wie. "Ich muss dir was sagen.", hatte ich gesagt ohne wirklich darüber nachzudenken. Schon damals war ich nicht die hellste Kerze auf der Torte gewesen. Noah war stehen geblieben und hatte mich einfach angeschaut. Nervös hatte ich versucht seinem Blick auszuweichen, was leider nur semi-gut funktioniert hatte. Einmal tief durchatmen.
"Ich hab Gefühle für dich."
Kurz und schmerzlos. Wie das Ablösen eines Pflasters.
Was danach geschah, hatte ich nur in einem tranceartigen Zustand wahrgenommen.
Er hatte meine Gefühle erwidert und mich geküsst.
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Short StoryDieses Buch ist aus einzelnen Kurzgeschichten/Oneshots zusammengesetzt, die KEINE Fanfictions sind. Zudem hat es kein einheitliches Thema, wie LGBTQ+, heterosexuelle Paare etc., sondern es kann alles vorkommen und thematisiert werden. Gerne könnt i...