Zurück ins Leben

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"Annie, es reicht endgültig! Du hast das Fass zum Überlaufen gebracht! Wie konntet ihr eurem Lehrer das antun?!"

"Maaan, er ist doch noch am Leben. Und außerdem interessiert dich das doch eh nicht, du bist ja sowieso nie zuhause!"

"Wage es nicht, so mit mir zu reden, Fräulein! Dein Handeln wird Konsequenzen haben, das kannst du mir glauben!"

___

3 Jahre ist das nun her. Seitdem war ich auf einer Benimmschule in Wales gefangen. Natürlich nicht freiwillig, aber leider auch nicht ganz unschuldig. Denn die ganze Scheiße, die ich damals in meiner Schule abgezogen habe, musste mir erstmal einer nachmachen.

Aber ich hatte Hilfe. Niemals hätte ich das alles alleine geschafft. Und das war mein ehemaliger bester Freund Niall Horan. Zusammen haben wir Papierkörbe angesteckt, den Feueralarm fast jeden Tag ausgelöst, Fenster und Wände besprüht, Stinkbomben in den Räumen verteilt...diese Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Das Geilste war aber, dass wir einmal im Sportunterricht die Kleidungen der ganzen Schlampen aus meiner Klasse zerschnitten und zerfetzt haben. Das war ein Spaß, wie die geguckt haben mit ihren zugekleisterten Gesichtern. Das Beste war Niall, der zu Elisa, meiner meistgehassten Person, sagte: "Ey Elisa. Du hast da ein bisschen Gesicht in deinem Make-Up." Wir krümmten uns daraufhin wie Igel auf dem Boden, während die Anderen heulten.

Elisa war die größte Schlampe der ganzen Schule. Nichts und niemand war vor ihr sicher. Sie hatte sogar mit Lehrern geschlafen, um ihre Noten zu verbessern. Da waren wir übrigens in der zehnten Klasse.

Niall ließ sich nie von ihr beeindrucken und da war ich auch froh drüber, denn ich wollte nicht, dass er eine weitere Trophäe zwischen unseren allwissenden Nerds und verschwitzten Footballspielern wurde. Naja, sie hatte halt jeden.

Wir haben uns nach unseren zahlreichen Aktionen nie versteckt oder so getan, als wären wir es nicht gewesen, es war sowieso immer klar, dass wir dahintersteckten.

3 Jahre hatte ich nun an dieser Schule verbracht. 3 Jahre wurde mir beigebracht, ein besserer und höflicher Mensch zu werden. Diese 3 Jahre waren nun rum und meine Mutter holte mich endlich wieder zu sich. Gestern hatte mir meine Direktorin gesagt, dass sie mich heute abholen würde und nun saß ich im Auto auf dem Weg in meine Vergangenheit.

"Annie, ich möchte, dass du gleich nachdem wir nach Hause kommen, deine Großeltern anrufst. Sie haben sich nach dir erkundigt.", sagte meine Mutter und holte mich damit in die Wirklichkeit zurück, die gerade in einem Affentempo an mir vorbeizog.

Ich nickte höflich und notierte es in meinem Kopf.

Ich wusste nicht, ob ich mich auf meine alte Schule freute. Zum einen war ich gespannt, was aus allen geworden war, denn auf der Benimmschule war jeglicher Kontakt zur Außenwelt verboten gewesen. Aber zum anderen hatte ich auch Angst, dass sich zu viel verändert haben könnte.

Ich hatte mich definitiv verändert. Schminken tat ich mich nur noch ganz dezent und mein Klamottenstil glich eher einem Fruchttörtchen als dem eines ehemaligen Bad Girls.

Während ich aus dem Fenster schaute und die Gegend um mich herum langsam wiedererkannte, drifteten meine Gedanken zu dem Tag, der mein ganzes Leben veränderte...

___

"Annie komm schon. Das wird die geilste Aktion, ich schwörs dir.", sagte Niall und haute mir freundschaftlich auf die Schulter. Er hob eine Augenbraue und schaute mich abwartend an.

Ich zögerte. So etwas hatten wir noch nie gemacht. Das Ding konnte gewaltig schiefgehen. Außerdem drohte mir meine Mutter seit unserem letzten Streich mit einer Benimmschule.

Nicht, dass ich sie ernst nahm, ihr war das sowieso egal. Wegen ihrer Arbeit war sie selten zuhause und bekam meistens gar nicht mit, was wir alles anstellten.

"Annielein?" Ich schüttelte den Kopf, um meine Zweifel loszuwerden und schaute in Nialls ungeduldige Augen.

"Wir ziehn's durch.", sagte ich ohne ein weiteres Zögern und schlug mit ihm ein.

"Hammerhart Annie.", lachte Niall und knallte seinen Rucksack auf den Experimentiertisch. Er holte verschiedene chemikalische Dinge hervor, von denen ich keine Ahnung hatte, was sie waren. Aber sie stanken bestialisch.

Wir schütteten sie alle zusammen, bis auf eine.

"Salzsäure.", raunte Niall geheimnissvoll, füllte einen Kolben damit und stellte ihn neben unsere Mischung.

"Wenn Herr Wieland das dazugibt, gibt das ne schöne Überraschung.", lachte er leise und packte den Rest wieder ein.

Ich lachte mit und freute mich insgeheim auf die folgende Chemiestunde.

Nach dem Klingeln gingen Niall und ich gemütlich zum Klassenraum, wir wollten ja nicht schon gleich auffallen und setzten uns in die erste Reihe. Herr Wieland betrat pünktlich den Raum und alle standen sofort auf und begrüßten ihn. Alle bis auf Niall und mich.

Der Lehrer schaute uns herablassend an und kam an unsere Tische. "Mister Horan und Miss Weegan. Brauchen sie wieder eine Extra-Einladung?" Wir schüttelten ruhig mit dem Kopf und sagten nichts.

Herr Wieland wurde wütend und ging zu seinem Tisch zurück. "Nachsitzen. Alle beide! Nach der Stunde!", bellte er und schrieb in Großbuchstaben 'VERSUCH' an die Tafel.

Der wird sich noch wundern, dachte ich und machte ein High-Five mit Niall unterm Tisch.

"In der heutigen Stunde werden wir uns anschauen, was passiert, wenn man Essig mit Phenolphtalein (Phenolphtalein ist wirklich eine Chemikalie) mischt. Achten sie auf etwaige Dampfentstehung und machen sie sich Notizen."

Während er so weiterlaberte, griff er nach dem Kolben mit der Salzsäure und schüttete es in unser Gemisch.

Gespannt lehnten Niall und ich uns nach vorne, um ja alles im Blick zu haben. Aber es passierte nichts. Nicht mal eine kleine Rauchwolke. Enttäuscht drehte ich meinen Kopf zu meinem Sitznachbarn und wollte ihn gerade als Idioten abstempeln, als es plötzlich laut knallte.

Es ging alles rasend schnell. Das explodierende Glas flog uns um die Ohren und Herr Wieland lag am Boden. Regungslos. Von seiner Wange tropfte Blut auf den kalten Schulboden.

Starr vor Schreck konnte ich mich keinen Millimeter rühren. So ging es den meisten aus unserer Klasse. Wir saßen einfach nur da.

Damit hatte ich nicht gerechnet.

Niall reagierte als erster. Wie von der Tarantel gestochen lief er nach vorne zum Lehrer und tätschelte seine Wange, vermutlich in der Hoffnung, er würde aufwachen. Aber das tat er nicht.

"Ruft einen Krankenwagen!", brüllte er und ich zuckte zusammen. Mit zitternden Händen griff ich nach meinem Handy und wählte die Nummer der Notrufzentrale.

Der Löwe und das Lamm || Niall Horan FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt