1. Kapitel

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Blaugrüne Wälder zogen in Schlieren am Zugfenster vorbei.

Geistesabwesend schaute May nach draußen und stopfte sich dabei Salzstangen in den Mund.

"Gib gefälligst was ab", murrte Jasmin neben ihr. Sie saßen in einem 4er Abteil, Jasmin und MAy auf einer Seite, die Bank gegenüber wurde ganz von einem schlafenden jungen Mann in Wandererkleidung mit Schweiflecken und uralten Schuhen eingenommen, von dem ein käseartiger Geruch ausging, den Jasmin so gut es ging ignorierte.

"Du hast Chips", winkte May ab, ohne ihren Blick abzuwenden.

"Wie frech!", beschwerte sich ihre Nachbarin und langte blitzschnell nach Mays Packung.

"Nope", sagte diese und brachte die Packung mindestens genauso schnell in Sicherheit. "Handel", bemerkte sie nach einem Blick auf die Uhr. Noch 3 Stunden, dann waren sie da.

Jasmin betrachtete sie schmollend. "Handeln? Wir sind Freunde, keine Geschäftsleute!"

May schüttelte nur den Kopf." Handel. Ich will nämlich genauso was von deinen CHIPS!" Sie bleckte die Zähne und starrte hungrig auf Jasmins Chipstüte, die ängstlich an die Brust gepresst wurden.

"Du fieses Monster!!!" quickte Jasmin gespielt terrorisiert. "Lass mich dir zeigen, was ein Monster machen würde!", rief sie plötzlich angsteinflößend und begann eine Kitzelattake.

"OH!- Du-... hahahaha- du Krümelmonster! Argh- Hahahaha!!!" May kringelte sich vor Lachen unter den Fängen ihrer Freundin und langte gleichzeitig mehrmals nach der Tüte ihrer Angreiferin.

"Nichts da! Wer so assozial wie du bist, verdient keine Chips!", behauptete diese und quälte dabei unnachgebig weiter.

"LASS DAS!", fiepte May und brachte Jasmins Hände in ihre Gewalt. "SO, damit das klar ist: Kitzeln ist foul play!" "Ist es nicht!", entgegnete Jasmin empört. "Es war ein berechtigtes Mittel gegen deine habgieriege Instinkte!" "Ich bin doch nicht dumm!", protestierte May."Hättest du erst meine Salzstangentüte, hätte ich sie nur leer und beerdigungsreif zurückbekommen!" "Nicht wahr!" "Oh doch!" "Überhaupt nicht!" "Aus Erfahrung stimmt das!" "Ach ja? Beweis es!"

"Ich misch mich nur ungern ein, aber bei der Lautstärke von euch ist es wohl unabweichlich: Wenn ihr nicht sofort teilt, bekomm ich die Chips", sagte auf einmal eine Stimme neben den beiden Mädchen.

Eine Sekunde lang herrschte überraschte Stille.

"Ähm", sagte Jasmin.

"Du hast keine Ahnung...", sagte May in einem bedeutungsvollen Ton, "...worauf du dich da einlässt."

"Ich mein, hast du mal ihre Fingernägel gesehen?", sagte Jasmin ungläubig und zeigte dem Jungen aus ihrem Abteil Mays spitz zulaufende Finger, "Dass könnten schon fast Mordwaffen sein!"

Der junge Mann, der in etwa in ihrem Alter war, grinste nur unbeeindruckt. "Damit werd ich fertig."

"Ach ja?" Jasmin und May sahen sich an. "Nur über unsere Leichen bekommst du unsere Snacks!" "Wir werden dich fertig machen", bestätigte May und versuchte, anstatt wie eine Irre zu lachen, furchteinflößend zu gucken.

"Mh", machte der Junge nur. "Was macht ihr, wenn ich meine Schuhe in diesem. Kleinen. Warmen. Raum ausziehe?"

Die Mädchen sahen ihn für einen Moment lang verwirrt an. Dann sahen sie sein selbstsicheres Grinsen und ihre fragenden Gesichter verwandelten sich in von furchtverzerrten.

"Du würdest nicht-" "OH NEIN!" "...niemals!-..." "Käsefüße? Bitte nicht!" "Ein ALPTRAUM!"

"Chips", verlangte der junge Mann und begann, einen seiner Schuhe auszuziehen.

"NEIN!", kam gleichzeitig der entsetzte Schrei. Und eine Chipstüte wurde ihm vor die Nase gehalten.

"Bedien dich", forderte Jasmin hecktisch und May nickte mit aufgerissenen Augen.

Er grinste und ließ von seinem Schuh ab. Als er sich die knisternden Chips einverleibte, stöhnte Jasmin frustriert auf und May kicherte unterdrückt.

"Deine Schuld." "Voll die deine." "Vergiss es." "Ich will ChIpS!" "Ich auch."

Zufrieden ließ er sich zurück auf das Polster gleiten.

"Sorry, dass wir dich geweckt haben", sagte May und schob sich einige Salzstangen rein.

"Geht schon in Ordnung", winkte er noch immer grinsend ab.

"Übrigens May, DASS ist Foul Play!"

"Stimmt, aber Kitzeln gehört auf jedem Fall auch dazu!"

"Stimmt", ließ der Wanderer verlauten und Jasmin verdrehte die Augen. "Du hast deine Chance, von mir angehört zu werden, längst verspielt!" May bot ihr amüsiert eine Salzstange an, während der junge Mann sich wieder einige Chips in den Mund warf.

"Erstick dran", fauchte Jasmin leise und nahm die Salzstange dramatisch in Empfang.

Das Geheimnis der gedruckten LeereWhere stories live. Discover now