Kapitel 1

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Ich boxe immer weiter gegen den Boxsack und habe meine Kopfhörer im Ohr von denen ich meine Lieblingsmusik abspiele. Um mich herum habe ich alles ausgeschaltet und konzentriere mich einzig und alleine auf meine Schläge, die den Boxsack treffen sollen. Schon als Kind habe ich das Gefühl geliebt bei dem meine Faust mit voller Wucht gegen etwas schlägt. Jetzt als 17-jährige lasse ich meine Wut durch das Boxen raus, anstatt sie in mir anzustauen und abends auf meinem Bett zu liegen und zu heulen. Und diese Wut hat sich über das letzte Jahr sehr stark angestaut. 

Völlig verschwitzt lasse ich nach weiteren 15 Minuten vom Boxsack ab und schalte die Musik aus. Meine Wasserflasche steht immer neben mir bereit, welche ich dann auch schnappe und mich auf eine Bank setze. 

"Wow, dass du heute nochmal Pause machst, damit habe ich nicht gerechnet.", ertönt die Stimme meiner besten Freundin Helen, die sich neben mich auf die Bank setzt. "Ach komm schon. So schlimm bin ich nicht und außerdem muss ich Frust ablassen.", rechtfertigen ich mich. 

Helen und ich sind Freunde seitdem wir zusammen im Kindergarten zum ersten Mal eine Sandburg gebaut haben. Viele weitere gemeinsame Erinnerungen folgen dann. Als wir mit 5 Jahren das erste Mal beieinander übernachtet haben und dachten, dass mein Stuhl ein Monster sei. Oder als Helen sich auf der Busfahrt in die Hose gemacht hat. Doch das Beste werde ich niemals vergessen. Wir waren 6 Jahre alt, als Helen bei mir zu Besuch war und gegenüber von und neue Nachbarn eingezogen sind. Zwei Jungs mit ihren Eltern. Die beiden Jungs waren Jason und Derek, damals 9 und 7 Jahre alt.
Derek wurde schnell unser bester Freund mit dem wir in die erste Klasse gekommen sind und nun sogar alle zusammen in der 11. Klasse sind. Unsere letzten zwei gemeinsamen Jahre. Zumindest mehr oder weniger...

"Schluss für heute.", fragt mich Helen, die aufsteht und mir ihre Hand hinstreckt. "Schluss für heute.", sage ich und nehme die Hand. Zusammen gehen wir in die Umkleidekabine und ziehen uns um. "Du, Rylee. Hast du heute noch was vor oder wollen wir uns später treffen?", fragt mich Helen. "Sorry Helen wirklich gerne, aber ich schreibe morgen meine Matheklausur und wollte noch ein bisschen lerne.", sage ich ihr, aber sie gibt sich damit nicht zufrieden. "Ach komm schon Ry. Du bist super in Mathe, Was willst du denn da noch verbessern?", versucht mich Helen zu überreden, doch ich schlage weiterhin ab. "Helen! Du weisst wie wenig ich für Mathe gelernt habe und wie schnell ich irgendwelche Fehler mache.", sage ich ihr und tatsächlich gibt sie nach. "Na gut, aber morgen dann.", sagt sie. "Versprochen."

Nachdem wir uns umgezogen haben, gehen wir zum Coach, um uns zu verabschieden. "Bis morgen David.", trällern wir. "Bis morgen Mädels.", sagt er und wir verlassen die Halle. Wir haben beide mit 5 Jahren angefangen zu boxen. Größtenteils aus dem Grund, weil wir das immer im Fernsehen gesehen haben und es echt cool fanden. Das wir es 12 Jahre später immer noch machen, hätte keine von uns am Anfang gedacht, vor allem unsere Eltern nicht. Mein Dad kannte David aus seiner Jugendzeit, da beide zusammen in eine Klasse gegangen sind, weshalb er uns den Kontakt zu seiner Boxhalle hergestellt hat. Am Fahrradständer schließe ich mein Fahrrad auf, als ein Auto vorfährt und hupt. Helen dreht sich um, da sie mit dem Rücken zur Straße steht und beginnt zu kreischen, als sie sieht, wer im Auto sitzt. 

"NEIN! Das kann nicht sein.", schreit sie begeistert. Sie lässt alles fallen und sprintet zu dem Auto hin. Aus dem Auto steigt ein Junge mit brauen gegelten Haaren und strahlend grünen Augen. Helen springt ihn an und umarmt ihn, sodass ich fast das Gefühl habe, als würde sie ihn gleich zerquetschen. Sie küssen sich und können sich schon gar nicht mehr voneinander lösen, was mich zum Kichern bringt.  "Warum hast du nicht gesagt, dass du schonwieder da bist.", höre ich Helen zu Derek sagen. Helen hat sich wieder von ihm gelöst und schaut ihn kritisch an. "Sonst wäre es doch keine Überraschung gewesen.", sagt Derek und zwinkert mir zu, was Helen sieht. 

UnconditionallyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt