Margarete
Wenn man in die erste Klasse kommt, denkt man sich als Kind: Was für ein Mist. Schule bedeutet weniger Zeit zum Spielen, mehr lernen und vor allem frühes aufstehen um auch ja immer pünktlich zu sein. Man muss sich an viele neue Sachen gewöhnen. Dabei will man doch einfach nur spielen, essen, schlafen und Spaß haben.
Die Eltern sagen, dann immer: „Schule ist doch toll, du lernst was und kannst dich weiter entwickeln. Freu dich, dass du dieses Privileg überhaupt hast."Gekrönt wird das Ganze durch einen Affentanz, der sich Einschulung nennt und zeigen soll, dass du nun in einem neuen Lebensabschnitt angekommen bist.
Ganz ehrlich, dass einzig richtig Geile daran ist für jeden die riesige faszinierende Schultüte.
Für fast jeden.Denn ich war das Mädchen im rosa Kleidchen, dass freudestrahlend auf eine Cinderella Schultüte zu gerannt ist.
Leider musste ich dann aber erfahren, dass meinne Schultüte die daneben ist.
Meine Eltern hatten mir doch tatsächlich eine Schultüte mit Ariel gekauft. Ich hätte heulen können.An das rosa Kleid dagegen denke ich gern zurück. Ich hatte es geliebt. Jetzt sechs Jahre später stehe ich wieder vor dem Kleiderschrank. Wieder habe ich Einschulung.
Ich meine welcher Mensch kommt auf die Idee eine Einschulung zu veranstalten nur, weil man aufs Gymnasium kommt.
Mir ist klar im Gegensatz zu damals ist die Kleiderfrage existenziell. Ich will auf jeden Fall eine Enttäuschung verhindern.
Aber wie konnte ich das schaffen?
Wegen meines Kleidungsstils schaut man mich eher schief an. Mein Motto lautet: „Hauptsache bunt".Aber bevor ich daran auch nur einen zweiten Gedanke verschenke, wird die Entscheidung mir abgenommen. Wie soll es auch anders sein. Meine Eltern führen erst einmal eine hitzige Diskussion darüber, ob es ein feierlicher Akt ist und was ihrer Meinung nach angebracht ist.
Jetzt stehe ich vor dem Spiegel im Badezimmer im wunderschönen silbernen Ballkleid und die Zweifel beginnen an mir zu nagen. Ich meine, ist das nicht ein bisschen to much?
Mich würde es sehr wundern, wenn die alle so rumlaufen auf der „Einschulung".
Zu meinem Leidwesen sind meine Eltern begeistert von dem Kleid, welches ich letztes Jahr auf der Hochzeit meiner Cousine trug.
Jetzt mache ich halt einen auf Prom Queen!Meine Eltern und mein „geliebter" älterer Bruder zerren mich ins Auto. Natürlich brechen meine Eltern gleich den nächsten Streit vom Zaun. Es gibt ja schließlich keinen besseren Zeitpunkt, um die Fetzen fliegen zu lassen.
Während Mom und Dad sich voller Leidenschaft darüber anschreien, wer denn nun Schuld an der Verspätung sei.
Macht mein Bruder höchst motiviert mit, schließlich findet er diese Ausraster sehr amüsant.Ich dagegen sitze hinten und verfluche meine Familie ein bisschen. Denn ich sitze in diesem verdammten aufgeheizten Auto, zerfließe fast vor Angst und fühle mich gänzlich unvorbereitet. Wir biegen nun endlich auf den Parkplatz vor der Schule ein. Aber es gibt einen Fortschritt. Mittlerweile streiten sich meine Eltern darüber, ob meine Mum den Tee immer zu lange ziehen lässt. Wie auch immer die auf dieses Thema in diesem passenden Moment gekommen sind.
Sie hören erst auf sich anzuschreien als wir die Menschenmenge erreichen.
Ich frage mich echt warum man das Einschulung nennt. Denn entgegen jeder träumerischen Vorstellung liegen nicht überall auf dem Schulhof verteilt riesige Schultüten von Cinderella wohlgemerkt;). Nein. Man musste in praller Sonne den Worten der Direktorin lauschen und sollte begeistert sein von dem Programm der Leistungs- und Begabungsklasse sein.Ich bin ehrlich, ich fand es nicht so goldig. Nachdem scheinbar Stunden ins Land gegangen waren, war es nun soweit.
Wir wurden klassenweise aufgerufen den und sollten nun auf der Rundtreppe vor dem Haupteingang als die perfekte Klasse posieren.
Nachdem wir das in sengender Hitze hinter uns gebracht hatten, durften wir in unser Klassenzimmer. Wobei das Wort Klassenraum übertrieben hohe Erwartungen weckt. Dabei ist es nur ein kahler, miefiger und überhitzter Raum.Unsere Klassenlehrerin Frau Lothringen diktierte uns den Stundenplan und führte uns durch die Schule. Dabei klappte bereits der erste Mitschüler zusammen. Die einen haben Mitleid, die anderen sind erleichtert, dass überhaupt etwas spannendes passiert. Ich dagegen gehöre wieder zu der ganz anderen Truppe. Die Nervosität fesselt mich so sehr, dass ich dem Umgekippten wenig Aufmerksamkeit schenke.
Ich gehöre nämlich zu den Menschen, denen Neues Angst macht und in Panik versetzt. Das heißt nicht, das ich keine Veränderung möchte. Es fällt mir einfach nur unglaublich schwer damit umzugehen. Deshalb ist für mich in den meisten Gebieten Stabilität überlebenswichtig. Das liegt vielleicht auch daran, dass es in meiner Familie so gut wie keine Stabilität gibt.
Endlich ist auch die spektakuläre Führung zu Ende. Bevor wir aber nach Hause können, kommt sie. Die vor der sich alle fürchten. Naja zumindest ich. Sie entscheidet über deine Zukunft, über deinen Rang in der Klasse ja im ganzen Jahrgang.
Nun saß ich hier mit schwitzenden Händen total verängstigt. Mein Hals ist wie zugeschnürt. Meine einzige Stütze ist das Mädchen neben mir. Sie hat wunderschönes sehr langes braunes Haar. Wir haben uns angefreundet, soweit das eben in Kürze der Zeit möglich ist.Ich riskiere einen Seitenblick zu ihr. Wir versuchen uns beide an einem aufmunternden Lächeln. Es missglückt uns.
Dann beginnt der Vorstellungsmarathon.
Schneller als gehofft bin ich an der Reihe.
„Ich heiße Margarete Baum, komme aus Joachimsdorf und bin 12 Jahre alt", sage ich und pflanze mich mit einem erleichterten Seufzer auf meinen Stuhl. Danach ist meine neue beste Freundin an der Reihe.
Sie erhebt sich und lässt ihren Vorhang des Schweigens fallen.„Hallo. Ich bin Kathrin Pollmann, komme aus Heringsdorf und bin 11 Jahre alt." Dann setzt sie sich mit einem kleinen Lächeln in meine Richtung wieder.
Als Letzter stellt sich ein Junge vor, der bereits die ganze Zeit davor schon eine große Klappe hatte.Da steht er nun vor uns mit ekligen, arroganten, aufgeblasenen Lächeln in seiner Visage. Ich könnte kotzen. Arrogante Menschen kann ich nicht ab.
Er erweckt meine Mutige und angriffslustige Seite in mir und mein Gefühl sagt mir, dass wir noch eine Menge miteinander zu tun haben werden.Er ist recht klein. In etwa so groß wie ich und ich bin wirklich ein Zwerg. Er trägt eine blau, weiß, orange karierte kurze Hose und ein blaues T-Shirt.
Triefend vor Selbstgefälligkeit stellt er sich vor.
„Hey, Leute. Cool, dass ihr es geschafft habt. Ich heiße Moritz Dresdner, komme aus Fischberg und bin 12 Jahre alt."Dann setzt er sich wieder. Aber nicht wie ein normaler Mensch.
Nein, er lässt sich ganz viel Zeit, um sich dann ganz theatralisch breitbeinig auf seinen Stuhl wieder zu begeben.
Dann schweift sein Blick herausfordernd durch die Runde und grinst zufrieden mit sich selbst.Auf einmal ist es leise. Eine Feder, die runter fällt könnte man jetzt hören. Wir lauschen voller Anspannung.
Ich blicke in die Augen unserer neuen Klassenlehrerin. Was ich sehe erschreckt mich.
Sie wirkt ratlos. Sie ist Anfang 50, super freundlich, etwas seltsam und chaotisch und trotz langer Berufserfahrung wird sie nervös.Bevor ich mir weiter Gedanken machen kann, wird die Stille abrupt unterbrochen.
Die Schulklingel. Ihr Gong verkündet das Ende dieses makabren Theaterstücks.
Voller Elan verabschiede ich mich von meiner neuen besten Freundin und setze dann zum entscheidenden Sprint an.
Dann lande man ich zu meinem Bedauern wieder in den Armen meiner Familie.
Mittlerweile streiten sie sich darüber wer engagierter die Kinder erzieht. Ich meine ist das echt ein Wettbewerb? Die beiden sind doch verheiratet. Mehr oder minder glücklich.Mein Bruder Julien dagegen hat sichtlich Spaß.
Da es sich um ein weltbewegendes Ereignis handelt, werde ich für ein Foto vor der Schule in Position gebracht und ringe mich zu ein gequälten Lächeln durch.
Gemeinsam brausen wir nach Hause und das einzig positiv ist, dass ich mich dort wieder in mein Zimmer verkriechen kann...Über Votes und Kommentare würde ich mich freuen:) Kritik ist immer willkommen.
Ich habe keine Rechte an dem Bild.
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Mein erster richtiger Schwarm
Teen FictionIn die 7. Klasse zu kommen bedeutet, dass man auf eine neue Schule in einem anderen Ort mit anderen Mitschülern muss. Kurz gesagt es ist eine Katastrophe!😥 Vor allem, wenn man so sozial unfähig ist wie ich. Mein Name ist Margarete. Ich bin eine Auß...