The Desire - Liebe oder Hass

Kapitel 2

Fünf Jahre zuvor

Ich bin in der Middle School und besuche die 8. Klasse. Wir haben Tanzunterricht für unseren Abschlussball. Ich habe keinen festen Partner und wechsele jede Stunde mit mehreren Partnern aus anderen Paaren. Oft sind sie aus anderen Schulen. Fremde. Kennen mich nicht einmal.

Der Saal in dem wir üben ist riesig und super hergerichtet. Die meterhohen Decken sind mit Gemälden verziert und umrandet mit detailreich gefertigten goldenen und weißen Zierelementen.
An den Seiten sind ebenso riesige Fenster, ungefähr so groß wie Kirchenfenster, nur ohne die bunten Fensterbilder mit den Figuren.
Um die gesamte Tanzfläche stehen sehr alte und vor allem schöne Stühle für uns bereit, um unsere Sachen abzulegen. Los zu tanzen.

Jede Stunde schweben wir entweder allein oder zu zweit übers Parkett. Traurig, wenn niemand mit einem tanzen will.
Zum Glück habe ich meine beste Freundin, wir beide haben beide keinen festen Partner. Sind wir so schräg? Sind wir hässlich? Oder ist das Gentlemen sein heutzutage einfach nicht mehr aktuell?
Egal, ich habe mich damit abgefunden. Ich werde mich sowieso nicht trauen jemanden zu Fragen, ob er mein Partner sein möchte, zumal aus meiner Klasse niemand mehr frei ist.

Für Mama und Papa ist man immer einer der schönsten Menschen.

Woher bekommt man heutzutage eigentlich eine ehrliche Meinung? Ach ja - jeder sieht es anders. Ich bin der Meinung alles und jeder ist auf seine eigene Weise wunderschön. Ich glaube fest daran. Jeder hat etwas wunderschönes, wenn auch nicht immer direkt erkennbar. Ich habe bereits Menschen kennengelernt, bei welchen ich erst nach 6 Jahren wunderschöne Charakterzüge erkannt habe.

Jeden Montag werden wir von unseren Eltern abwechselnd abgeholt. Sie finden wir sollten abends nicht mehr allein nach Hause kommen, obwohl es kaum später als 20 Uhr ist.

Ich frage mich, ob alle Eltern so sind. Nein, ganz klar. Niemand hat genau die selbe Familie. Sind meine Helicoptereltern? Es nervt. Na gut, eigentlich ist es doch ganz gut, dass sie sich so sorgen, bevor ich verschwinde und nie wieder nach Hause komme oder stundenlang in der Bahn fahre.

Oft vermisse ich trotzdem das Gefühl wie man beim Tanzen leichtfüßig über das Parkett gleitet und sich mit schwungvollen Schritten dreht. Es ist herrlich! Kann ich nur empfehlen, glaub mir! Einem Menschen völlig zu vertrauen, sich von seinen präzisen Bewegungen führen lassen und alles um einem herum vergessen.
Niemand ist mehr da. Niemand stört dich. Es ist deine Zeit. Versinkst in deiner Traumwelt.

Als ich zu Hause bin und kurz davor stehe meinen Flugmodus anzumachen und schlafen zu gehen leuchtet das Display meines Handys in hellblaues Licht gefärbt auf. Darauf ein schneeweißer Kasten mit pechschwarzen Ziffern, ungefähr so wie bei Schneewittchen mit den Lippen so rot wie Blut und ihrem Haar so schwarz wie Ebenholz.
Ja, ich könnte denken ich träume oder bin selber plötzlich eine Prinzessin, wie im Märchen oder so. So eine, die ganz schmuddlig ist und plötzlich die Aufmerksamkeit bekommt von genau diesem einen Menschen.

Nein, ich denke ich träume. Warum sollte ich eine Nachricht von jemanden, dessen Nummer ich nichtmal besitze, bekommen? Und dann noch um diese Uhrzeit? 21:30 Uhr - ehrlich jetzt?

Normalerweise gehe ich erst 22 Uhr schlafen, aber heute bin ich kaputt vom Tanzen. Ich nehme mir trotzdem Zeit. Geöffnet.

Ich bin glücklich und weis noch nicht was auf mich zu kommt. Habe mein Leben noch vor mir. Bin 14. Soweit ich weiß habe ich noch nie wirklich über irgendwelche Typen nachgedacht. Wozu auch? Ich habe meine beste Freundin, welche ich sowieso fast täglich sehe und dann auch noch meine Familie und die Tiere. Ja, meine Tiere sind meine Freunde. Sind mir wichtig. Oftmals komme ich mit ihnen viel besser klar als mit irgendwelchen Menschen. Klingt fast, wie als wäre mein Leben sowieso schon vorbestimmt.
Wie eine Omi ohne Kinder, aber mit 30 Katzen irgendwo in einem Haus am Ende der Straße, an welchem sich kein Kind vorbei traut.

Naja jedenfalls war die Nachricht von diesem einen Menschen. Diesem Menschen den ich zuvor oft um mich hatte, aber doch eigentlich nie so richtig wahrgenommen habe. Avan. Wie gesagt, ich habe nie wirklich über Jungs nachgedacht. War auch so glücklich.

Er fragt mich, ob ich wohl gern mit ihm die nächsten Stunden tanzen würde und am Ende eventuell auch mit ihm zum Abschlussball gehen möchte. Er war höflich. Sehr! Fast ein Gentleman. Ich antworte ihm, dass ich es mir überlegen müsste, was eigentlich total unüberlegter Schwachsinn ist. Ich habe niemand zum tanzen und bin dann noch extrem wählerisch? Was denk ich mir eigentlich dabei ? Nichts. Ich glaube ich habe beim schreiben einfach überhaupt nicht nachgedacht. War überrumpelt. Logisch war ich das. Es kam ja wirklich plötzlich.

In der Schule erzähle ich es meiner besten Freundin. Sie freut sich für mich. Ich zücke mein Handy und sage zu.