(I) Inferno, Zweiter Gesang

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Der schwarze Panther führte mich Treppe für Treppe nach unten und wartete dabei auf jedem Absatz. Trotz einem unbestimmtem Gefühl ihm folgen zu müsen, hielt ich einige Schritte Abstand von dem Tier. Eine Verhalten weniger in Respekt, als in Angst begründet. MIt einem letzten Schritt betrat ich die Eingangshalle. Es war bereits spät und die Beleuchtung derart gedimmt, dass die von den Straßenlaternen geworfenen, dünnen Lichtstrahlen sichtbar waren. Hinter dem ausgeglichenem Holz des Tresen saß der Pförtner. In dieser Gegend unterhielten die meisten Mietshäuser einen Pförtner, um den Bewohner ein wages Gefühl der Sicherheit bieten zu können. Allerdings war sich jeder Bewohner unterbewusst klar, dass dies reine Illusion darstellte. Die meisten Pförtner wurden von der Straße angeheuert, um über Nacht im Warmen zu bleiben und einen kleinen Verdienst zu erhalten. Darüber hinaus bestand ein gewisser "Verschleiß" an Personal in dieser Position, der hohen Kriminalitätsrate geschuldet. Mein Herz, unter dem verschwitzten Shirt gut sichtbar, schlug schwer. Wenn er den Schuß gehört hatte, würde er mich mit gezogener Waffe empfangen und mit einem Kuss aus Blei begrüssen. Schließlich würde er die Leiche eines Mörders gegen gutes Geld eintauschen können und, in meinem Falle, würde auch direkt eine trockene und warme Wohnung frei werden. Natürlich erst nachdem man Lilith von der Decke gekratzt hatte. Der Panther saß direkt vor dem Ausgang und blickte mich erwartungvoll an. Ich stand noch immer nur einen Schritt von der Treppe entfernt. Von hier aus war der Tresen nicht ganz einsichtig und der Mann dahinter nur zu erahnen. Er hatte keinerlei Reaktion auf die Raubkatze gezeigt, die sich genau in seinem Blickfeld positioniert hatte. 

Es ist schwer fassbar, welche Fähigkeiten ein Mensch zurück erlangt, wenn er der Angst gegenüber treten muss. Er kennt auf eine direkten Bedrohung nur drei Reaktion, die jedem im Streit ums Überleben mitgegeben wurden und ihn zu dem befähigen können, was man als "übermenschlich" bezeichnet.

Flucht, Schockstarre und Angriff.

Jede von ihnen beherrschen wir in Perfektion. Wir schöpfen alle unsere Kraftreserven aus, um davon zu laufen oder wir nutzen jeden einzelnen Muskel, um als Sieger aus der Konfrontation zu gehen. Lediglich in der Schockstarre sind wir dem Wohlwollen der bestehenden Bedrohung ausgesetzt.

Die Sirenen wurden lauter. Vorsichtig beugte ich mich vor, um einen bessere Sicht auf den Tresen zu bekommen, ohne dass ich dabei einen Schritt tat. Ich erkannte den Arm des Pförtners. Schlecht. Geflohen war er also nicht.

Ich richtete meinen Blick gerade aus zu dem Panther, der ausdruckslos meinen Blick erwiderte. Mir blieb nur die Flucht. Nach einem bewusst tiefen Atemzug rannte ich los. Mit jedem Schritt erwartete ich einen Treffer wahrnehmen zu müssen. Wartete auf den Schmerz von zerrissenem Gewebe durch eine eintretende Kugel. Auf halben Weg wagte ich es einen Blick auf den Pförtner zu werfen.

Dieser saß hinter dem Tresen und schlief. Ungläubig verlangsamte ich meine Schritte und blieb schließlich stehen. Schließlich rang ich mir ein Lächeln ab.

Der Panther, wahrscheinlich peinlich berührt von meinem schwachen Moment, hatte bereits die Straße betreten und schreitete auf den weißen Turm der Stadt zu. Der Turm, das größte ansässige Bürogebäude, stand südlich des Elendsviertels und somit im Herzen der Stadt. Tagsüber warf er einen schweren Schatten über die bröckelnden Mietshäuser und ließ sie im dunklen verschwinden, während die weiße Fassade fließend das Licht reflektierte. Die meisten Bewohner dieser Häuser arbeiteten in den unteren Stockwerken des Konzerns und erledigten die Arbeiten, die die sieben Männer an der Spitze nach unten reichten. Keiner wusste genau welche Ziele verfolgt wurden oder womit der Konzern tatsächlich sein Geld verdiente. Auch von den Inhabern war nur einer der Öffentlichkeit bekannt. Vincent war das Gesicht der Firma Ornstein, auf deren Emblem eine steinerne Tür abgebildet war. Bei Spenden überreichte er die Checks. Verhandlungen mit anderen Firmen wurden über ihn getätigt. Lilith nannte ihn Vater.

Ich selbst übersetzte den Schriftverkehr ausländischer Firmen und reichte sie zu Händen von Vincent. Dadurch lernte ich einerseits eines Tages Lilith kennen, andererseits kannte ich die Wege auf denen die Firma Ornstein ihr Geld verdiente. Ein Wissen, das aufgrund seines Ausmaßes mein Gewissen belastete, doch man machte mir schnell klar meine Kenntnisse als geheim zu betrachten.

Wolf war die Nummer zwei von Ornstein und kümmerte sich um jene, die der Firma im Wege standen und sorgte für die nötige Diskretion. Ich war einer der Wenigen, die ihm begegnet waren und noch lebten.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 19, 2015 ⏰

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