Kapitel 3

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„Was war denn vorhin los?", fragte mich Chloe während sie ihre Jeans faltete und über den Stuhl hing. Ich verstaute die letzten Kleidungstücke, die in den Koffer mussten und atmete tief aus. Es war an der Zeit ihr die Wahrheit zu sagen, auch wenn ich nicht wusste, wie sie darauf reagieren würde. „Möchtest du noch einen Wein?", fragte ich, ohne ihre Frage zu beantworten. Ich sah wie Chloe ihre Nase kräuselte und auf mich zukam, ich wich ihr aus und ging Richtung Küche. „Lilly? Was ist los?", hakte sie nach und schlang ihre Arme um meinen Bauch, während ich nach dem Wein auf dem Tresen griff. Ihre Finger nestelten an meinem Shirt und damit zeigte sie mir, dass sie genauso nervös war wie ich. „Hast du es dir anders überlegt...?", fragte sie vorsichtig und ich hörte die Angst in ihren Worten. Perplex darüber, was sie glaubte was mich beschäftigte, drehte ich mich in ihren Armen und schaute ihr tief in die Augen. „So ein Quatsch", sagte ich mit zusammengepressten Lippen, „es geht nicht um mich, eher um dich." Nun blickte sie mich fragend an und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen, einen der so federzart war, dass ich fast glaubte ihn mir einzubilden. „Um mich? Was hat James gesagt?", ich hörte die Irritation und Wut aus ihr sprechen, weshalb ich erneut seufzte, sie Richtung Stuhl drückte und ein Weinglas reichte. „Auch nicht richtig um dich... Man ich weiß nicht wie es sagen soll", murmelte ich und fuhr mir nervös durch die Haare, wobei sich kleine Knötchen bildeten und meine Finger stoppten. „Einfach frei raus", sagte meine wunderschöne Freundin mit einem Schulterzucken, „So schlimm wird es ja nicht sein, oder?" Sie lachte am Ende, aber als sie meine ernste Miene sah, verstummte sie. „Oder?", hakte sie nach und zog mich an meinen Händen zu sich hinunter. „Puh", pfiff ich durch meine Zähne, „ich weiß nicht..." Sie küsste meine Hände und blickte mich lächelnd an: „Du kannst über alles mit mir reden, Lilly." Ich nahm einen Schluck von meinem Wein, musterte das unbeschwerte Gesicht meiner Freundin und sammelte all meinen Mut. Es wäre falsch es für mich zu behalten, Chloe verdiente nichts als die Wahrheit. Nicht nach allem, was ich für so lange verschwieg. „Tara hat dich betrogen", sagte ich flüsternd und traute mich kaum hochzuschauen. Ich hörte Chloe die Luft anhalten und als ich hochsah, sah ich die Erkenntnis auf ihrem Gesicht. „Ich wusste es", nuschelte sie, trank selbst einen großen Hieb und schüttelte lachend den Kopf, „Ich habe es mir immer gedacht, aber nie Beweise gehabt." Sie lehnte sich auf dem weißen Holzstuhl zurück, rieb sich die Augen, fast dachte ich sie würde weinen und verfiel in ihr eigenes Netz aus Gedanken. Ich wusste nicht wie ich das Thema fortführen sollte, weshalb ich schwieg und mir vornahm, sobald eine Frage Chloes Lippen verließ, würde ich sie beantworten. Für einige Zeit hüllten wir uns in Schweigen, ein tiefer Seufzer verriet mir, Chloe war wieder unter uns. „Hat James dir davon erzählt?", fragte sie und rieb sich die Schläfen. „Hm", murmelte ich, „er fing ganz harmlos an. Erzählte mir, Tara sei wie ein Gift gewesen, was dich ganz langsam zerstört hätte." Chloe taxierte mich und verknotete ihre Hände im Schoß, ein Zeichen dafür, wie unwohl sie sich fühlte. „Er meinte, ich würde dir guttun und nicht wie Tara sein...", fuhr ich fort, da Chloe keine Anstalten machte nachzufragen, „Er erzählte mir davon, wie sie dich versetzte, abends fortblieb und dann erwähnte er einen Freund namens William." Chloe riss ihren Kopf hoch und schüttelte ungläubig den Kopf: „Du willst mir jetzt aber nicht erzählen, dass sie mir mit einem Kerl fremdgegangen ist? Einem, der noch dazu mit James befreundet ist?" Ihre vollen Lippen pressten sich zu einem Strich zusammen und ich spürte mein Herz schneller schlagen. War es wirklich eine gute Idee ihr davon zu erzählen? Jetzt war es auch egal, ich war schon mittendrin. „Doch", wisperte ich, „sie hatten einen One-Night-Stand. William hat dich, beziehungsweise euch, auf einem Foto erkannt und es James erzählt." Chloe sprang auf, wobei ihr Stuhl scheppernd nach hinten flog und ging wutentbrannt Richtung Wohnzimmer, wo sie nach ihrem Handy griff. „Chloe", rief ich und nahm ihr das Handy ab, „wen auch immer du jetzt anrufen willst, komm erst einmal wieder runter." „Ich soll runterkommen?", fragte sie hysterisch, „Du erzählst mir nicht nur, dass meine Ex-Freundin mir fremd gegangen ist, sondern auch, dass es mir meine Freunde verschwiegen haben. Ich falte sie alle zusammen. Als erstes ist Amber dran!" „Sie wusste nichts davon", sagte ich und Chloe knabberte an ihrer Unterlippe. „Sie wusste es also nicht, ja? Bist du dir da sicher?!", brüllte sie und ich zuckte merklich zusammen. Chloe ließ sich auf das Sofa fallen und vergrub ihr Gesicht im Kissen. Keine zwei Sekunden später schrie sie hinein und ich strich ihr beruhigend über den Rücken. „Das hat zumindest James gesagt", erklärte ich, „Du solltest erstmal drüber schlafen und ihn dann zur Rede stellen, hm?" Chloe reagierte nicht und ich bereute es, das alles angesprochen zu haben. Aber es war trotzdem die richtige Entscheidung. Zwischen uns sollte es keine Geheimnisse mehr geben. „Danke", hörte ich sie plötzlich nuscheln und beugte mich vor, um ihr die Haare aus dem Gesicht zu streichen. „Wofür?", fragte ich und küsste ihre Wange. „Für deine Ehrlichkeit und für deine Worte", sagte sie und zwang sich zu lächeln. „Chloe. Ich habe mir geschworen dich nicht mehr anzulügen. Nicht nach alldem, was wir durchgemacht haben. Aber jetzt lass uns ins Bett gehen, es war ein anstrengender Tag und morgen wird noch viel schlimmer", ich hielt ihr meine Hand entgegen, die sie dankbar ergriff und zog sie Richtung Schlafzimmer. Hoffentlich fand sie diese Nacht Schlaf, sonst würde es morgen ein grausiger Tag werden. Chloe und zu wenig Schlaf, war eine gefährliche Kombination.

Midnight Sun - Teil 3 - EpilogWo Geschichten leben. Entdecke jetzt