Als der Mond schlüpfte

Luno

Es war eine sternenklare Nacht. Wie so oft saß ich draußen im Garten an meinem Teleskop und schaute in die Sterne. Gerade war ich dabei mir die Mondkrater anzusehen. Dann sah ich, wie sich feine Risse über die Mondoberfläche zogen. Zuerst dachte ich, ich würde mir das einbilden oder die Linse wäre dreckig. Doch die kleinen Risse wurden größer und größer. Bis schließlich ein kleines Stück Mond an der Oberseite wegbrach und als Sternschnuppe in der Atmosphäre verglühte. Immer mehr Stücke des Mond brachen ab und stürzten als schöne Sternschnuppen auf die Erde hinab.

Ein weiter Splitter, der raus brach gab ein Loch in der Mondschale frei, durch das ein kleines schwarzes Auge neugierig hinaus schaute. Mit einem kräftigem Stoß zerbrach auch der Rest des Mondes und gab den Blick auf eine Art Weltraum Schildkröte frei. Sie hatte große schwarze Augen und einen geschwungenen schwarzen Panzer, auf dem weiße Kristalle wie kleine Sterne funkeln. Die Haut schimmert in einem matten und fast schwarzem Jade.

Ich und der Rest der Welt starrten in den Himmel. Und nach einigen kräftigen Schlägen mit den Flossen, war die kleine, ca. 3.000 Kilometer große Schildkröte, schon zwischen den anderen Sternen verschwunden.

Und nun liege ich auf der Wiese vor meinem Haus, mein Teleskop neben mir. Ich liege hier und starre in den mondleeren Sternenhimmel und frage mich, was Luno, die Schildkröte wohl gerade macht.

Ich frage mich auch, wie ich meinen Kindern die Schönheit des Mondes erklären soll, obwohl ich den Mond immer als selbstverständlich empfunden habe. Ich frage mich, ob ich mir nicht noch öfter hätte Zeit nehmen müssen den Mond anzusehen. Ich frage mich ob ich das Watt der Nordsee je genug wertgeschätzt habe, jetzt, wo es für immer unter der Flut begraben sein wird. Ich frag mich, wie der Verlust von etwas so schönem, wie dem Mond, mein Leben verändern wird. Wie wird der Verlust von etwas mich verändern, dass ich immer als gegeben angesehen habe?