Ich will dich nochmals alleine sehen

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Unbekannt

Hey, Jana

Ich

Wer bist du?

Unbekannt

Ich bin Daniel. Wir waren in einer Klasse,

erinnerst du dich?

Ich

Dann bist du der, der die Schule für

YouTube geschmissen hat?

Daniel

So kann man es auch nennen.

Ich

Warum schreibst du mir?

Daniel

Ich hab deine Nummer auf einem alten Handy

gefunden und hab gehört, dass du auch in Köln bist.

Ich wollte dich mal fragen, ob wir uns mal treffen können.

Ich

Gerne.

Lass uns später ausmachen wann. Ich muss jetzt arbeiten.

Daniel

Okay

Ich muss jetzt wirklich los, sonst komme ich noch zu spät. Kurz gehe ich in mein Bad um mein dezentes Make-up aufzufrischen. Dann werfe ich mir noch meine dünne, schwarze Jacke über und verlasse meine Wohnung.

Ich arbeite in einem schönen, kleinen Musikladen, den ich auch zu Fuß erreichen kann. Es ist nichts besonderes aber ich liebe den Job. Der Ladenbesitzer ist ein lieber und witziger alter Mann, Nick heißt er, der wahrscheinlich mehr über die Beatles weiß als Paul McCartney selbst.

Während des Fußweges denke ich über Daniel nach. Ich glaube er nennt sich jetzt Taddl. Er war in der Schule immer sehr freundlich zu mir, allerdings ist das schon einige Jahre her. Einiges hat sich seitdem geändert, ich habe mich geändert, zum besseren. Ich hätte nicht gedacht, dass sich irgendjemand aus meiner Schulzeit an mich erinnert oder mich gar wiedersehen will. Daniel beziehungsweise Taddl hat mich sehr überrascht. Ich bin so sehr in meine Gedanken vertieft, dass ich nach einem gefühlten Wimpernschlag vor dem Laden stehe.

~~~

Das bekannte Läuten der Glocke über der Tür heißt mich willkommen als ich eintrete. Sofort fühle ich mich wohl. Das warme Sonnenlicht, das durch die Fenster, die mal wieder geputzt werden sollten, scheint, die leise Musik die läuft, eine Playlist die aus den Beatles, Rolling Stones und hin und wieder auch Nirvana besteht, die Regale, die mit haufenweise CDs und Schallplatten gefüllt sind. Ich liebe jedes kleinste Detail.

Es sind noch keine Kunden da, der Laden hat noch Mittagspause. ,,Hey'', begrüßt mich Nick. Ich lächle ihn an und begebe mich hinter die Kasse. Dort steht schon ein schwarzer Tee für mich. Den Tee hat Nick gemacht, er trinkt nichts anderes als dieses Heißgetränk und hat mich damit angesteckt. Ich hebe die Tasse an und nicke meinem Chef dankend zu. ,,Wie geht es ihnen heute?'' - ,,Sehr gut. Es ist ein außergewöhnlich schöner Tag für diese Jahreszeit.'' - ,,Das stimmt. Ich war ganz überrascht, als ich heute morgen den Wetterbericht gehört habe.'' Wir führen noch ein paar Minuten eine lockere Unterhaltung bis Nick das Schild an der Tür umdreht, sodass man ein verschnörkeltes ,,offen'' von der Straße aus sehen kann. Es dauert allerdings noch, bis die ersten Kunden kommen.

~~~

Eine halbe Stunde später habe ich schon ein paar CDs verkauft. Gerade rätseln zwei Mädchen, ob sie das Dark Side Of The Moon Album von Pink Floyd schon als Schallplatte haben und ein Junge, sein Name ist Erik, unterhält sich mit Nick. Erik kommt mindestens einmal in der Woche hierher und kauft ein Album. Mittlerweile hat er schon CDs von den Beatles, Nirvana, Elton John und vielen weiteren Künstlern beziehungsweise Bands bei uns gekauft und wegen seines Musikgeschmacks führt er jedes mal ein langes Gespräch mit Nick. Heute kommt er mit einem Jimi Hendrix Album zur Kasse und zahlt nach kurzem Small Talk.

Kurz nachdem er gegangen ist läutet die kleine Glocke noch einmal. Ein Mann in meinem Alter betrat den Laden. Sein Style ist außergewöhnlich, er trägt einen karierten Blazer, Choker und Ketten und hat seine halb blond, halb pink gefärbten Haare zu zwei hohen Dutts zusammengenommen. Sein Blick war auf den Boden gerichtet, sodass ich sein Gesicht nicht erkennen kann, ehe er sich dem Regal mir gegenüber zuwendet. Er ist sehr groß und dünn - zu dünn. Das fällt mir direkt ins Auge. Ansonsten finde ich es toll, dass er sich es traut so rauszugehen, ich könnte das nicht. Nicht wegen Scham oder Eitelkeit, mehr aus der Angst heraus angesprochen oder gar beleidigt zu werden. Ich halte sowas nicht aus, was man auch gut an meiner Vergangenheit sehen kann...

,,Halt, denk nicht daran'', schreit eine Stimme in meinem Gehirn. Sie hat recht. Ich zügle meine Gedanken und schüttle nochmal kurz den Kopf und richte meine Aufmerksamkeit wieder auf den Fremden. Er ist anscheinend fertig, hält das ,In Utero' Album von Nirvana zusammen mit ein paar verschiedenen Plektren in den Händen und geht langsam auf mich zu. Sein Blick hängt weiterhin am Boden fest und ich kann ein schüchternes Lächeln nur erahnen.

,,Hey'', begrüße ich ihn, als er mir gegenübersteht. Von ihm kommt ein leises ,hi'. Seine Stimme fasziniert mich, sie ist hoch und rein aber dennoch so fragil, sie lässt ihn etwas hilflos und angreifbar erscheinen. Ich beäuge kurz die Sachen in seiner Hand und nenne einen Preis.

Als er mir das Geld gibt, passiert etwas seltsames. Er hält mir gerade einen Geldschein hin, den ich ergreife. In diesem Moment sehe ich das erste Mal in sein Gesicht. Ich halte abrupt in meiner Bewegung inne und mustere fasziniert seine Gesichtszüge. Seine Lippen sind nahezu perfekt geschwungen, ein kleiner Piercing ist an seinem linken Nasenflügel befestigt und seine Augenbrauen sehen gezupft aus. Dann wandert mein Blick zu seinen Augen und ich werde von den Füßen gerissen...


Hey Leute,

wie versprochen eine neue FF zu Wavvyboi. Ich weiß, eigentlich sollte ich ,Warum ich' weiterschreiben but who cares? 

Ich zähle auf euer Feedback!

Wir sehen uns in den Kommentaren

Sally

Vergangenheit     │WavvyboiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt