Kapitel 82

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Lisas Sicht

Heute ist also der Tag gekommen. Heute wird sich ergeben, was für Konsequenzen Chris bekommt. Gerade ist es 6 Uhr und ich habe die ganze Nacht nicht schlafen können. Ich habe mich von einer Seite zur anderen gewälzt, bis mich Wincent in seine Arme geschlossen hat und bis jetzt so an ihm liege. Er schläft tief und fest, aber ich denke er hat mitbekommen, dass ich so scheisse geschlafen hast. Ich bin aber auch ziemlich sicher, dass ich nicht mehr einschlafen kann. Ich hole mir mein Handy hervor und schaue meine Nachrichten durch, bis ich bei einer Nachricht von Noah stehen bleibe. Kann der mich nicht einfach in Ruhe lassen?

N: „Lisa bitte! Ich muss mit dir reden und wenn dann sehen wir uns!"

Ich lese diese Nachricht mehrmals. Wie dann sehen wir uns? Der kann mich dort wo die Sonne nicht scheint, ganz ehrlich!


L: „Hör auf mir zu schreiben, wir sind fertig miteinander!"

„Wer ist Noah?" fragt mich dann plötzlich Wincent und schalte mein Handy aus Reflex aus. „Mein Ex." sage ich. „Und was will der von dir?" hakt er sofort nach und ich spüre wie er sich anspannt und es ihm gar nicht gefällt, dass ich gerade mit Noah geschrieben habe. „Ich weiß nicht was er von mir will. Der schreibt mir und ich serviere ihn ab. Mach dir keinen Kopf, ich liebe nur dich! " sage ich und gebe ihm einen Kuss auf seine Lippen. „Hoffe ich doch!" sagt er zwischen unserem Kuss und legt dabei seine Hände an meinen Po. „Wincent, jetzt nicht..." nuschle ich und löse mich von ihm. „Oke..." sagt er leise.

W: „Gut geschlafen hast du auch nicht oder?"

L: „Ne. Ich brauch jetzt erst einmal einen Kaffee."

W: „Ich mach uns einen."

Er steht auf und verschwindet in der Küche. Auch wenn Wincent ein Shirt trägt, seine Boxershorts machen es mir nicht leicht. Wenig später kommt er mit zwei Tassen Kaffee an die Couch und so schlürfe ich erst einmal an meinen Kaffee. Den restlichen Morgen bin ich ganz langsam angegangen und habe mich auch ein wenig frisch gemacht. Geschminkt habe ich mich nicht, weil ich erstens keine Lust habe und zweitens, weil ich weiß, dass alles eh verschmieren wird. Fertig angezogen essen wir vier noch etwas am Esstisch, bis sich auch Angela und Shay fertig machen. Wincent zieht sich hier unten im Wohnzimmer um und ich bin gerade mehr als nur nachdenklich. Meine Gedanken kreisen nur noch um den Gerichtstermin. Was ist wenn doch alles anders kommt als erwartet? „Lisa? Hörst du mir zu?" holt mich dann Wincent aus meinen Gedanken. „Hm?" „Wir können danach nach Hause fahren, wenn du willst." sagt er und kommt auf mich zu. Ich stehe einfach nur im Wohnzimmer rum und schaue aus dem Fenster. „Ja." gebe ich ihm als Antwort. Wincent zieht mich ohne etwas zu sagen in seine Arme und so verweilen wir. „Egal was kommt, ich bin bei dir." flüstert er und gibt mir einen Kuss auf meine Schläfe. „Sollen wir?" fragt dann auf einmal Angela, welche am Küchentresen plötzlich steht. Wir nicken beide und so ziehen wir uns unsere Jacken an und laufen ins Auto. Wincent und ich nach hinten und Shay und Angela nach vorne. Die ganze einstündige Autofahrt sage ich nichts. Ich bin irgendwie in meine eigene Welt gedriftet und hänge meinen Gedanken nach. Wincent greift dann plötzlich nach meiner Hand und er verschränkt unsere Finger miteinander. Ich blicke zu ihm und er schenkt mir eines seiner Alles wird gut-Blicke . Ich zwinge mir ein kleines Lächeln auf und da löst plötzlich Wincent seinen Gurt und rutscht auf den mittleren Sitz und schnallt sich direkt neben mir wieder an. Seinen Arm legt er um mich und ich lehne mich gegen seine Brust. Ich wünsche mir einfach ein Leben ohne Sorgen.

Wincents Mutter parkt auf dem Kundenparkplatz und von weitem sehe ich schon Herrn Molden, meinen Rechtsanwalt, am Haupteingang stehen. Wir steigen alle aus dem Auto und Wincents Familie lässt uns den Vortritt. Wir begrüßen Herrn Molden und gehen gemeinsam rein. „Ich würde mich noch einmal mit der Richterin unterhalten und dann bin ich wieder bei ihnen. Sie könne sich schon einmal auf den Weg zum Gerichtssaal machen und vor diesem dann auf Sitzplätzen Platz nehmen." sagt mein Anwalt und verschwindet hinter einer Tür. „Und?" fragt dann Shay. „Wir sollen erst einmal vor dem Saal Platz nehmen." sagt Wincent. Wir gehen also zu unserem Saal die Treppen nach oben und nehmen dort Platz. An Wincent gelehnt versuche ich mich irgendwie zu beruhigen, aber es gelingt mir einfach nicht. Meine Hände sind kaltschweißig und meine Füße kann ich auch nicht stillhalten. Auf einmal höre ich ein kleines „Hey" und ich schaue hoch. Vor mir stehen Emily und Marco. „Was macht ihr denn hier?" frage ich erstaunt, stehe auf und schließe beide nacheinander in meine Arme. „Wir wollten dich unterstützen." lächelt meine beste Freundin etwas schwächer als sonst. Ein kleines „Danke" spreche ich aus und falle meiner Freundin nochmals um den Hals. Ich setze mich wieder neben Wincent. Jede Minute starre ich auf meine Uhr. 11:55 Uhr. Noch 5 Minuten, dann muss ich Chris wiedersehen. Wie lange dauert so eine Verhandlung? Ich will ihn nicht lange sehen. Dann auf einmal höre ich Treppenstufen und Herr Molden kommt die Treppen hoch. Er kommt auf uns zu. „Guten Tag. Herr Molden." stellt er sich vor den anderen vor. „Frau Körner, die Richterin wird als erstes Herrn Steinfeld befragen und dann werden sie reingeholt." „Darf ich denn mit ihr draußen bleiben?" fragt Wincent sofort. „Ja, das dürfen sie." Als dann Stille im Flur herrscht, hören wir wie mit einem Schlüssel die Tür geöffnet wird und dann sehe ich ihn. Der Mensch der mein Leben um einiges schwieriger gemacht hat. Ich festige meinen Griff mit Wincents Hand und er zieht mich sofort in seine Arme. Freunde und Familie von uns starren ihn auch an, wie er uns immer näher kommt. Natürlich mit Justiz. „DAS WIRST DU NOCH BÜßEN DU KLEINE SCHLAMPE!" schreit er mich an. Ich zucke vor Schrecken zusammen und vergrabe mein Gesicht ein wenig mehr auf Wincent Oberkörper. „Er ist weg." sagt Wincent dann leise und ich hebe meinen Kopf. Angela, Shay, Marco und Emily verabschieden sich kurz von uns und werden reingebeten. Wincent und ich müssen natürlich draußen bleiben, weil Chris zuerst befragt wird. Ich kann kaum ruhig stehen bleiben, während wir hier alleine sind. „Ich bin genauso aufgeregt wie du." sagt Wincent und nimmt mein Gesicht in seine Hände. Ich schaue ihn einfach nur an. „Lisa Körner." sagt dann auf einmal eine Justiz-Beamtin und bittet mich in den Saal zu kommen. Wincent gibt mir noch einen kurzen Kuss auf meine Lippen, bevor er sich in den Zuschauerbereich setzen muss. Ich nehme dagegen erst einmal neben Herrn Molden Platz. „Ich heiße sie willkommen zum Strafverfahren gegen Herrn Chris Steinfeld. Beim Aufruf im Sitzungssaal erschienen, der Angeklagte Chris Steinfeld und ihr Verteidiger Herr Millmeier...." die Richterin beginnt zu sprechen, bis ich auf die Zeugenbank gebeten werde und aufgefordert werde zu sprechen und die Geschichte meinerseits zu erzählen. Meine Hände sind kalt, eiskalt, meine Hände zittern und ich bin ganz verspannt. Ich brauche noch einen Moment, um mich selbst zu finden. Ich schaue nach hinten, wo ich schnell Wincents Gesicht treffe. Er nickt mir zu, was ich so aufnehme, dass ich anfangen soll zu reden und er mich in den Gedanken unterstützt. Und so beginne ich langsam zu erzählen. Von den Anmachereien die von ihm ausgingen, die Hämatome, die sexuellen Belästigungen, einfach alles. „DU LÜGST!" unterbricht er mich schreiend. „Ruhe im Gerichtssaal!" sagt die Richterin mit hartem Ton an Chris gerichtet, damit ich weiterreden kann. Ich höre Schluchzen aus dem Zuschauerraum und meine Tränen kann auch ich nicht länger zurückhalten. „...bis zu dem Tag, an dem ich umziehen wollte. Er funkelte mich an, als ich die Treppen runterkam und wühlte in meinen Umzugskartons rum, wo sich Unterwäsche usw von mir befand. Ich habe mich belästigt von ihm gefühlt, jeden Tag, jeden verdammten Tag. Umso trauriger bin ich, dass ich auch noch die wichtigste Person in meinem Leben verloren habe." weine ich und zum Ende wird meine Stimme leiser bis ich verstumme. „Vielen Dank Frau Körner und mein herzliches Beileid. Wir werden uns jetzt für wenige Augenblicke zurückziehen und ein Urteil fällen." sagt die Richterin und verzieht sich mit weiteren Kollegen aus dem Saal. Ich setze mich wieder neben meinen Anwalt. „Das haben Sie mega gemacht." lobt er mich und ich nicke einfach nur. „Du miese Schlampe, DU BIST SCHULD AN IHREM TOD!" schreit mich Chris sofort an, als die Richterin nicht mehr im Raum war. „Was kann ich dafür? Du hast sie manipuliert!" schreie ich ihn unter Tränen an. „DU HAST SIE NICHT MEHR ALLE!" und als er aufhörte zu reden und von der Polizei gebeten wird leider zu sein, steht er ruckartig auf, weswegen ich heftig zusammenzucke. Im Augenwinkel sah ich wie Wincent ruckartig aufgestanden ist und noch von seiner Mutter aufgehalten werden konnte, denn ich kann mir sehr gut vorstellen, dass er auf Chris losgegangen wäre. Chris wird schnell unter den Griffen der Polizei ruhig gestellt und ihm werden Handschellen von hinten angelegt. Aber bin ich nicht vielleicht doch Schuld an dem Tod meiner Mutter? Vielleicht baute sie einen Unfall, weil sie mit den Gedanken woanders war und deswegen in ein Stauende gerast ist? NEIN! Ich bin nicht Schuld an dem Tod meiner Mutter. Er will mich nur runterziehen und dann hoffen, dass ich alles zurücknehme. Ne! Das kann er sich schön abschminken!

Du tust mir so gut / Wincent Weiss FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt