You never know what people have to go home to.
Hermine war vor dem Schaufenster einer Londoner Buchhandlung stehengeblieben. Das Zitat, das in weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund an der Scheibe prangte, hatte sie in ihren Bann gezogen und sie starrte es einige minutenlang einfach nur an.
Die Bedeutung sickerte erst langsam zu ihr durch, obwohl ihr Hirn Informationen normalerweise in Sekundenschnelle verarbeitete, Zusammenhänge knüpfte und...
Sie hatte die Buchhandlung schon betreten, bevor sie überhaupt realisierte, was sie tat. Das Buch, zu dem das Zitat gehörte, trug denselben Titel und stand auf einem kleinen Ständer in der Mitte der Auslagefläche.
Ein paar Meter neben ihr lagen gestapelt weitere Exemplare des Buches und sie griff nach dem obersten.
Hermine schlug es auf, hob es näher zu ihrem Gesicht und ließ die Seiten des Buches durch ihre Finger rauschen. Ein herrlicher Duft stieg von den Seiten auf und stieg ihr in die Nase. Genießerisch schloss sie die Augen.
Ein roter Sessel, der zwischen zwei Bücherregalen stand, erregte ihre Aufmerksamkeit und rief förmlich nach ihr. Der Bücherwurm ließ sich in das weiche Polster sinken und schlug das Buch auf.
Draußen hatte es begonnen zu regnen, was für Hermine eine gemütliche Atmosphäre zum Lesen schuf. Eigentlich hatte sie heute gar nicht vorgehabt, so lange in einer Buchhandlung zu verbringen, doch manchmal musste man Zufälle einfach hinnehmen und die Dinge nehmen, wie sie kamen.
Schon nach den ersten Seiten wurde Hermine einiges klar. Das Buch erinnerte sie an Draco Malfoy, den sie früher gehasst hatte. Über die Jahre war ihre Abneigung gegen ihn verflogen. Sie war erwachsen geworden und die Wege der beiden hatten sich ohnehin nicht mehr wirklich gekreuzt, da sie beruflich völlig andere Richtungen eingeschlagen hatten. Sowieso hatte sie den Blonden schon seit einer kleinen Ewigkeit nicht mehr gesehen.
Es tat ihr leid, dass sie all die Jahre so gemein zu ihm gewesen waren. Mit Sicherheit hatte er seinen ganz eigenen Kampf zu kämpfen gehabt. Auch wenn er vielleicht Dinge getan hatte, die ohne Frage falsch gewesen waren, wusste Hermine, dass er vor allem mit seinem herrischen Vater zu kämpfen hatte und seine Kindheit bestimmt nicht leicht gewesen war.
Keiner von ihnen hatte gewusst, mit was Draco zu kämpfen hatte, mit welchen Dingen er nach Hause gegangen war und ehrlicherweise musste Hermine zugeben, dass sie es auch heute noch nicht wusste. Sie kannte ihn ja kaum. Gerade deshalb hätte sie vielleicht nicht so vorschnell über ihn urteilen sollen. Vielleicht hatte er einfach keine Wahl gehabt.
Die junge Frau wurde traurig.
Sie nahm sich vor, Draco in den nächsten Tagen einen Besuch abzustatten und vielleicht mal einen Kaffee mit ihm trinken zu gehen. Ihr früheres Ich hätte sie dafür geohrfeigt und vielleicht war es eine schlechte Idee – Harry und Ron würden sie jedenfalls zweifelnd ansehen, wenn sie ihnen ihr Vorhaben mitteilte – aber Hermine war der festen Überzeugung, dass dies getan werden musste. Und davon würde sie niemand so schnell abbringen.
Einige Stunden waren vergangen, die Hermine wie Sekunden vorgekommen waren. Die Zeit war wie im Flug vergangen und sie hatte das Buch schon fast komplett durchgelesen, als eine freundliche Verkäuferin sie vorsichtig an der Schulter berührte.
„Entschuldigen Sie, Miss, wir schließen gleich", meinte die ältere Dame, die eine Brille auf der Nase sitzen und die grauen Haare zu einem Knoten hochgebunden hatte. Sie warf der Braunhaarigen ein entschuldigendes Lächeln zu.
„Oh, natürlich! Ich würde dieses Buch gerne mitnehmen", sagte Hermine, raffte ihre Sachen zusammen und folgte der Dame zur Kasse.
Schnell war das Buch bezahlt und sie machte sich glücklich, aber auch nachdenklich auf den Weg zur Tür.
Draußen regnete es immer noch, wie sie mit einem Blick durch besagtes Schaufenster feststellte, was sie dazu brachte, nach dem Zauberstab in ihrem Mantel zu tasten. Sie würde schnell einen Zauber sprechen, der sie vor dem Regen schützen sollte, sobald sie draußen war.
Hermine öffnete die Tür, wodurch das kleine Glockenspiel an der Decke bimmelte und verließ den Laden.
Schnellen Schrittes lief sie auf die nächste Häuserecke zu, hinter der es nicht mehr weit bis zu ihrer kleinen, gemütlichen Wohnung sein würde.
„Ahh!", rief sie erschrocken, als sie plötzlich mit jemandem zusammenstieß. Gerade hatte sie um die Ecke gehen wollen, war jedoch gegen eine menschliche Mauer geprallt.
Sie sah nichts mehr als ein weißes Hemd und einen schicken Mantel in ihrem Sichtfeld. Der junge Mann vor ihr trat einen Schritt zurück, schien genauso geschockt wie sie zu sein.
„Granger, was eine Überraschung", ertönte die Stimme vor ihr, was Hermines Blick nach oben schnellen ließ.Vor ihr stand kein geringerer als Draco Malfoy höchstpersönlich.
Fast kam es ihr dieser Zufall gruselig vor. Gerade eben hatte sie noch daran gedacht, sich mit ihm auf einen Kaffee zu treffen und nun stand er leibhaftig vor ihr.
„Draco Malfoy", erwiderte sie schmunzelnd.
Der Blonde schien keine Abneigung ihr gegenüber zu verspüren, zumindest sah sie nichts dergleichen in seinem Gesicht, das freundlich auf sie herabschaute.
„Wohin des Weges?", fragte sie nach kurzem Schweigen.
„Eigentlich war ich gerade auf dem Weg in ein Restaurant ein paar Straßen weiter", erwiderte er.Er betrachtete sie kurz. „Willst... du vielleicht mitkommen?" Fast glaubte Hermine, ein wenig Unsicherheit in seiner Stimme zu hören, was gar nicht zu dem selbstbewussten ehemaligen Slytherin passte.
Warmherzig lächelte sie ihn an. „Es wäre mir eine Freude."
Es hatte sich mal wieder bewahrheitet: Zufälle gab es und manchmal eröffneten sie einem unerwartete Möglichkeiten.
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Hey! Ich hoffe, der OneShot hat euch gefallen :)
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You never know [Dramione-OneShot]
FanfictionYou never know what people have to go home to. Ein Zitat am Schaufenster einer Buchhandlung, das Hermine Grangers Aufmerksamkeit erregt und sie zum Nachdenken bringt. Hatte sie Draco Malfoy damals unrecht getan, als sie und ihre Freunde immer und im...