2. Leseprobe

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Okay, er sah gut aus. Verboten verdammt mega unverschämt gut, um es auf den Punkt zu bringen. Schwarze Haare und schwarze Augen, ein markantes Gesicht, eine ziemlich coole Frisur. Von seinem Körperbau konnte ich nicht viel erkennen, weil er ebenso wie wir eine dicke Winterjacke trug, aber ich würde mein geliebtes Auto darauf verwetten, dass er unter seinen ganzen Schichten von Klamotten durchtrainiert war.

Sein Selbstbewusstsein tropfte ja schon förmlich auf Mamas selbst gewebten Teppichvorleger in unserem Flur.

Er war mir sofort auf Anhieb unsympathisch, ohne dass er bisher den Mund geöffnet hatte.

Was er jetzt zu meinem Verdruss aber nachholte.

„Hallo, ja genau, der bin ich", sagte er genauso selbstbewusst, wie er aussah und sich mit verschränkten Armen an den Türstock der Küchentür lehnte, die Hände in den Jackentaschen vergraben. Seine Stimme war ein wenig rau – worauf ich blöderweise bei Jungs echt abfuhr.

Ugh, na super. Hoffentlich war er so ein Stoffel, der kaum den Mund aufmachte. Bitte, lieber Gott, bittebittebitte! Denn auf gar keinen Fall wollte ich, dass ich viel mit diesem arroganten Mistkerl zu tun haben oder reden musste.

Ich bekam meine Beine endlich wieder in Bewegung und schob in Windeseile meine nassen Schuhe von den Füßen. Schnell drückte ich mich wortlos an ihm vorbei und zog am Griff des Korbs, sodass meine Mutter hinter mir her ins Wohnzimmer stolperte.

„Was macht der hier?!", zischte ich, sobald wir außer Hörweite waren.

„Das ist der Sohn von Familie Berg", erklärte sie mir, während wir den Korb zwischen dem kleinen Kamin und der durchgesessenen Couch an seinem gewöhnlichen Platz abstellten.

Ich richtete mich auf und klopfte mir die Hände an der Hose ab.

Aha.

Die Bergs waren erst vor zwei Monaten neben uns in die andere Doppelhaushälfte eingezogen. Vorher hatte dort mein Onkel Ferdinand mit seiner Familie gewohnt, bis Mama und er sich so sehr gestritten hatten, dass sie ernsthaft von einen auf den nächsten Tag ausgezogen waren und jetzt am anderen Ende von München wohnten.

Ich verstand bis heute nicht, wie erwachsene Menschen sich so benehmen konnten, und nahm es den beiden immer noch ziemlich übel. Besonders meiner Mutter, die zu einhundert Prozent der Auslöser für diesen krassen Streit gewesen war.
Meine Cousine Chrissy und ich waren wie Schwestern aufgewachsen, und jetzt hatten unsere Eltern uns einfach auseinander gerissen. Wir hatten sogar eine Tür im Keller gehabt, die unsere beiden Haushälften miteinander verband. Durch diese hatten wir uns immer heimliche Besuche abgestattet, wenn alle schon schliefen. So manche Nacht hatten wir einen Serienmarathon zusammen abgehalten, über Jungs geredet oder einfach nur nebeneinander gelegen und waren dann eingeschlafen. Tja, und nun war meine engste Vertraute und beste Freundin jedenfalls fort. Ich meine, da wuchs ich schon ohne Vater auf und mit einem kleinen Bruder als Nervensäge und einer Mutter, die herzlich wenig Wert auf die Erziehung ihrer Kinder legte und lieber sonst wo unterwegs war als zu Hause bei uns. Klar fand ich die Freiheiten, die sie uns so gezwungenermaßen gab, schon ganz cool, doch sie fehlte mir als Mutter und Stütze in meinem Leben dennoch oft. Allein die Tatsache, dass sie nie sonderlich viel auf meine musische Begabung gegeben hatte, würde für immer diesen bitteren Geschmack in meinem Mund hinterlassen. Nur durch Onkel Ferdinands Unterstützung und Zureden hatte ich die Möglichkeit bekommen, auf das Gymnasium mit Schwerpunkt Musik in München zu gehen. Dafür musste ich zwar einen längeren Schulweg von unserem Heimatörtchen auf mich nehmen, doch nichts tat ich lieber, denn ich war der glücklichste Mensch der Welt. Nichts war wichtiger als meine Geige und meinen Traumberuf als Vollzeitmusikerin. Naja, und Chrissy eben. Die nun ja aber leider fort war.

Und dann nahm meine Mutter mir auch noch einfach so mir nichts dir nichts meine Ersatzfamilie weg.

Klar, wenn es sonst nichts war.

Mama wusste, dass ich ihr das noch länger nachtragen würde. Sie hatte sich wie ein Schneekönig gefreut, als Familie Berg eingezogen war. Als würde das meine Enttäuschung und meinen Ärger irgendwie mildern, wenn nun wieder jemand dort wohnen würde. Wenn ich ehrlich war, hatte ich es auch gut gefunden, neue Nachbarn zu bekommen, dann stand die Doppelhaushälfte neben uns nicht mehr so anklagend leer, und vielleicht war es ja eine nette Familie? Tja, bis vor kurzem hatte ich auf diese Frage mit Ja geantwortet, nur hatte es damals noch keine Anzeichen von einem super selbstbewussten, gut aussehenden, unsympathischen Sohn gegeben. Stattdessen gehörte nur eine zwölfjährige pubertierende, Ballett tanzende Tochter zu den Bergs, die ich bisher immer nur mit hoch erhobenem Haupte von der Garage bis zur Haustür hatte laufen sehen. Wie kam dieser Dario jetzt plötzlich hierher, war der vom Himmel gefallen oder was?!

„Er ist seit gestern Abend hier. Ich habe Frau Berg angeboten, dass du ihn mit zur Schule nimmst und ihn dort im Sekretariat absetzt", erklärte sie mir sanft lächelnd.

Ach so, gut, dass man mich auch fragte, ob das in Ordnung war!

Wenn ich nicht so viel Geduld mit meiner Mutter hätte, hätte ich ihr dieses Lächeln schon längst aus dem Gesicht gewischt. Es war schon ein wenig komisch, sie lächelte nämlich immer. IMMER. Manchmal hatte ich schon das Gefühl, sie würde irgendwas einschmeißen, aber bisher konnte ich nirgends irgendwelche Pillen oder andere Substanzen finden. Und glaubt mir, ich habe gründlich gesucht.

„Stopp", unterbrach ich sie und hielt eine Hand hoch, „er ist seit gestern Abend hier? Wo war er denn vorher die ganze Zeit?"

„Auf einem Internat", kam die Antwort von der Wohnzimmertür. Unsere Köpfe drehten sich gleichzeitig in die Richtung, aus der die Stimme kam.

Ach so, und Belauschen stand jetzt auch noch auf dem Tagesplan, ja? Na, dieses Kerlchen wuchs mir ja immer mehr ans Herz.

Dario lehnte lässig im Türrahmen genau wie zuvor bei der Küchentür und hatte einen Mundwinkel ein wenig nach oben gezogen. Ein Andeuten eines ziemlich arroganten Grinsens. Ich musste aufpassen, dass mir mein nichtvorhandenes Frühstück nicht hochkam. Ich musste ihn so schnell wie möglich loswerden, er war nicht gut für meine Laune und auch nicht für meine Nerven.


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Holaaa! :D Mit reichlich Verspätung – *hust, zwei Jahre, hust* – kommt die 2. Leseprobe! Ich hoffe, euch gefällt es! :) Das Buch ist überall verfügbar, wo man eben Bücher erwerben kann! :D Sichert euch ein Exemplar und genießt die Adventszeit des turbulentesten Jahres ever ;)

Fühlt euch gedrückt, meine Lieben, und schickt mir gerne per Instagram – @ninalealie – Bilder, wenn das Buch bei euch ankommt!

Nina x

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